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Die Visionen von Tarot

Die Visionen von Tarot

Titel: Die Visionen von Tarot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Piers Anthony
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Blick auf Ca­ro­lyn, die nun auf ei­nem Ses­sel saß. „Sie schläft.“
    So war sie! In ei­nem Au­gen­blick dis­ku­tier­te sie die hef­tigs­ten Schimpf­wör­ter mit ihm, im nächs­ten war sie ein­ge­schla­fen. Er­wach­se­ne ver­lo­ren meist die­se Fä­hig­keit, was sie zu bes­se­ren Au­to­fah­rern mach­te, aber auch we­ni­ger aus­dau­ernd. „Sie hat ei­ne lan­ge, schwe­re Zeit hin­ter sich“, stimm­te Bru­der Paul zu. „Wie kann ich Gott fin­den, wenn ich mei­nem Wunsch nach ei­nem Kind nach­hän­ge?“
    „Sie ha­ben mir ver­deut­licht, wie ich mein Haus bes­ser hei­ze, in­dem ich we­ni­ger hei­ze. Viel­leicht wer­den Sie Gott fin­den, wenn Sie ihn in sich sel­ber su­chen. Sie müs­sen glau­ben, daß Sie wür­dig sind, über Gott zu ur­tei­len!“
    „Das wer­de ich nie­mals glau­ben! Ich bin ein­fach nicht wür­dig, über Gott ein Ur­teil zu fäl­len. Ich ha­be die Ab­grün­de des Las­ters in mir ken­nen­ge­lernt, die mich un­fä­hig ma­chen, ir­gend je­man­den zu be­ur­tei­len! Ich …“ Hier brach Bru­der Paul ab. „Da­her kann ich die­sen Auf­trag nicht wei­ter­füh­ren. Ich weiß, daß ich nicht …“
    „Aber was kön­nen Sie denn fin­den?“
    „Sa­tan“, ent­geg­ne­te Bru­der Paul düs­ter. „Wir er­leb­ten ei­ne kur­ze Vi­si­on der Höl­le, ehe wir wie­der auf­tauch­ten. Ich su­che Gott … aber ich fürch­te, mei­ne Na­tur ist der des Teu­fels ähn­li­cher.“
    „Ist Sa­tan nicht auch ein Gott?“
    Bru­der Paul starr­te ihn an. „Sie mei­nen … ich sol­le nach Sa­tan su­chen?“
    „Das ver­mag ich nicht zu be­ant­wor­ten. Ich weiß le­dig­lich: Als ich mir den klei­nen Teu­fel, der mei­nen Sohn ver­folgt, lan­ge ge­nug an­ge­se­hen hat­te, emp­fand ich be­stimm­te Ge­füh­le für ihn. Ich sah, wie sanft die Frau mit dem Kind um­ging. Als ich al­so den Teu­fel be­trach­te­te, saß ich vor ei­nem En­gel. Ich glau­be nicht an Ih­ren Sa­tan … aber es ist mög­lich, daß auch er sei­ne Ver­diens­te hat. Viel­leicht er­scheint er nur als so bö­se, weil wir ihn nicht gut ge­nug be­grei­fen?“
    Bru­der Paul schritt in dem klei­nen Raum auf und ab. „Ir­gend­wie den­ke ich an die Kar­te ‚Mä­ßi­gung’ beim Ta­rot. Ei­ne Frau gießt Was­ser aus ei­nem Krug in einen an­de­ren, als wol­le sie es mit Sau­er­stoff an­rei­chern und er­neu­ern. Wenn man ei­ne See­le von ei­nem Kör­per in den an­de­ren über­trägt, trans­fe­riert man ei­ne Per­son von ei­nem Le­ben in ein an­de­res. Viel­leicht von der Er­de in die Höl­le. Und Sie … Sie trans­fe­rie­ren mei­ne Stoß­rich­tung von ei­ner Rich­tung in die an­de­re. Viel­leicht klappt es mit Hil­fe der Prä­zes­si­on.“
    „Wir müs­sen al­le dort su­chen, wo wir fin­den müs­sen“, stimm­te Siltz zu. „Und tun, was wir tun müs­sen. Ei­ni­ge rich­ten sich nach dem Gol­de aus, an­de­re nach der Bi­bel – aber wer will schon sa­gen, was rich­tig ist und was falsch – oder ob es so et­was wie rich­tig und falsch über­haupt gibt? Of­fen­sicht­lich be­sitzt der Him­mel mehr Vor­tei­le als die Höl­le – aber was of­fen­sicht­lich ist, muß nicht im­mer stim­men.“
    Nach­denk­lich nick­te Bru­der Paul. Er dach­te dar­an, wie der rie­si­ge Sa­tan aus Dan­tes In­fer­no ihm zu­ge­zwin­kert hat­te. Si­cher­lich war das ei­ne un­voll­stän­di­ge und plat­te Vor­stel­lung von Sa­tan, ei­ne, die man hin­weg­la­chen konn­te – und ge­nau das hat­ten sie ja auch ge­tan. Er war mehr oder min­der Zu­schau­er in dem Spiel um Lees Qua­len ge­we­sen. Die­ses Mal wür­den die Qua­len aber Paul selbst be­tref­fen.
    Doch als er so dar­über nach­dach­te, schi­en es ihm zu­neh­mend not­wen­dig. Er hat­te ver­sucht, die Göt­ter an­de­rer von ei­nem ob­jek­ti­ven Stand­punkt aus zu prü­fen, und war ge­schei­tert, weil er nicht ge­nug über sie wuß­te. Er hat­te ver­sucht, sei­ne christ­li­che Re­li­gi­on zu über­prü­fen und war wie­der­um ge­schei­tert. Die letz­te Ant­wort lag wohl in ihm selbst – und wenn er sich sel­ber er­ken­nen woll­te, dann muß­te er sich den Prü­fun­gen stel­len. Nur dann wür­de er sei­ne Fä­hig­keit be­wei­sen, Gott zu be­ur­tei­len. Wie sich Lee der Prü­fung in der Höl­le

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