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Die Visionen der Seidenweberin (German Edition)

Die Visionen der Seidenweberin (German Edition)

Titel: Die Visionen der Seidenweberin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Wertheim
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bitten ging gegen den Stolz des Kaufherrn. Er hatte sie lange genug und all die Verachtung und den Hohn des schon dünkelhaft standesbewußten Vaters ertragen, der am Ende nur des Geldes wegen nachgab. Seine Tochter sollte dieses hochmütige Spiel nicht weiter mit ihm treiben. Seltsam, dachte van Geldern plötzlich, nie habe ich gewußt, wie sehr ich Katharina haßte, ich hielt es nur für gewöhnliche Abscheu, aber es war Haß. Er lächelte bei diesem Gedanken – selbst diese Form der Leidenschaft war Vergangenheit.
    Es klopfte wieder, und beinahe gleichzeitig betrat seine Tochter das Zimmer. Ihre Haare waren bereits gelöst, ein, golden verbrämter Nachtmantel lag um ihre Schultern. Demütig – so jedenfalls glaubte er, der den trägen Blick Julianas stets mißverstand – blickte sie den Vater an.
    »Ich wünsche Euch eine gute Nacht, Vater.«
    »Bleib einen Augenblick.«
    Juliana glitt in den Raum und setzte sich mit anmutig fließenden Bewegungen auf einen gepolsterten Stuhl beim Kamin. Die Flammen brachten ihr Goldhaar zum Glänzen. Van Geldern betrachtete sie mit Wohlgefallen.
    »Ich sah dich heute mit den Spaniern tanzen.«
    »Don Cristobal«, meinte seine Tochter gelangweilt und spielte mit einer Strähne ihres Haares, »ist ein schweigsamer Mann.«
    »Nein, ich meine den anderen, seinen Begleiter.«
    Juliana ließ die Strähne fahren. »Ein noch unhöflicherer Mann, dieser Flame in spanischer Uniform«, bemerkte sie ärgerlich.
    Unhöflich? fragte sich van Geldern und dachte bei sich, daß der Dürre sich getäuscht hatte. Auch der Glattrasierte fand also keinen Gefallen an weiblichen Rundungen.
    »Er sprach die ganze Zeit nur von Columba.«
    »Columba?« Alarmiert blickte van Geldern auf. »Was sagte er?«
    »Er lobte ihre Lebendigkeit und«, verächtlich stieß sie es hervor, »ihren Verstand. Als ob sie davon mehr hätte, als in eine Nußschale paßt. Denkt nur an ihr unziemliches Betragen von heute morgen. Wenn wir nur wüßten, wo sie war. Nach der Sache im vergangenen Sommer ...« Eine Frage schwebte im Raum, van Geldern beantwortete sie nicht.
    Columba hatte Verstand, dieser Lazarus täuschte sich nicht. Und ja, lebendig war sie, lebendig wie er selbst einst gewesen war. Seine Gedanken wanderten zurück in seine Kindheit. Er sah das unwillige, haßerfüllte Gesicht des eigenen Vaters, ein unbedeutender, flämischer Stahlschmied von mäßigem Vermögen und keinem Funken unternehmerischen Geistes, der nur Abscheu für seine Pläne hatte, dafür eine große Leidenschaft für Fragen der Religion. Nichts von ihm erkannte er in sich selber wieder, dafür ... Columba. Empfindungen stiegen in ihm hoch, die ihm unheimlich waren. Sie mußte rasch verheiratet werden.
    »Ihr studiert wieder die Akten? Eure Augen werden leiden.« Die Worte seiner Tochter rissen ihn in die Gegenwart zurück. Er sah, wie sie rasch die Augen niederschlug, die eben noch nach den Papieren geschielt hatten. Spione, er war umgeben von Spionen.
    »Schließe die Tür, wenn du gehst«, sagte er.
    Juliana glitt vom Stuhl. »Ich werde in der Hauskapelle noch zur Nacht für Euch beten«, sagte sie, »und für Katharina. Sie hatte einen schweren Anfall, heißt es, einen beinahe tödlichen. Vielleicht hat Gott bald Erbarmen mit ihr.«
    Van Geldern überhörte den lauernden Ton in ihren Worten. Juliana verschwand mit der Lautlosigkeit eines Schattens.
    7
    C olumba fieberte heftig. Ihr Kopf stand in Flammen. Flammen waren es, die sie in ihren Träumen sah, und Tringin, die ihre runden Arme nach ihr ausstreckte. Sperlinge umflatterten ihr Haupt, brennende Sperlinge, die entsetzlich kreischten. Tringin öffnete den Mund zu einem stummen Schrei. Columba stöhnte.
    Besorgt legte Rebecca ein nasses Tuch auf ihre Stirn. Sie machte sich Vorwürfe. Sie war so sehr mit dem Leid der Schwester befaßt gewesen, daß sie die Wunde des Mädchens unterschätzt hatte. Katharina war wieder wohl, sie schlief. Birckmann war ein vortrefflicher Arzt. Mertgin wachte nun bei Katharina. Anna hatte es abgelehnt, mit der Entschuldigung, daß die Kranke sich über ihren Anblick schon einmal bis zum Wahnsinn entsetzt habe. Von Teufeln hatte sie nicht mehr gesprochen.
    Teufel, was wußte sie schon davon! Rebecca strich sich müde über die Stirn. Ein Gutes hatte ihre Pflicht als Krankenwärterin, sie lag nicht wachträumend in der eigenen Zelle, wurde nicht heimgesucht von den Bildern einer Höllenwelt, die sie immer wieder an diesen vermaledeiten Teppich im Stickrahmen

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