Die vierte Schlinge: Thriller (German Edition)
siehst müde aus.«
»Die letzten Tage waren lang und anstrengend.«
»Setz dich und entspann dich. Ich hole dir einen Schluck Wein.«
»Kann ich auch welchen haben?« Star schenkte ihm ein leicht freches Lächeln.
»Nein«, sagte Frank.
Star lachte.
Diane kickte ihre Schuhe weg und machte es sich auf dem Polstersofa gemütlich. Star lag quer über einem Sessel.
»Du kannst ruhig öfter kommen«, sagte Star. »Du und Onkel Frank, ihr braucht nicht immer zu warten, bis ich aus dem Haus bin, um euch zu treffen.«
»Wir treffen uns doch jetzt.«
»Du weißt, was ich meine.«
»Wir kommen schon zurecht.«
»Ihr beide seid so altmodisch.«
»Tatsächlich?«
»Ich bin fast erwachsen, vergiss das nicht.«
»Die Betonung liegt auf fast.«
Frank brachte Diane ein Glas Rotwein. »Heute essen wir chinesisch. Wie klingt das?«
»Großartig. Ich möchte mich einfach nur ein bisschen entspannen. Wie war dein Tag?«
»Durchwachsen. Wir bearbeiten gerade einige Identitätsdiebstähle, und deren Aufdeckung ist immer ein mühseliges Geschäft. Unglücklicherweise fassen wir die Täter oft überhaupt nicht. Wollen wir essen?«
Wie Diane vermutet hatte, bog sich der Esszimmertisch unter solchen Essensmengen, dass man damit die ganze Nachbarschaft hätte ernähren können. Das war bei ihm direkt zwanghaft. Er kaufte immer weit mehr ein, als er und seine Gäste jemals aufessen konnten. Sein Argument war, dass an seinem Tisch jeder die Möglichkeit haben sollte, zwischen verschiedenen Gerichten auszuwählen. Diane nahm sich etwas gebratenen Reis, mongolisches Hühnchen und gedämpftes Gemüse.
»Möchtest du Stäbchen?«, fragte Star.
»Lieber eine Gabel«, sagte Diane. »Wie geht’s in der Schule?«
»Langweilig. Erzähl mir von der Mumie.«
Diane erzählte ihr alles, was sie bisher über die Mumie herausgefunden hatten. Sie erwähnte auch ausdrücklich das viktorianische Gurkenglas. Star fiel vor Lachen fast vom Stuhl.
»Ich habe vorhin mit Star darüber gesprochen, ob sie nicht aufs College gehen möchte«, wechselte Frank das Thema.
»Ich möchte wirklich nicht. Ich meine, ich muss dann einen Haufen blöder Seminare absolvieren und werde mich vier Jahre lang zu Tode langweilen.«
»Du könntest etwas studieren, was dir gefällt.«
»Ich gehe gerne ins Kino und höre gerne Musik. Haben Sie dafür auch Seminare?«
»Man kann tatsächlich Musikkurse belegen, und sie bieten, soviel ich weiß, auch ein oder zwei Seminare über Film und Filmgeschichte an.«
»Muss man nicht auch Englisch- und Mathematikkurse machen?«
»Schon. Aber vielleicht machen die mehr Spaß, als du denkst.«
Star starrte Diane an, als wüchsen dieser kleine Hörner auf der Stirn. »Du machst Witze, oder?«
»Nein. Überleg doch mal, was du mit dem Gelernten alles anfangen kannst.«
»Wozu brauche ich denn Mathe?«
»Ich brauche sie jeden Tag, wenn ich meine Skelette untersuche, koche, den Museumshaushalt plane, neue Mitarbeiter einstelle und mein Bankkonto verwalte. Für die meisten Jobs braucht man Mathematikkenntnisse.«
»Nicht für alle – eigentlich für fast gar keine.«
Frank aß sein chinesisches Essen und hörte Dianes und Stars Unterhaltung zu.
Diane nahm an, dass er und Star diese Diskussion schon Dutzende Male geführt hatten.
»Warum probierst du das College nicht einfach ein Jahr lang aus?«, sagte Diane schließlich.
Star machte ein Gesicht, als hätte sie auf etwas Verdorbenes gebissen.
»Ich mache dir einen Vorschlag. Du machst es ein Jahr lang, und wenn du dann eine Durchschnittsnote von Zwei minus hast, fahre ich mit dir, Franks Erlaubnis vorausgesetzt, nach Paris, und du darfst dich dort ganz neu einkleiden.«
Star schaute sie groß an. »Machst du Witze? Willst du mich aufziehen?«
»Nein. Ich meine, was ich sage.«
»Ich darf mir die Kleider selbst aussuchen?«
»Ja. Ich werde hinterher wohl am Bettelstab gehen müssen, aber ja, wir werden schon etwas Schönes für dich finden.«
»Oh, ich glaube es nicht. Was sagst du dazu, Onkel Frank?«
Franks Augen waren ähnlich groß und rund geworden wie die seiner Pflegetochter, als er Dianes Angebot hörte. »Glaubst du denn, dass du die Bedingungen erfüllen kannst?«
»Jemand muss mir in Mathe helfen.«
»Dann hast du ja Glück«, sagte Frank. »Ich bin ziemlich gut in Mathematik.«
»Und im Museum bekommst du Hilfe in einer Menge anderer Fächer. Denk darüber nach.«
»Wow. Nur ein Jahr?«
»Nur ein Jahr.«
»Wow.« Sie stand auf. »Ich muss mal
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