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Die Visionen der Seidenweberin (German Edition)

Die Visionen der Seidenweberin (German Edition)

Titel: Die Visionen der Seidenweberin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Wertheim
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Kaiser Ferdinand gab viel auf Eure Worte, Cassander, überlegte sogar die Zulassung der Priesterehe und des Laienkelches.«
    »Das bedeutet nichts.« seufzte Lazarus. »Sein Neffe Philipp ist in Fragen der Religion der wahre Herrscher in Europa, und sein Glaube ist von steinerner Unduldsamkeit. Dabei gibt es auch in der katholischen Kirche vortreffliche Männer, die an Reformen dringend interessiert sind. Ich fürchte, ich habe wenig erreicht. Einige meiner Schriften stehen seit dem Trienter Konzil auf dem kirchlichen Index. Die Jesuiten feinden mich ordentlich an.«
    »Eine Ehre, die Ihr mit Erasmus, dieser lichten Zierde unseres dunklen Jahrhunderts, teilt.«
    Cassander lächelte. »Gleichviel, Ideen, einmal gedacht und in die Welt gesetzt, gehen nicht verloren.«
    Lazarus schwieg – kein Gespräch mehr über Ideen. »Am Nachmittag hat man ein gutes Dutzend Wiedertäufer auf den Frankenturm gebracht, um den Spaniern Kölns Rechtgläubigkeit vor Augen zu führen. Die armen Teufel sind Habenichtse, die mich dauern. Vor allem Luthger, der ein Faßbinder im Haus meines Vaters war, und ihm besonders zugetan. Ich wollte ihn hier in Köln besuchen, um vielleicht von ihm etwas über den Verräter meines Vaters zu erfahren. Nun ist er verhaftet. Er hat schon einmal für seinen Glauben gebüßt, warum sollte er ein zweites Mal dafür vor die Schranken treten?«
    Cassander nickte. »Ich erinnere mich an ihn, ein fröhlicher Geselle.«
    »Das hat man ihm ausgebrannt«, kam es zynisch von Lazarus.
    »Ich werde ihn wie die anderen morgen aufsuchen, bevor der Turmmeister sie verhört, vielleicht kann ich beide besänftigen und sie zum Einlenken bringen.«
    Lazarus dankte und ging zur Tür. Dann drehte er sich noch einmal um. »Eine Bitte habe ich noch.«
    »Überfordere mich nicht, ich bin ein alter Mann und habe nicht mehr viel Zeit.«
    Erst jetzt sah Lazarus, wie müde und schwach der Greis in Wahrheit war. Das Gespräch hatte noch einmal sein Feuer entfacht, doch nun sah er die kalte Glut des Todes in seinen Augen.
    »Ich bitte Euch, fragt nach dem Schicksal von Luthgers Tochter, Tringin heißt sie.«
    »Woher kennst du sie?«
    »Nicht ich, ein Mädchen, das ich kenne, ist sehr an ihr interessiert.«
    Der Abglanz eines Lächelns streifte noch einmal Cassanders Gesicht. »Und du an dem Mädchen.« Lazarus errötete. Cassanders Lächeln vertiefte sich.
    Lazarus zögerte, dann zuckte es um seinen Mund. »Ich bin nicht mehr der leidenschaftliche Mann, den Ihr kanntet, erinnert Euch an Eure Worte.«
    »Wie heißt es denn, dieses Mädchen?«
    »Columba«, sagte Lazarus, als handele es sich um eine Nebensächlichkeit.
    »Die Taube. Ein hübscher Name, ist sie es auch?«
    »Viele behaupten das Gegenteil.«
    »Und du?«
    Ausweichend antwortete der junge Mann: »Ihr fehlt jede mädchenhafte Sanftheit und Tugend. Ein kindischer Hitzkopf ist sie und ganz vernarrt in das Leben. Sie glaubt an seine Süße. Besser, sie glaubte daran, bis die Sache mit Tringin geschah.«
    »Also ist sie ganz und gar anders als du.« Lazarus überhörte den ironischen Ton. »Ist sie ein Bürgermädchen?«
    »Die höchst vornehme Tochter eines ehemaligen Handelspartners und Freundes meines Vaters.«
    Cassander hob verwundert die Augen. »Eines Freundes aus Köln? Ich erinnere mich nicht, daß er einen Kölner zum Freund hatte.«
    »Er stammt aus Flandern. Sein Name ist Arndt van Geldern, vielleicht kennt Ihr ihn.«
    Cassander richtete sich jäh in seinem Stuhl auf. »Van Geldern? Ein Freund?«
    »Ich habe schon bemerkt, daß er in Köln seine Feinde hat, aber mein Vater sprach früher sehr warm von ihm, lobte seinen Kaufmannsfleiß und seinen unbestechlichen Verstand. Schon morgen werde ich van Geldern wiedersehen. Er scheint fürwahr ein Mann von umsichtiger, wenn auch kalter Klugheit zu sein. Sein Spitzel heftete sich den ganzen Nachmittag an meine Fersen, weil er mich mit Columba sah.«
    Cassander schwieg eine Weile, dann hob er die Stimme und sagte mit großem Ernst: »Ich rate dir, in keinem Fall Leidenschaften an das Haus van Geldern zu verschwenden.«
    »Geschäftssinn zählt nicht unter die Leidenschaften.«
    »Ich denke an die Tochter.«
    »Und ich an den Vater. Er könnte mir nützlich sein, da ich meinen Dienstherrn eben heute verlor, und der Kaufherr steht in meiner Schuld. Mich reizt es, für eine Weile in Köln zu bleiben.«
    Cassander blickte ihn scharf an, dann seufzte er. »Ich warne dich, es liegt ein Fluch auf diesem Geschlecht.«
    »Ihr

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