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Die Visionen der Seidenweberin (German Edition)

Die Visionen der Seidenweberin (German Edition)

Titel: Die Visionen der Seidenweberin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Wertheim
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Birnen. Es war bekannt, daß er Bußgelder großzügig bemaß, in die eigenen Taschen steckte und vornehme Gefangene gegen Belohnung vornehm zu behandeln wußte, aber er legte Wert darauf, daß man ihn bestach ohne ihn bestechlich zu nennen.
    »Ein schönes Amt, das Ihr innehabt«, begann van Geldern und drehte den Weinbecher auf dem Tisch, »ein ehrenvolles Amt, um das sich die Höchsten bewerben.«
    Der Gewaltrichter seufzte: »Gewiß, und den Höchsten schlägt es zur Ehre aus. Sie können sich mit den Ratszeichen begnügen, die man am Ende des Jahres erhält, um im Ratskeller einige Pinten Wein abzuholen. Unsereins hingegen muß bei dem Amt kräftig zuzahlen. Allein das Essen, das ich jedes Jahr den Zunftbrüdern geben muß, um meine Würde zu zeigen, bohrt mir ein tiefes Loch in die Tasche. Den Sonntag nach Ostern ist es wieder soweit. Ihr könnt Euch denken, was nach dem Ende der Fastenzeit dann von mir erwartet wird. Nicht weniger als acht Gänge, und sechs davon mit bestem Fleisch.«
    Van Geldern nickte mit dem Gesicht eines verständnisvollen Leidensgenossen. »Ich weiß, wovon Ihr sprecht, erst gestern gab auch ich wieder ein Fest.«
    Der Gewaltrichter rutschte auf seinem Stuhl nach vorn, hin und her gerissen zwischen Stolz und Verachtung. Stolz, weil ein so reicher Kaufherr sich mit ihm verglich, Verachtung, weil er sich dadurch mit ihm gemein machte. Im Grunde gehörte sich das nicht. Trotzdem griff er ahnungsvoll das Stichwort auf, ganz braver Komödiant.
    »Gewiß ein prachtvolles Fest. Aber wie traurig, daß es ein solches Ende fand. Eure Frau starb in der Nacht.«
    »Ja«, sagte van Geldern sinnend und schlug andeutungsweise ein Kreuz. »Der Herr gibt, und der Herr nimmt. Der Tod meiner lieben Frau schmerzt mich sehr, vor allem, weil ich in ihrer schwersten Stunde nicht bei ihr war.«
    »Wie schrecklich für einen liebenden Gemahl.«
    Ärger stieg in van Geldern hoch, weil der Mann die Posse unnötig verlängerte. »Noch schrecklicher freilich«, fuhr der Kaufmann fort, »weil so grausame Gerüchte über den Tod meiner hochverehrten Katharina durch die Gassen laufen. Ihr habt davon gehört?«
    Der Gewaltrichter leckte sich die Lippen und überlegte, wie weit er noch gehen durfte.
    Van Geldern wartete ab und betrachtete wieder die Schiffswimpel. Ein falscher Satz vom Gegenüber, und er würde das Thema fallenlassen. Zu teuer sollte ihn die Information nicht zu stehen kommen, es gab auch andere Mittel.
    Der Gewaltrichter war klug genug, um die Laune des Kaufmanns richtig zu deuten. »Im Vertrauen, werter van Geldern, ich habe tatsächlich davon gehört. Ich hörte mehr, als mir lieb war.«
    Der Kaufmann lehnte sich entspannt zurück. »Kein Mensch kann in Frieden leben, wenn sein Nachbar es nicht will, so ist es nun einmal. Aber wie grausam, bloße Gerüchte an einen Gewaltrichter heranzutragen. Wäret Ihr nicht ein so vernünftiger, so rechtgläubiger Mann, jeder anständige Bürger zittern müßte.«
    Der Gewaltrichter lächelte bescheiden. »Nun ja. Obwohl es sich nicht nur um Gerüchte handelt. Um die Wahrheit zu sagen, jemand hat bereits Anzeige wegen der Sache gemacht. Sprach von feigem Mord und trug noch weit gefährlichere Anklagen vor.«
    Van Geldern schüttelte betrübt den Kopf. »Was bleibt einem rechtschaffenen Bürger für ein Trost in so schwerer Stunde, wenn er solche Verleumdungen über sich ergehen lassen muß. Mord! Ich bitte Euch, in meinem Haus! Wie sollte das möglich sein? Dutzende von Menschen wissen das Gegenteil zu bezeugen.«
    Heftig zustimmend nickte der Richter. »Sprecht nicht weiter. Es schmerzt mich, Euch als Verteidiger Eures Namens zu hören. Ein Name wie der Eure bedarf keiner Verteidigung. Es ist elend, aber meine Pflicht, jeder Anzeige nachzugehen, selbst wenn sie von so niederträchtiger Art ist und die Anklägerin von so geringer Herkunft.«
    Mit Mühe unterdrückte der Kaufmann Wut und Erregung. »Ich verstehe Euch, nicht nur die Pflicht, auch die Not, Euer Geld zu verdienen, zwingt Euch. Wie schön wäre es, wenn Ihr genug Geld hättet, um Eure Sorgfalt nur auf die ernsthaften Verbrechen konzentrieren zu können.«
    »Ihr sagt es, van Geldern, Ihr sagt es. Ein Drittel aller Bußgelder steht mir zu, aber wie wenig ist das, wenn ich immer wieder meine Aufmerksamkeit auf unsinnige Anklagen richten muß und mir die wahren Schurken und Schandbuben derweil durch die Finger rutschen.«
    »Und wie viele zusätzliche Gewaltknechte könntet Ihr anstellen, wenn Ihr nur mehr

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