Die Visionen von Tarot
dieser Neun Männer?“
„Ich weiß es nicht. Niemand weiß es. Außer sie selber. Aber ich verehre, was sie tun, weil sie arbeiten, damit wir alle gerettet werden. Sie sind irgendwo, und …“ Schüchtern hielt sie inne. „Nun, ich glaube vielleicht … ich weiß nicht … mein Vater, der Swami Kundalini, könnte einer sein … Er weiß soviel.“
Bruder Paul blickte an ihr vorbei – und im Türrahmen stand Pfarrer Siltz. Bruder Paul sprang auf. „Ich habe Sie gar nicht gesehen, Pfarrer“, rief er. „Wir haben gerade …“
„Ich bin schon einige Zeit hier“, antwortete der Pfarrer. „Ich wollte das Kind nicht unterbrechen.“
Jeannette wandte sich um. „Pfarrer, ich bin hergekommen, um …“ Sie sah Carolyn an, weil sie ihr Anliegen nicht in Gegenwart des Kindes vorbringen wollte. „Es spielt jetzt keine Rolle. Ich werde gehen.“
Siltz deutete mit dem Finger auf sie. „Den ersten Enkel. Und die erste Enkelin ebenfalls. Kommunistisch.“
Jeannette riß die Augen auf. „Sie bieten einen Kompromiß an?“
„Auch Enkelinnen sind gut“, sagte Siltz, sich verteidigend. „Manchmal sogar besser als Enkel.“
„Bei der Religion gehe ich keinen Kompromiß ein“, sagte Jeannette. „Alles andere, aber das nicht. Alle werden Scientologisten.“
„Wer ist denn hier der Starrkopf?“ fragte Siltz. „Draußen ist mein Sohn.“
„Das ist unfair!“ schrie sie.
„In der Liebe und im Krieg ist alles erlaubt“, entgegnete Siltz. „Ich bin nicht sicher, was dies ist und um was es sich hier handelt. Die ersten beiden Kinder – selbst wenn beide Mädchen sind. Mein letztes Angebot!“
„Ich werde nicht weiter mit Ihnen reden!“ schleuderte ihm Jeannette entgegen. Es war ein beeindruckender Abgang.
Siltz blickte hinter ihr her. Ein grimmiges Lächeln überzog sein Gesicht. „Zwei Enkelinnen wie sie. Glorreiche Kommunistenkirche. Sie würden den gesamten Planeten bekehren!“
„Ich wußte nicht, daß Ihr Sohn zurück ist“, sagte Bruder Paul. „Ich …“
„Sie wollen eine Tochter. Das will ich auch“, entgegnete Siltz. „Seien Sie unbesorgt. Hier ist Platz genug. Mein Sohn wird heute nacht nicht hier schlafen.“
„Oh, das wäre mir aber …“
„Ich weiß nicht, wo Ivan schlafen wird oder was er tun wird“, sagte Siltz würdig. „Aber morgen … werden wir sehen, wer zu einem Kompromiß bereit ist.“
Bruder Paul dachte an Jeannette, die bebend vor Zorn nun den jungen Mann draußen traf. Den Mann, den sie liebte und heiraten wollte. „Sie hat recht. Sie kämpfen unfair.“
Siltz nickte mit tiefer Befriedigung.
„Ist wie bei der Schimpfkanonade“, sagte Carolyn lächelnd. „Du mußt den Hieb der anderen Person auf sie selbst zurückwenden.“
„Was war das?“ fragte Pfarrer Siltz.
„Oh, nichts“, entgegnete Bruder Paul, aber eher zu ihr als zu ihm gewandt. Wessen Gedanken entstammten wohl die üblen Beleidigungen aus jener Animation? Er verdrängte die Schlußfolgerung und wandte sich an Siltz. „Ich habe ein Problem. Wie Sie vielleicht mitbekommen haben, erlebten wir ungeheure Abenteuer in den Animationen – aber ich kann nicht behaupten, daß wir Gott gefunden haben. Aber ich möchte die Kolonie nicht gern enttäuschen. Ich bin auch nicht sicher, ob wir Gott auf diesem Wege finden werden.“
Siltz dachte nach. „Ich weiß nur wenig über Ihre Erfahrungen innerhalb der Animationen. Aber aus dem, was ich gehört habe, fanden Sie die größte Bedeutung in den persönlichen Visionen und nicht in der Religion. Kann es sein, daß Sie am falschen Ort gesucht haben?“
„Aber mein Auftrag lautet, Gott zu finden, und nicht, mich zu amüsieren.“
„Sie schienen Gott näher, als Sie den Arm um dieses Kind legten und es trösteten, als wenn Sie über Religion sprachen!“ Siltz warf einen kurzen
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