Die Virus-Waffe
und sah sich um.
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Wie Gravas gesagt hatte, gab es hier zwei Türen. Beide
standen offen. Hardin schaute erst in das Gästezimmer. Er
erwartete nicht, eine Spur von dem Behälter hier zu finden,
auf dessen Existenz er geschlossen hatte, und fand auch
nichts. Also ging er zu dem anderen Zimmer.
An der Tür blieb Hardin stehen, griff um den Türpfos-
ten herum und schaltete das Licht an. Er schaute sich in
dem Schlafzimmer um, bevor er es betrat, und ließ die
Szenerie auf sich wirken. Zu spät fiel ihm ein, dass er ir-
gendwo in seinen Koffern eine Polaroidkamera hatte. Er
hätte sie mitnehmen sollen, um seine Untersuchung zu
dokumentieren.
Bevor er sich der Leiche näherte, erforschte Hardin den
Raum, sah unter dem Bett, im Kleiderschrank und sogar
auf den beiden Bücherregalen nach. Aber er fand nichts,
was einem Behälter ähnlich sah. Erst danach widmete er
sich den sterblichen Überresten von Spiros Aristides.
Drei oder vier Minuten lang betrachtete Hardin die
Gestalt auf dem Bett nur. Bei Anbruch der Dämmerung
waren die meisten Fliegen, die sich so gierig am Blut des
Mannes gelabt hatten, verschwunden. Aber immer noch
krochen einige über seine Brust.
Gravas war in seinem Bericht offensichtlich eher zu-
rückhaltend gewesen. Hier war so viel Blut, dass der Grie-
che fast vollkommen ausgeblutet sein musste. Hardin hatte
wie die meisten Menschen noch nie ein leibhaftiges Ebola-
Opfer gesehen, aber er kannte viele Fotos. Aber hier hatte
er das Opfer von etwas weit Schlimmerem vor sich, vor al-
lem, weil der Grieche offensichtlich so schnell gestorben
war. Zwischen seinem letzten Drink in der Bar und seinem
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Tod auf diesem Bett lagen weniger als zwölf Stunden. Um
was für einen Erreger es sich auch handelte, er verursachte
nicht nur einen sehr ekelhaften Tod, sondern wirkte auch
unglaublich schnell.
Hardin schüttelte den Kopf und trat von dem Bett zu-
rück, ohne Aristides’ Leiche auch nur berührt zu haben.
Wie er Gravas bereits gesagt hatte, konnte er den Verursa-
cher nicht identifizieren, bevor sein Team die erforderliche Ausrüstung mitbrachte. Er konnte nur bestätigen, das Spiros Aristides tot war. Das konnte jeder, der dieses Schlaf-
zimmer betrat.
Wichtiger war jetzt, den Behälter zu finden, in dem sich
der Erreger befand, der diese beiden Männer getötet hatte.
Krywald hatte das Dorf genauso verlassen wollen, wie sie
es betreten hatten. Aber als Stein und er durch die stillen, dunklen Straßen gingen, hörte er das Geräusch eines Hubschraubers und änderte seinen Plan. Handschuhe und
Masken hatten die beiden Männer bereits abgelegt, jetzt
zogen sie auch ihre weißen Overalls aus und stopften sie in
eine Mülltonne.
Nach dem Rotorengeräusch zu urteilen, handelte es sich
um einen großen Hubschrauber. Vermutlich brachte er
Nachschub oder weiteres Personal nach Kandíra. Ganz
gleich, was er geladen hatte, die Maschine würde vermut-
lich im Mittelpunkt des Interesses stehen, auch für die Po-
lizeibeamten an der Absperrung. Das bedeutete, Stein und
er konnten unbemerkt entkommen.
Sie gingen in Richtung der Zelte, blieben eine Weile im
Schatten stehen und beobachteten die Landung des Hub-
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schraubers. Es war ein Merlin der Royal Navy, und Kry-
walds Vermutung bestätigte sich. Er setzte Ausrüstung
und drei Passagiere ab. Die Angehörigen des CDC-Teams
waren offenbar endlich eingetroffen.
Der Wind kam aus Südwest, und der Merlin landete
schwerfällig auf dem staubigen Boden. Er richtete die Nase
in den Wind, weg von dem Kordon um das Dorf. Die
Schiebetür der hinteren Kabine befindet sich bei einem
Merlin auf der rechten Seite. Deshalb konnte niemand,
nicht einmal die Beamten an der Absperrung, sehen, wie
sie geöffnet wurde. Nachdem der Hubschrauber gelandet
war, vergingen einige Augenblicke, bis die Neuankömm-
linge um das hintere Ende des Hubschraubers kamen und
dabei einen großen Bogen um den wirbelnden Heckrotor
schlugen.
Krywald und Stein warteten, bis die Passagiere ihre Kis-
ten und Ausrüstung aus dem Flugzeug zum Kordon
schleppten. Dabei bildeten sie eine Kette. Jetzt traten die
CIA-Agenten vor, wedelten mit ihren CDC-Ausweisen ei-
nem Beamten vor der Nase herum und gingen zu der Ma-
schine. Stein trug den schwarzen Koffer, in dem sich der
Stahlkoffer befand. Die beiden Männer bogen um das Heck
des Hubschraubers und gingen vom Dorf weg zu den Oli-
venhainen, wo Elias in dem gemieteten Ford auf sie
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