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Die Visionen der Seidenweberin (German Edition)

Die Visionen der Seidenweberin (German Edition)

Titel: Die Visionen der Seidenweberin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Wertheim
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der, »Tringin ist keine von den üblichen Troßhuren.«
    Der Feldhauptmann lachte hart auf. »Ich wollte euch nur necken.« Er warf einen kurzen Blick auf das blonde Mädchen und seufzte leise. »Nun, Lazarus, du bist nicht der erste Verwundete, der sich in seine Pflegerin verliebt. Und die Kugel saß sehr nah am Herzen. Sie ist also dein Liebchen?«
    Lazarus nickte.
    »Ich verstehe dich gut. Keiner wird Hand an sie legen, ich verspreche es.« Er wandte sich ab.
    »Don Seraph!« Lazarus rief ihn noch einmal zurück. »Ich werde dein Werbeoffizier sein, aber rechne nicht mit mir, wenn es tatsächlich gegen die Flamen, die Brabanter, die Zeeländer oder Holländer geht. Ob Calvinisten oder nicht, es sind meine Landsleute.«
    »Wir werden sehen, mein Freund, wir werden sehen. Wenn du erst im Troß mitreitest, wird dich die Lust am Krieg schon wieder überkommen.«
    Der Feldhauptmann riß die Tür auf und verschwand mit polternden Schritten im Gang. Lazarus schüttelte seufzend den Kopf. »Er weiß nicht, mit wem er in den Krieg zu ziehen gedenkt.«
    Tringin schaute ihn fragend an, Lazarus streifte sich schweigend die kurzen Pluderhosen über. »Nun siehst du wirklich wie ein Spanier aus«, sagte Tringin mit leisem Widerwillen.
    »Dabei bin ich nichts weniger als ihr Freund«, stieß Lazarus verächtlich hervor.
    6
    D ampf zog in dichten Schwaden durch die Badestube, setzte sich in perlenden Tropfen auf den Bleiplatten ab. Melina betrachtete mit kaltem Blick ihre Herrin, die bleich und entschlossen neben dem Badezuber stand. »Ihr werdet Euch verbrühen, wenn ihr da hineinsteigt. Das Wasser kocht beinahe.«
    Mertgin erschien mit einem weiteren Eimer Wasser in der Tür. »Ich habe es direkt vom Feuer geholt, wie Ihr befohlen habt«, sagte sie und schleppte den Eimer zum Zuber, goß ihn hinein.
    Schweiß trat auf das Gesicht Julianas.
    »Bei Gott, Ihr seht wirklich krank aus«, bemerkte Mertgin mit einem Anflug von Mitleid. »Wäre es nicht doch besser, den Doktor Birckmann rufen zu lassen? Ich kann auch selber gehen, es macht mir keine Mühe.«
    Juliana schüttelte den Kopf. »Nein. Es ist gut, das Bad wird mir helfen. Die Hitze wird alle kranken Säfte aus meinem Körper austreiben. Geh nur.« Mertgin zögerte, bis Juliana sie mit gehobener Stimme anherrschte: »Verschwinde!«
    Mit zweifelnder Miene schlich die alte Magd zur Tür. Ihr Blick fiel auf einen Badeschemel, auf dem ein Tuch aus weicher Baumwolle zum Abtrocknen lag, unter dem einige Stengel getrockneten Krauts hervorschauten. Mertgin erkannte es und erschrak. Die silbergraue Farbe, die zarten Blättchen, kein Zweifel: ein Strauß Wermut lag unter dem Tuch. Leise zog sie die Tür hinter sich so zu, daß ein kleiner Spalt offen blieb. Sie harrte im Gang aus, nachdem sie sich überzeugt hatte, daß niemand sie beobachtete.
    Juliana tauchte nun prüfend ihre rechte Hand in das siedendheiße Wasser. Schaudernd zog sie sie zurück.
    »Ich sagte doch, es ist zu heiß«, bemerkte Melina noch einmal.
    »Es gibt keinen anderen Weg, hole mir den Wermut.« Die Zofe lief zum Schemel und zog das Sträußchen hervor, zerrieb das trockene, bitterwürzige Kraut über der heißen Wanne. Juliana steckte sich die Haare hoch, schloß die Augen, hielt den Atem an und stieg über den Rand in den Zuber. Mit zusammengebissenen Zähnen ließ sie sich in das Wasser gleiten, die Hitze nahm ihr fast das Bewußtsein, ihre Haut brannte wie in einem Feuer, sie stieß einen erstickten Schrei aus, dann saß sie ganz im Wasser.
    »Schon dieser Schmerz«, sagte sie endlich, »müßte diesem vermaledeiten Geschöpf in meinem Schoß den Garaus machen.«
    »Ich glaube nicht an die abtreibende Kraft des Wermut«, sagte Melina seufzend. Vor der Tür erbleichte die alte Magd. Sie glaubte, ihren Ohren nicht zu trauen.
    Juliana verzog unter Schmerzen das Gesicht. »Hast du kein Mitleid?« fragte Juliana mit belegter Stimme.
    Melina schwieg.
    »Du bist anmaßend und frech«, fuhr Juliana daraufhin in ihrem gewohnt herrschsüchtigen Ton fort. »Hüte dich! Ich könnte dich jederzeit aus dem Haus jagen. Niemand würde dir helfen. Auf dich alleine gestellt, bliebe dir nichts als die Hurerei oder der Bettel. Willst du das?«
    Melina sagte leise: »Ihr könnt mich nicht aus dem Hause jagen. Ich weiß zuviel von Euch. Euch und dem Diakon. Und sollte die Frucht in Eurem Schöße aufgehen, dann wird alle Welt wissen, daß ich die Wahrheit sage.«
    Julianas Zorn wich wieder der Angst. »Melina«, sagte sie mit

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