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Die Visionen der Seidenweberin (German Edition)

Die Visionen der Seidenweberin (German Edition)

Titel: Die Visionen der Seidenweberin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Wertheim
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mir, ich könnte sogar Tote zum Lachen bringen.«
    Van Gelderns Gesicht zuckte, er schwieg bedeutsam. Der Junker bemerkte endlich seinen Fehler. »Verzeiht. Wie unbedacht.«
    »Genau«, sagte van Geldern kalt. Dann besann er sich seiner Pflichten als Vater. »Meine Tochter Columba macht einen Besuch im Konvent ihrer Tante Rebecca. Sie sucht Trost und Ruhe. Wenn Ihr Euch nur zwei Tage gedulden wollt, so wird sie ganz für Euch da sein. Sie kann sehr unterhaltsam sein.«
    Der Freiherr kniff die Augen zusammen. »Spielt sie Laute wie ihre Schwester?«
    »Ich fürchte, nein«, seufzte der Vater.
    Der Freiherr stimmte in das Seufzen ein, wenn auch aus anderem Grund. »Ich befürchtete es schon. Frauen, die sich der Musik hingeben, sind mir auf Dauer nicht genehm. Gefühlvolle Schwärmerinnen sind mir verhaßt. Ich mag eine, die anzupacken versteht, die meine leidigen Geschäfte führen kann, wenn ich anderweitig beschäftigt bin. Was durchaus vorkommt.«
    Van Geldern lächelte erleichtert und beinahe froh. »Ich kann Euch beruhigen. Meine Tochter Columba zog das Kontor stets den Kinderspielen und weiblichen Beschäftigungen vor.« Das Glück schien ihm wieder hold, wenn auch nur in Gestalt eines drallen, hochverschuldeten Schwiegersohns mit einigen Hafenrechten in Dordrecht. Der aber setzte plötzlich eine nachdenkliche Miene auf.
    »Das Kontor war ihr lieber als jedes Spiel?«
    Der Kaufmann beeilte sich nun, die Munterkeit der Tochter in bunten Farben auszumalen, was ihm seltsam leicht fiel.
    »Reitet sie?« fragte der Freiherr streng.
    »Wie keine zweite. Sie liebt die herbstliche Jagd vor den Mauern Kölns und führt die Armbrust sicher.«
    »Trefflich, trefflich, auch ich liebe die Jagd und mag keine verzagten Frauenzimmer.«
    »Verzagt? Das ist das letzte, was man von meiner Tochter sagen kann. Fragt, wen ihr wollt. Ich kenne keinen Sport, den sie nicht liebt.«
    »Darauf trinkt einen Becher mit mir.« Er stürzte auf Mertgin zu, die eben wieder den Saal betrat, und entriß ihr den Krug. Großzügig schenkte er aus. Der Kaufherr nahm einen Schluck.
    »Läuft Eure Tochter vielleicht sogar Schlittschuh?«
    Ein Husten war die Antwort, van Geldern hatte sich heftig verschluckt. Der Flame klopfte ihm herzhaft den Rücken.
    Als van Geldern wieder zu Atem kam, musterte er seinen möglichen Schwiegersohn mißtrauisch. Dessen Gesicht verriet vollkommene Ahnungslosigkeit. »Auf Columba, das Täubchen!« rief er.
    »Auf Columba«, prostete der Hausherr erleichtert. Das Geschäft ließ sich gut an, das Erbe Katharinas würde die Mitgift sichern. Vielleicht in drei Wochen schon, würde der Junker Ring und Gottesheller für die Braut prägen lassen. Die leichtfertige Columba wäre endlich aus dem Weg und die Dordrechter Hafenrechte sein. Dazu noch die Gelder Philipps. Er war ein geretteter Mann.
    Mertgin nahm sich vor, noch vor Mittag in der Hauskapelle um das Seelenheil ihres Schützlings Columba zu beten. Ein Gotteslästerer wie der da! Pfui Teu ..., sie bekreuzigte sich und beschloß, noch heute an einer Straßenkatechese der Jesuiten teilzunehmen. Die wußten, wie man Gotteslästerern das Handwerk legte.
    »Entschuldigt mich nun«, sagte van Geldern, »die Geschäfte.«
    »Gewiß, ich habe auch zu tun. Man sagt, der Dom sei ein Wunder, das will ich prüfen, denn einem echten Wunder wollte ich schon immer mal begegnen.«
    Mertgin warf einen schaudernden Blick zur Decke.
    8
    Ä rgerlich schlug Anna die nasse Kutte auf den Waschstein. Wieder und wieder. Das Wasser spritzte nach allen Seiten und durchtränkte ihre Schürze. Feuchte Schwaden durchzogen das kleine Waschhaus im Hinterhof des Konvents, im Kessel brodelte die Seifenlauge. Was für eine Arbeit! Die Wäsche der Dominikaner in den Händen einer Schaffnerin statt in denen der Novizinnen. Rebecca übertrieb es mit den Strafen. Wenngleich ... Hätte sie gewußt, warum Anna am frühen Morgen im Zimmer Katharinas gefehlt hatte, und wo sie tatsächlich gewesen war, ihre Strafe wäre wohl härter ausgefallen. Anna lächelte böse, tunkte eine harte Bürste in die Lauge und begann die Kutte zu schrubben. Ihre Zeit würde kommen. Egal, wie abweisend der Gewaltrichter sich gegen sie gegeben hatte. Sie erkannte einen gewissenlosen Schurken, wenn sie einem gegenüberstand. Was sie brauchte, war ein mächtiger Verbündeter, der seinen Vorteil erkannte und die Anzeige mit Nachdruck vortragen würde.
    Eine Hand berührte leise ihren Arm. Mit einem kleinen Schrei fuhr die Schaffnerin

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