Die Virus-Waffe
Schulter an und vollendete
den Y-förmigen Schnitt.
Das Skalpell war durch die Haut und die subkutanen
Fettschichten gedrungen, aber es hatte die Rippen nicht ge-
troffen. Hardin beugte sich vor und vertiefte die Einschnit-
te unter der Haut, bis er die drei Haut- und Fleischschich-
ten zurückziehen und den Brustkorb freilegen konnte.
Evans schoss wieder Fotos, dann nahm Hardin eine
Handsäge und durchtrennte die Rippen auf beiden Seiten
des Brustkorbs, bis er die Brustplatte und den zentralen
Teil des Rippenkorbs herausheben konnte. Jetzt lag der
Inhalt der Bauchhöhle frei vor ihm. Er reichte Evans die
Brustplatte, der sie auf einer Gummimatte auf den Boden
legte, die Hardin zu diesem Zweck ausgebreitet hatte.
Nachdem Evans fotografiert hatte, diktierte Hardin seinen
Bericht weiter.
»Der erste Schnitt ist durchgeführt, die Brustwände sind
freigelegt, die Rippen durchtrennt und die Brustplatte ab-
gehoben.«
Erst jetzt beugten sich Evans und er vor und blickten
vorsichtig in den offenen, rot klaffenden Schlund vor ih-
nen.
»Mein Gott, Tyler«, knurrte Evans. »Was zum Teufel ist
das?«
363
Réthymnon, Kreta
Murphy schloss die Tür seines Hotelzimmers hinter sich
ab und stellte als zusätzliche Vorsichtsmaßnahme noch ei-
nen Stuhl unter den Griff. Dann öffnete er die beiden Pa-
kete. Er hatte bei Nicholson ein Gewehr und eine Hand-
feuerwaffe bestellt und ihm vorgeschlagen, keine amerika-
nischen Produkte zu verwenden, falls er gezwungen war,
sie am Tatort zurückzulassen. Murphy hatte das größere
Paket kaum geöffnet, als er sah, dass Nicholson seinen
Wunsch erfüllt hatte.
Der Karton enthielt ein russisches Synayperskaya Vin-
tovka Dragunova -Präzisionsgewehr Kaliber 7.62 mm zu-
sammen mit einem Stativ. Äußerlich ähnelte die Waffe der
allgegenwärtigen Kalaschnikov , aber die Dragunov hatte einen erheblich verlängerten Lauf, der ihr eine Gesamtlän-ge von über einem Meter zwanzig verlieh. Ihr zehnschüs-
siges Magazin wies ein Drittel der Größe des Kalaschni-
kov-Magazins auf, und sie hatte einen ungewöhnlich ge-
schnittenen Schaft mit einem Pistolengriff. Normalerweise
war dieses Gewehr entweder mit dem PSO-1-Zielfernrohr
oder dem NSPU-3-Nachtsichtfernrohr ausgestattet, das
einen Bildverstärker besitzt. Doch unter dem Lauf von
Murphys Waffe war ein Laservisier einer ihm unbekann-
ten Marke montiert, und sie war mit einem Bushnell-
Zielfernrohr ausgestattet. Gegürtet und gespornt, dachte
Murphy.
Er wog das Gewehr in der Hand. Es fühlte sich solide
und vertraut an, was nicht verwunderlich war. Immerhin
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hatte er solch ein Modell in der Vergangenheit bereits
zweimal benutzt. Er schaltete das Laservisier ein, über-
zeugte sich, dass er unbeobachtet war, und zielte durch das
Fenster auf das gegenüberliegende Gebäude. Präzise im
Fadenkreuz des Zielfernrohres leuchtete der winzige rote
Punkt des Lasers an der gegenüberliegenden Wand. Wer
auch immer dieses Gewehr ausgerichtet hatte, verstand
sein Handwerk.
Murphy legte die Dragunov in den Karton zurück, in
dem sie geliefert worden war. Er musste die Waffe schließ-
lich noch in sein Auto bringen, und konnte schlecht mit
einem ein Meter zwanzig langen Präzisionsgewehr durch
die Lobby spazieren.
In dem zweiten Paket befand sich ein Ersatzmagazin,
zwanzig Schuss 7.62-mm-Munition für die Dragunov, eine
Schachtel mit fünfzig Parabellum-Patronen 9 mm und ei-
ne Pistole, die Murphy zunächst nicht erkannte. Auf den
ersten Blick sah sie wie eine Ruger P85 aus, aber der
Hammer war vollkommen anders. Murphy brauchte eine
Weile, bis er wusste, was er da vor sich hatte. Es war eine
sehr ungewöhnliche Wahl. Eine Daewoo DP51, die seit
1993 in Südkorea hergestellt wurde. Eine gute, verlässliche
Waffe.
Murphy ließ das Magazin herausgleiten, lud es mit drei-
zehn Patronen aus der Schachtel und tat das Gleiche mit
dem Ersatzmagazin. Den mitgelieferten Schalldämpfer ließ
er in seine Jackentasche gleiten.
Nachdem er seine Pistole geladen hatte, lächelte Mur-
phy. Es würde sehr schwer werden, die anstehenden Mor-
de an den drei CIA-Agenten einer Nation in die Schuhe zu
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schieben, wenn ein russisches Präzisionsgewehr und eine
koreanische Pistole benutzt wurden. Amerika würde man
sicherlich zuletzt dafür verantwortlich machen.
HMS Invincible, Kretisches Meer
Obwohl Richter sich Inspektor Lavat gegenüber zuver-
sichtlich gezeigt hatte, unterschätzte er die
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