Die vierte Schlinge: Thriller (German Edition)
Vereins ist ein Freund des Mannes, der das gesamte Areal dort verwaltet. Wir werden ihn also mitnehmen müssen.«
»Das geht in Ordnung. Wissen Sie, ob sie bereits kartiert ist?«
»Einige Gänge, aber ich habe die Karten noch nie gesehen. Wollen Sie sie etwa kartieren?«
»Wenn es eine interessante Höhle ist, die bisher von niemandem kartiert wurde, ja. Das würde mir Spaß machen.«
»In ein paar Tagen weiß ich Näheres.« Mike stand auf und verließ den Raum.
Diane blätterte die Schriftstücke durch, die Andie ihr auf den Tisch gelegt hatte. Nichts, was nicht warten konnte. Sie musste unbedingt zu den Autopsien zurückkehren.
8
D er Laborassistent legte gerade einen weiteren Körper auf den Untersuchungstisch, als Diane mit Laborkittel, Gesichtsmaske und Handschuhen, das Haar unter einer Plastikkappe, erneut den Obduktionssicherheitsraum betrat. Es herrschte jetzt eine angenehme Kühle, und der Geruch war erträglich, so wie es sein sollte.
Dieses Opfer hieß »Grün«, nach der Farbe der Schnur, mit der Diane die Enden des abgeschnittenen Henkerseils gekennzeichnet hatte. Grün hatte fünf Meter von Blau entfernt gehangen.
Lynn und Raymond unterhielten sich angeregt über die Baseballmannschaft Atlanta Braves, als sie die Kleidungsstücke aufschnitten. Der einzige Teil der Unterhaltung, den Diane verstand, war Raymonds »Nönö! Auf keinen Fall!«
Lynn schaute auf und nickte, als sich Diane dem Obduktionstisch näherte.
»Der da ist etwa genauso alt wie Blau«, sagte sie. »Ich würde sagen, Anfang zwanzig, vielleicht sogar noch ein Teenager.«
»Viel zu jung zum Sterben«, meinte Raymond.
»Wir haben einige Insektenproben für Sie, die wir bei Blau gefunden haben.« Lynn deutete auf das Regal, auf dem verschiedene Gefäße standen. »Wir haben lebende Larven, aber auch tote Larvenhülsen gefunden. Raymond mag so etwas, nicht wahr, Raymond?«
»Werden Sie diese Insekten fertig ausbrüten?«, fragte Raymond.
»Das ist der einzige Weg, wie ein Entomologe über die Art der Larve und deren Lebenszyklus Gewissheit erlangen kann. Das hilft dann bei der Feststellung des Todeszeitpunkts.«
»Sie hingen noch nicht so lange da. Ich würde sagen, ein paar Wochen, nach dem Verwesungszustand zu schließen«, sagte Lynn.
»Sie hatten keine Verbindung zum Erdboden«, sagte Diane.
»Das sollte keinen allzu großen Unterschied machen«, meinte Lynn.
Zum ersten Mal hatte Diane Grund, an Lynns Kompetenz zu zweifeln. Trotzdem sagte sie nichts. Sie erinnerte sich daran, dass Lynn am Tatort eine gewisse Empfindlichkeit gezeigt hatte, wenn man ihr widersprach oder die Schau stahl.
Fairerweise musste Diane aber zugeben, dass man eine Menge Erfahrung mit aufgehängten Opfern haben musste, um zu wissen, dass dies in der Tat einen großen Unterschied bedeuten konnte. Die Verwesungsgeschwindigkeit hatte viel mit der jeweiligen Umwelt zu tun. Körper verwesen in Alaska anders als in Hawaii, der Sahara oder am Panamakanal. Und sie verwesen anders, wenn sie im Freien liegen, dort hängen, sich in einem geschlossenen Raum befinden, flach, tief oder in einer Kalksteinumgebung begraben wurden. Es macht auch einen Unterschied, ob sie offene Wunden, wie hier die abgeschnittenen Fingerspitzen, aufweisen.
Entscheidend war, wie leicht es den die Verwesung fördernden Insekten und Mikroben gemacht wurde, ins Körpergewebe zu gelangen. Daneben spielte auch das Vorhandensein von Chemikalien oder anderen Elementen eine Rolle, die die Tätigkeit und Entwicklung der Mikroben und Insekten beeinflussen, indem sie den Körper entwässern oder dessen Verfall verlangsamen.
Es gab hier so viele Sonderfälle und Kombinationen, dass man kaum zu endgültigen Erkenntnissen gelangen konnte, wenn man nicht über große Erfahrung auf diesem Gebiet verfügte. Hätte man diese Körper später entdeckt und wäre »Rot«, der Leichnam, dessen Fallen Diane beobachtet hatte, dann länger auf dem Boden gelegen, hätte dies den Insektenbefall erleichtert, und es hätte so ausgesehen, als ob er viel früher als die anderen gestorben wäre, obwohl der Todeszeitpunkt tatsächlich der gleiche gewesen war.
Diane überlegte sich, ob sie Lynn diese Unterschiede erklären sollte. Aber das hätte wie eine Vorlesung geklungen, und es hätte Lynn mit Sicherheit verletzt, nicht zuletzt weil sie ihr Gesicht vor Raymond verloren hätte. Sie würde einfach die Informationen, die David aus den fertig gezüchteten Insekten gewinnen würde, zu einer genaueren
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