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Die Virus-Waffe

Die Virus-Waffe

Titel: Die Virus-Waffe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barrington
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etwas
    Wertvolles in dem Stahlkoffer befand, aber falls nicht ir-
    gendetwas Bemerkenswertes aus diesen Stahlflaschen zum
    Vorschein kam, wenn er sie endlich öffnete, hatte er nur
    seine Zeit verschwendet. Dann hätte er den verdammten
    Koffer besser dort gelassen, wo er ihn gefunden hatte.
    Das Murmeln der Gespräche verstummte kurz, als Aris-
    tides die blassgrüne Tür des Kafeníon , der Cafébar des Ortes, aufstieß und hineinging. Kandíra lag abseits aller Tou-
    ristenpfade und war folglich von den fragwürdigen »Ver-
    besserungen« verschont geblieben, welche die meisten
    Küstenstädte des Mittelmeers heimgesucht hatten. Es fla-
    ckerte kein beleuchtetes Schild über der Tür oder in den
    kleinen, schmutzigen Fenstern, das diesen Ort als Bar aus-
    gewiesen hätte. Es gab gar kein Hinweisschild. Ebensowe-
    nig wie eine Jukebox, Spielautomaten, Snacks oder schatti-
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    ge Terrassen, auf denen sich ein vorüberschlendernder
    Tourist eine halbe Stunde ausruhen, Rotwein schlürfen
    und Postkarten schreiben konnte.
    Es war nur ein kleiner, schmuddeliger Raum, in dem ein
    halbes Dutzend Tische und etwa zwanzig Stühle standen,
    von denen die meisten dringend repariert werden muss-
    ten. Vor einer Wand verlief ein schäbiger Eichentresen,
    hinter dem Jakob stand, angetan mit einer ehemals weißen
    Schürze. Er hieß nicht wirklich Jakob, aber der Vorbesitzer
    hatte diesen Namen getragen, und auf Kreta starben alte
    Gewohnheiten nur langsam. »Jakob« schenkte seine Ge-
    tränke mit einer derart mürrischen Miene aus, dass seine
    Gäste sich häufig fragten, warum er keinen anderen Beruf
    ergriffen hatte, zum Beispiel Steuerfahnder oder Taxifah-
    rer in New York.
    Soweit Aristides das beurteilen konnte, hatte sich die
    Bar in den etwas über acht Jahren, die er jetzt in Kandíra
    lebte, nicht wesentlich verändert. Ebenso wenig wie ihre
    Gäste. Jeden Abend trudelten die alten Männer des Dorfes
    ein, allein oder zu zweit, setzten sich auf ihre gewohnten
    Plätze an den verschrammten Tischen und bekamen von
    Jakob ihren üblichen Drink hingestellt, ohne dass auch nur
    ein Wort gewechselt wurde. Dann unterhielten sie sich
    oder hockten einfach nur schweigend da. Manchmal zog
    einer ein Kartenspiel heraus. Dann wurde die übliche Ge-
    räuschkulisse der Bar durch das Klatschen der Karten und
    von aufgeregten oder vorwurfsvollen Rufen unterbrochen,
    je nachdem, wie das Spiel lief.
    Nachdem Aristides die Tür hinter sich geschlossen hat-
    te, setzte sich das Gemurmel fort. Zwei, drei Gäste lächel-
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    ten oder grüßten den Griechen mit einem knappen Wink
    der Hand, was Aristides mit einem Nicken erwiderte. Die
    meisten alten Männer ignorierten ihn jedoch. Er war
    schließlich relativ neu hier, nicht mal Kreter und für die
    meisten nur ein verdächtiger Fremdling.
    Aristides ging zum Tresen und sah Jakob an, der den
    Blick stur erwiderte. Der Grieche kam seit acht Jahren an
    drei oder vier Nächten in diese Bar, aber nach wie vor be-
    handelte Jakob ihn wie einen Fremden.
    »Whisky!«, fuhr Aristides ihn an. Er mochte Grieche
    sein, teilte jedoch die Vorliebe seiner Landsleute für Retsi-na und Ouzo nicht.
    Jakob knallte ein kleines Glas auf die Bar und schenkte
    etwas bernsteinfarbene Flüssigkeit aus einer Flasche ein, auf deren Etikett »Glenfiddich« stand. Aristides war sicher,
    dass Jakob die Flasche mit dem billigsten Whisky auffüllte,
    den er bei seinen wöchentlichen Einkaufsfahrten in die Su-
    permärkte von Chaniá finden konnte. Seit Aristides die Bar
    das erste Mal betreten hatte, war diese Flasche nie weniger
    als halbvoll gewesen, und er hatte auch nie miterlebt, dass
    Jakob eine neue Flasche Scotch geöffnet hätte. Es gab noch
    zwei andere stets halbvolle Whiskyflaschen hinter der Bar.
    Auf der einen stand »Johnnie Walker« und auf der anderen
    »Famous Grouse«. Der Inhalt von allen dreien schmeckte
    vollkommen identisch. Nur die Preise unterschieden sich.
    Aristides leerte das Glas in zwei Schlucken, bedeutete
    Jakob, es frisch zu füllen, warf ein paar Münzen auf den Tresen, nahm das Glas und verzog sich an einen freien
    Tisch in einer Ecke.
    Dort saß er etwa eine halbe Stunde und drei Whisky
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    lang, als die Tür der Bar wieder geöffnet und geschlossen
    wurde. Wie alle anderen blickte auch Aristides zu dem
    Neuankömmling und lächelte zum ersten Mal, seit er die
    Bar betreten hatte. Der Mann an der Tür erwiderte das Lä-
    cheln und kam zu seinem Ecktisch.
    »Ich war bei dir zu Hause,

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