Die Virus-Waffe
leicht durch das
Wachs und näherte sich immer weiter dem Rand des Be-
hälters. Schließlich hörte Aristides auf, legte das Messer
zur Seite und zog das Wachs wie die Schale eines Apfels
von der Flasche ab. Doch in der Öffnung des Behälters be-
fand sich weit mehr Wachs als am Rand, also schob er die
Messerspitze darunter und hob es ab.
Neugierig betrachtete Aristides den Verschluss, der jetzt
sichtbar geworden war, und hob erstaunt die Brauen. Er
war mit einem kleinen Schlüsselloch in der Mitte versehen.
Der Grieche erkannte sofort, dass man dafür einen beson-
deren Sicherheitsschlüssel benötigte. Der Trick mit dem
Schraubenzieher würde hier nicht funktionieren.
Er hockte nachdenklich an dem primitiven Eichentisch,
wog die kleine Stahlflasche in der Hand und ließ sich seine
Möglichkeiten durch den Kopf gehen. Solche Vorsichts-
maßnahmen, wie man sie bei diesen Behältern ergriffen
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hatte, waren ihm noch nie unter die Augen gekommen.
Und er war in seiner langen Karriere als Taucher schon auf
viele Safes und Kassetten gestoßen, die er aus gesunkenen
Schiffen geborgen hatte. Einige waren nur mit Riegeln ver-
schlossen gewesen, die unter dem Druck eines Stemmei-
sens oder einem Hammerschlag nachgegeben hatten. An-
deren dagegen musste er mit Schweißbrennern zu Leibe
rücken. Aber er konnte sich nicht daran erinnern, bei ei-
nem so unscheinbaren Gegenstand jemals auf so starke Si-
cherheitsmaßnahmen gestoßen zu sein.
Aristides konnte sich nur zwei Gründe denken, warum
jemand so komplizierte Vorkehrungen getroffen hatte.
Der Inhalt der Behälter musste entweder extrem wertvoll
oder extrem gefährlich sein. Die Frage war nur, welcher
Grund zutraf.
Central Intelligence Agency,
Hauptquartier, Langley, Virginia
Das Büro im obersten Stockwerk war geräumig, hell und
luftig. Von dort aus hatte man ungehinderten Blick auf
die Wälder von Virginia, die den Gebäudekomplex des
Hauptquartiers umgaben. Der massige Mann in dem
anthrazitgrauen Anzug auf seinem ledernen Bürosessel
hatte keinen Blick für die Schönheiten der Natur. Seine
Aufmerksamkeit war ausschließlich auf sechs acht mal
zehn Zoll große Schwarzweißaufnahmen gerichtet, die
auf dem Schreibtisch vor ihm lagen. Einem großen und
beeindruckenden Tisch, einer Antiquität aus Eiche mit
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Walnussholzfurnier. Der Tisch stammte aus dem per-
sönlichen Besitz des Mannes und befand sich bereits seit
mindestens achtzig Jahren im Besitz seiner Familie. Ab-
gesehen von den Fotos und drei Dokumentenablagen
aus Stahlgeflecht befanden sich nur noch zwei Telefone
und eine schwere, silberne Schreibgarnitur auf der
Tischplatte. Ein ordentlicher, organisierter Schreibtisch,
daran glaubte er, verriet einen ordentlichen und organi-
sierten Verstand.
Neben dem Schreibtisch stand eine speziell angefertigte
Computerkonsole, von der aus er direkten Zugang zu den
umfassenden Datenbanken der CIA, zum Internet und zu
einer Vielzahl anderer Datenquellen hatte, einschließlich
der größten Pressedienste.
Der Mann hatte fünf Fotos in einem Halbkreis ausge-
legt, in chronologischer Reihenfolge. Die sechste Aufnah-
me hatte er aussortiert. Sie war beim Überflug des KH-12
gemacht worden und zeigte ein offenes, anscheinend un-
bemanntes Boot.
Und genau dieses Bild hatte den Direktor alarmiert und
beunruhigt. Vor allem nachdem er die präzise geographi-
sche Lage überprüft hatte, die der Satellit mitgeliefert und auf den oberen Rand jedes Fotos gedruckt hatte. Die
nächsten Überflüge über dieses Gebiet hatten kein Resultat
ergeben. Eine kurze Zeit hatte der Mann gehofft, ja fast ge-
glaubt, dass das erste Foto ein vereinzeltes Vorkommnis
ohne Bedeutung gewesen war.
Doch bei einem weiteren Überflug über das Zielgebiet
hatte der Keyhole-Satellit die restlichen fünf Bilder ge-
schossen, im Abstand von jeweils dreißig Sekunden. Ober-
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flächlich betrachtet waren sie sehr ähnlich. Fast in der Mit-te jedes Bildes befand sich der Umriss eines offenen Bootes
mit einem kleinen Ruderhaus am Heck. N-PIC schätzte
die Länge des Kahns auf knapp über achtzehn Fuß.
Der CIA-Officer war nicht dazu ausgebildet, Fotos zu in-
terpretieren, also war jedes Foto auf sein Ersuchen hin von
N-PIC-Analytikern mit Anmerkungen versehen worden.
Die meisten Bezeichnungen verstanden sich von selbst,
Ruderhaus, Taue, Klampen, Radarreflektoren, Reifen, die
als Fender dienten, und so weiter. Er musste jedoch
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