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Die Visionen der Seidenweberin (German Edition)

Die Visionen der Seidenweberin (German Edition)

Titel: Die Visionen der Seidenweberin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Wertheim
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musterte er die Tochter des Hauses.
    »Wenn Ihr mir folgen wollt«, sagte nun van Geldern und schloß mit seinem Blick auch Birckmann ein.
    Juliana trat beiseite, die Männer durchschritten ein Spalier von Dienern und Mägden. Im Festsaal erhoben sich die wartenden Gäste, darunter vornehme Kanonissen, Ratsherren, Doktoren, italienische und portugiesische Kaufleute, flämische Tuchhändler, Bankiers und ihre reich geschmückten Frauen. Man plauderte über Kriegsanleihen, den harten Frost und den Karneval, der in den Gassen bereits begann. Man kritisierte die wüsten Studentenraufereien ebenso wie die Diakone, die vermummt den ärgsten Schabernack trieben und betrunken versehentlich aus evangelischen Predigtbüchern lasen.
    Die Musik verstummte. Van Geldern führte den Finanzsekretär zu einem Podest an der Stirnseite des Raumes, auf dem eine Tafel für die Ehrengäste stand. Darüber schwebte ein Baldachin aus roter und weißer Seide – die Farben Kölns. Schwarze Flämmchen waren hineingestickt als Symbol für die elftausend heiligen Jungfrauen der Ursula, die ihren Märtyrertod in der Domstadt gefunden hatten.
    Der Begleiter des Spaniers blieb zurück und suchte einen Platz beim Kamin. Verfrorene Leute, diese Spanier, bemerkte Birckmann für sich. Eine Lobrede wurde gehalten und erwidert, Speisen in silbernen Schüsseln wurden aufgetragen, ungarische Weine ausgeschenkt, die so verschwenderisch gewürzt waren, daß sie in der Kehle wie Schießpulver brannten. Noch immer keine Spur von Columba.
    Birckmann wandte sich seufzend seinem Tischnachbarn zu, dem Prediger der Spanier. Es war ein vornehmer Jesuit, aber auch ein entsetzlich langweiliger. Mit seinem grauen Bart und dem finsteren Gesicht sah er aus wie ein sehr ernstes Gespenst. Ohne Umschweife verwickelte er den Mediziner in ein Gespräch über die Verhaftung der Ketzer am Morgen des vergangenen Tages.
    »Ein gottgefälliges Werk, das die Kölner Soldaten heute mit Hilfe unseres Kriegsvolks vollbracht haben. Zwölf Wiedertäufer auf einen Schlag gefangen! Löblich, höchst löblich. Die Kölner Milde hat nun hoffentlich ein Ende. Man darf die Ketzer nicht schonen. Saul hat die Amalekiter geschont, und Gott verdarb ihn.«
    »So steht es geschrieben«, sagte Birckmann knapp und zerkrümelte Brot zwischen seinen Fingern, »sogar in den deutschen Ketzerbibeln.«
    »Es ist eine Sünde, Gottes Wort zu übersetzen«, tadelte der Prediger streng, »aber wie ich weiß, sind meine Ordensbrüder hier zu Köln so stark und eifrig wie nirgends sonst in Deutschland und kämpfen um jeden wahren Christen.« Fragend blickte er seinen Tischnachbarn an – eine deutliche Aufforderung.
    »Gewiß, sie katechisieren an den Straßenecken, selbst Kinder und Bettler lehren sie die Grundregeln des Glaubens. Sie haben großen Zulauf.«
    Der graubärtige Jesuit nickte. »Recht so, nur wer die Kirche liebt, liebt auch seine Herren und die schöne Ordnung der Welt.« Er war ein frommer Mann, der wußte, daß die Interessen seines Königs und Gottes dieselben waren. »Philipp«, fuhr er fort, »ist ein großer Monarch, denn er versäumt nichts, was zur Besserung der Menschen dient. Hart und barmherzig wird er auch in diesem scheußlichen Nebelland, den Niederlanden, durchgreifen. Sobald er das Geld hat, wird er Truppen entsenden und das heilige Werk beginnen.« Der Prediger hob seinen Becher und prostete Birckmann zu. Der freute sich, daß an der Tür Unruhe entstand und ihm eine Antwort erspart blieb, die eine Lüge gewesen wäre.
    Ein junger Mann war mehr hereingestolpert als eingetreten. Alle Köpfe wandten sich ihm zu. Kein Wunder, denn dieser Herr war eine Erscheinung besonderer Art: Fritjof von Ypern, prall und vierschrötig, war schon seinem Körperbau nach eine imposante Figur, doch erst seine Ausstattung machte ihn bemerkenswert. In einer Wolke aus Jasmin stand er da, ein buntschillernder Geck, der in seinen Stulpenstiefeln fast ertrank. Er schleppte einen riesigen Raufdegen nach und lüpfte einen zitronengelben Hut, auf dem eine Reiherfeder schwankte.
    »Seid gegrüßt, seid gegrüßt, werte Freunde. Ich verspäte mich nur ungern, wenn es um ein Fest geht«, rief er in die Runde und überhörte das Räuspern einiger Gäste. »Aber«, fuhr er ungerührt fort, »ein Kavalier muß auf seine Dame warten. Das tat ich, und seht her, dieses Fräulein ist das Warten wert.« Er trat beiseite, bemüht, seinen feisten Bauch einzuziehen; sein Gesicht rötete sich bei dieser Anstrengung.
    Die

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