Die vierte Schlinge: Thriller (German Edition)
Schublade entsprach ebenfalls ihrem Farbcode – eine Knickstelle, die innen eine Abscheuerung aufwies, die dadurch entstanden war, dass sie an etwas gerieben hatte, um das sie herumgeschlungen worden war.
»Also, was ist es nun?«, fragte David.
»Ein Fuhrmannsknoten. Er ist nicht sehr gebräuchlich, aber als ich mir die Abnutzungen des Seils wieder und wieder durch den Kopf gehen ließ, fiel mir plötzlich dieser Stich ein. Es ist ein Knoten, mit dem man eine Ladung auf einem Wagen festbindet. Eigentlich ist es ein richtig cooler Knoten. Unter Spannung ist er sehr fest. Wenn aber die Spannung nachlässt, kann er sehr leicht gelöst werden. Er muss allerdings ganz korrekt geknüpft werden, wenn er richtig funktionieren soll. Wenn er wiederholt an derselben Stelle geknüpft wird, wird das Seil mit der Zeit ziemlich abgenutzt, da es bei jeder Bewegung an sich selber reibt.«
»Ich bin beeindruckt. Ich habe wirklich nicht gedacht, dass du aus diesem bisschen Seil den früheren Knoten rekonstruieren könntest. Aber ohne Wasser in den Wein gießen zu wollen, bringt uns das jetzt irgendwie weiter?«
»Der Knoten wurde früher von Fuhrleuten benutzt. Einige Lastwagenfahrer verwenden ihn noch heute.«
»Okay, das bringt uns wirklich weiter.«
»Das heißt nun aber nicht, dass er Lastwagenfahrer ist. Aber dieses Seil hat er sehr oft benutzt. Deshalb ist es auch in einem solch schlechten Zustand. Dieselbe Art Seil wurde bei den Erhängungen verwendet, und dieses Seil hier wurde direkt am Tatort gefunden. Das gibt nun schon zu denken.«
»Lastwagenfahrer kommen ganz schön herum – der perfekte Beruf für jemanden, der verhehlen möchte, was er in seiner Freizeit so tut. Sheriff Braden wird das hier mögen.«
»Könntest du mir ein Foto davon machen? Ich werde jetzt der Polizei von Rosewood einen Besuch abstatten.«
23
D ie Polizeibehörde der Stadt Rosewood war in einem moderneren Gebäude untergebracht als das aus rotem Backstein erbaute Gerichtsgebäude aus dem Jahr 1900 zu seiner Linken oder der Rosengranitbau des gegenüberliegenden Postamts aus den sechziger Jahren. Als Diane eintrat, begegnete sie nur unfreundlichen Blicken.
Selbst Franks Freund Izzy Wallace schaute betreten drein, als er sie erblickte. Er schien sie immer noch nicht zu mögen. Dabei hatte er gar keinen Grund mehr dazu. Früher konnte er sich wenigstens auf die Unwahrheiten berufen, die man ihm über sie erzählt hatte. Jetzt schien er sich einfach daran gewöhnt zu haben. Er wandte sich von dem Polizisten ab, mit dem er gerade geredet hatte, und zwang sich zu einem mehr oder weniger gelungenen Lächeln.
»Na, da schau her, Diane. Was führt Sie denn her? Wie geht es dem guten Frank?«
»Er ist gerade aus San Francisco zurückgekommen. Der Typ, den er erwischt hatte, wurde verurteilt, also ist er zufrieden. Und wie geht es Ihnen?«
»Prima, wirklich prima. Ich habe gehört, dass Sie da drüben im Museum jetzt ein großartiges Kriminallabor haben.«
Er grinste, und Diane glaubte gesehen zu haben, wie einige der herumstehenden Polizisten sich ansahen und kicherten. Sie wussten wahrscheinlich, dass man sie quasi gezwungen hatte, dieses Labor in ihrem Museum zu beherbergen. Diane setzte ihr schönstes Lächeln auf.
»Wir sind auch sehr stolz darauf. Schön, Sie mal wieder gesehen zu haben, Izzy.« Sie wandte sich an den diensthabenden Sergeant. »Ich bin hier, um mit Chief Garnett zu sprechen.«
Sie zeigte ihm ihren Dienstausweis, und er nickte und deutete Richtung Treppe.
Das Morddezernat nahm den gesamten ersten Stock des Gebäudes ein. Sie ging am Empfang vorbei und betrat das Haupteinsatzbüro. Es war ein großer Raum, in dem jeder Ermittler seinen Schreibtisch stehen hatte. Eine Wand war fast ganz bedeckt von einer riesigen Weißwandtafel, an die man Fotografien anheften oder Interaktionsmuster oder Pläne der jeweiligen Tatorte anbringen konnte.
Im Moment hingen an dieser Tafel Fotos der drei Gehängten, Aufnahmen der Tatorte, an denen Chris Edwards und Raymond Waller umgebracht worden waren, eine Liste mit den Ähnlichkeiten zwischen den einzelnen Verbrechen, ein Foto von Steven Mayberrys Fahrzeug und eine Karte, auf der die Lage der einzelnen Tatorte eingetragen war. Das Ganze ähnelte der entsprechenden Schautafel in ihrem eigenen Labor.
Als Diane an verschiedenen Ermittlern und anderen Beamten vorbeiging, grüßten sie manche freundlich und lächelten sie an, während andere Gesichter sich verdüsterten, als sie sie sahen. Sie
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