Die Virus-Waffe
und histologi-
schen Analyse unterzogen wurden. Der Rest bestand vor
allem aus Staub, Fusseln und Bodenproben, die aus dem
Haus des Toten oder aus unmittelbarer Nähe des Grund-
stücks stammten. Dazu Abstriche und Kratzproben von
Wänden, Türen und Möbeln im Wohn- und Schlafzim-
mer. Sogar die Whiskyflasche und das Glas, aus dem Spi-
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ros vermutlich getrunken hatte, bevor er ins Bett gegangen
war, waren dabei. Man untersuchte das Glas und die Fla-
sche auf Fingerabdrücke und analysierte die Reste darin.
Den Staub und die anderen Proben musste das Labor je-
doch unter das Elektronenmikroskop legen.
Sie fingen mit den Kratzproben von Wänden und Tü-
ren und den meisten Möbeln an, fanden jedoch nichts. Die
Fusseln brachten genauso wenig wie die Erdproben, we-
nigstens wenn man sie durch ein konventionelles Licht-
mikroskop betrachtete. Aber als eine Technikerin die Pro-
ben von dem alten Eichentisch aus Aristides’ Wohnzim-
mer mit dem Elektronenmikroskop betrachtete, fand sie
etwas, das sie noch nie gesehen hatte.
Bevor sie ihren Vorgesetzten rief, wendete sie eine
Technik an, die sie vorher mit einigem Erfolg bei anderen
Proben versucht hatte. Sie bereitete eine weitere Probe für
eine Untersuchung unter dem Elektronenmikroskop vor.
Als sie diese zweite Probe aufmerksam betrachtete, war sie
schlicht verblüfft.
Central Intelligence Agency,
Hauptquartier,Langley, Virginia
Westwood marschierte in seinem Büro hin und her und
wartete auf eine Eingebung. Die Situation besaß eine zwin-
gende Logik, da war er mittlerweile mit Walter Hicks einer
Meinung. Erstens waren die beiden Männer am selben Tag
in derselben Gegend ermordet worden, und es gab nur drei
verbindende Faktoren. Augenzeugen und die gerichtsme-
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dizinischen Befunde sprachen dafür, dass beide Opfer ihren
Mörder gekannt hatten. Zweitens war es wahrscheinlich,
dass derselbe Täter auch das dritte Opfer getötet hatte. Das wurde auch von Delaneys gerichtsmedizinischen Gutach-tern bestätigt. Drittens war das Einzige, was die beiden
männlichen Opfer verband, ihre Dienstzeit bei der CIA.
Aber bisher hatte Westwood trotz einer gründlichen
Suche in den Fallakten nichts gefunden, was ein Motiv für
diese drei Morde lieferte. Vor allem weil die Männer schon
so lange aus dem aktiven Dienst ausgeschieden waren.
Aber die Morde waren geschehen, also musste es ein Mo-
tiv geben, auf das Westwood bisher einfach nur noch nicht
gestoßen war.
Konnte man die Beweise vielleicht unter einem anderen
Blickwinkel betrachten? Sie vielleicht unter einer etwas
abwegigeren Perspektive analysieren? Allmählich wurde
die Zeit knapp. Bisher hatte Walter Hicks Westwood noch
nicht unter Druck gesetzt, aber er würde sicher bald Er-
gebnisse sehen wollen.
»Zeit«, murmelte Westwood, während er den Teppich
in seinem Büro platt trat und überlegte, ob eine weitere
Tasse Kaffee sein Hirn vielleicht auf Touren brachte. Zeit.
Er blieb wie angewurzelt stehen. Zeit? Das war ein anderer Gesichtspunkt. Eine Zeittabelle, welche die Karrieren
beider Männer nebeneinander auflistete. Die Tasse Kaffee
war vergessen, als Westwood sich wieder an seinen Schreib-
tisch setzte.
Er nahm ein leeres Blatt Papier und schrieb in Groß-
buchstaben die Namen RICHARDS und HAWKINS da-
rüber. Dann zog er die Personalakten der beiden verstor-
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benen Agenten heran und notierte auf der linken Seite un-
ter Richards’ Namen Monat und Jahr, in dem er zur CIA
gekommen war. August 1958.
Westwood hielt inne und betrachtete das Datum. Das
war fast ein halbes Jahrhundert her. Welche relevanten In-
formationen konnte man in einer so langen Geschichte
noch finden? Er schüttelte den Kopf, überflog James Ri-
chards’ Unterlagen und notierte den Anfang und das Ende
jedes Kurses, jeder Versetzung und jedes Einsatzes, an dem
er beteiligt gewesen war. Als er fertig war, wiederholte er
dasselbe bei Agent Charles Hawkins.
Gerichtsmedizinisches Labor St. Spiridon,
Heraklion, Kreta
»Was ist das denn?« Der Laborleiter schaute über die
Schulter der Technikerin auf den Bildschirm. Man kann
nicht durch ein Elektronenmikroskop hindurchsehen. Die
untersuchten Proben liegen in einer Vakuumkammer, und
das Bild wird auf einen angeschlossenen Bildschirm neben
dem Apparat übertragen.
Das SEM liefert eine bis zu zweihunderttausendfache
Vergrößerung. Die Probe muss sehr vorsichtig präpariert
werden, damit sie dem Vakuum innerhalb
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