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Die vierte Zeugin

Die vierte Zeugin

Titel: Die vierte Zeugin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja u.a. Kinkel , Oliver Pötzsch , Martina André , Peter Prange , Titus Müller , Heike Koschyk , Lena Falkenhagen , Alf Leue , Caren Benedikt , Ulf Schiewe , Marlene Klaus , Katrin Burseg
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und auf Mathis von Homburg, der keinerlei Einwände zu haben schien.
    Mit den Augen eines Falken, der auf unvorsichtige Kaninchen lauert, fixierte er Agnes, die trotz der Wärme des gut geheizten Gerichtssaals und ihres schützenden Mantels zu zittern begonnen hatte.
    »Wie immer hat die Beklagte das letzte Wort, bevor das Hohe Gericht sich zur abschließenden Urteilsfindung zurückzieht. Deshalb rufe ich Frau Agnes Imhoff, geborene Lutzenkirchen, als vierte und letzte Zeugin dieses Prozesses in den Zeugenstand.«
    Mit weichen Knien stakste Agnes über die Fliesen des Gerichtssaals und trat vor den Richtertisch und die Schöffen. Beharrlich versuchte sie dabei, über die lauernde Meute im Saal hinwegzuschauen. Beiläufig fing sie den aufmunternden Blick Adolf von Schaumburgs auf, der sich seit Gerlins Aussage merklich zurückgezogen hatte.
    »Das Gericht hat inzwischen versucht, den Seemann Clewin vorzuladen, konnte ihn jedoch nicht ausfindig machen. Es bleibt daher nach wie vor offen, warum Ihr ihm Geld gegeben habt. Frau Agnes Imhoff, wollt Ihr uns dies bitte erklären?«
    Agnes’ Stimme bebte, als sie zu sprechen begann. »Ich hatte gehört, dass er von den dunklen Geschäften meines Mannes wusste, und wollte die Wahrheit in Erfahrung bringen. Er hat mir erzählt, dass er im Auftrag meines Mannes Richard Charmans Ware gegen minderwertige ausgetauscht hat, und damit den Schwindel bestätigt.«
    Der Richter sah sie prüfend an. »Und was hat dieses Wissen um den Betrug Eures Gatten bei Euch ausgelöst?«
    Agnes stockte. Sie konnte unmöglich sagen, was genau im
Schwarzen Hahn
geschehen war. »Ich bin zu Richard Charman gegangen und habe ihm angeboten, in der Sache zwischen ihm und meinem Mann zu vermitteln. Als Entschädigung habe ich ihm die Hälfte meines Vermögens angeboten, um ihm den verlorenen Handel wiedergutzumachen. Aber dann hatte ich Zweifel, als mein Mann unter mysteriösen Umständen verstarb.«
    »Welche Zweifel?« Der Richter hob erstaunt eine Braue.
    »Dass Richard Charman etwas mit der Sache zu tun haben könnte!«, gestand Agnes aufgebracht. »Warum sonst ist er heute nicht anwesend, obwohl es doch um sein Vermögen geht?«
    Ein Raunen ging durch den Saal.
    »Einspruch«, rief Helmbert Bellendorf und erhob sich mit rotem Gesicht. »Dass mein Mandant heute nicht anwesend sein kann, hat mit dringenden Angelegenheiten der englischen Krone zu tun und ist für diesen Prozess nicht von Belang. Das gibt Euch noch lange nicht das Recht, den ehrenwerten Richard Charman für den Tod Eures Gatten verantwortlich zu machen!«
    Nun sah Mathis von Homburg sich in der Pflicht. »Natürlich nicht!«, stimmte er zu und schüttelte den Kopf. »Meine Mandantin hat durch den plötzlichen Tod ihres Gatten lediglich den Glauben an die Redlichkeit verloren.«
    »Ist es nicht vielmehr so«, konterte Bellendorf, »dass Eure Mandantin von ihrer eigenen Schuld ablenken möchte? Vielleicht war
sie
es, die den Gatten hat umbringen lassen?«
    Nun erhob der Richter warnend die Hand. »Hier geht es nicht um die Wahrheitsfindung in einem vermeintlichen Mordfall, sondern immer noch um die Klärung von Eigentumsverhältnissen.« Mit einem zermürbten Blick wandte er sich erneut an Agnes. »Eure Cousine Gerlin hat ausgesagt, dass Ihr ein Verhältnis mit Charman hattet. Ist das wahr?«
    Agnes spürte, wie sie errötete. »Das ist dummes Gerede«, log sie mit bebender Stimme. »Zu keinem Zeitpunkt ging es mir um etwas anderes, als dem Mann zu seinem Recht zu verhelfen und so meine Ehre zurückzuerlangen.«
    Im Gerichtssaal wurde es plötzlich laut. »Lügnerin« und »Betrügerin« war noch das Geringste, was Agnes sich an den Kopf werfen lassen musste. Gerne hätte sie zu ihrer Verteidigung noch etwas gesagt, doch ihr fehlten die Worte.
    »Eure Schuldgefühle in allen Ehren«, returnierte der Richter. »Was spricht dagegen, Charman nun das zu geben, was Ihr zu geben bereit wart, bevor Euer Gatte das Zeitliche segnete?«
    »Dagegen spricht, dass ich dann nichts mehr besitze, was meinen Lebensunterhalt sichert, und ich mit meiner Tochter zum Betteln verurteilt bin.« Krampfhaft versuchte Agnes die Tränen zu unterdrücken.
    »Das Gericht hat keine weiteren Fragen«, sagte Hieronymus Hauser kalt. »Die Zeugin ist aus dem Zeugenstand entlassen.« Wieder schlug er mit seinem Hammer auf das Pult, woraufhin sofort Ruhe einkehrte. »Das Gericht zieht sich zur Beratung zurück!«

    Schweigend nahm Agnes wenig später das Urteil entgegen, in

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