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Die Voegel der Finsternis

Titel: Die Voegel der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victoria Hanley
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Königreich benötigt werden. Doch seitdem König Landen befohlen hat, auch in den anderen Königreichen nach Begabten zu suchen, werden es sicherlich bald mehr werden. Dorjan, der junge Mann aus Emmendae, ist unser erster ausländischer Schüler." Torina musste sich bemühen, nicht wie die stolze Gattin des Königs zu sprechen. „Wann bekommen die Neuen ihre Gaben genannt und wann beginnt der Unterricht?", fragte sie.
    „Morgen fängt der Unterricht an. Ellowen Renaiya wird ihnen bald ihre Gaben nennen."
    Torina blickte zu den im weiten Kreis angeordneten Hallen hinüber, dann zu dem nahen Wald dahinter. Dort, inmitten der Bäume, bemerkte sie ein kuppelförmiges Gebäude, das etwas kleiner als die Hallen war. Die Farben seiner bunten Glasfenster waren von ungewöhnlicher Reinheit, wie aus kostbaren Juwelen geschnitten. „Und dieses Gebäude", fragte sie und zeigte dorthin, „welches Fach wird dort unterrichtet?" Und warum habt Ihr es uns nicht gezeigt? „Das ist das Grenzhaus, gnädige Frau. Es ist nur den Ellowen zugänglich und den Draden, die es reinigen." „Was bedeutet Grenzhaus?"
    „Verzeiht, aber das kann ich Euch nicht erklären. Es hängt mit unserer Arbeit dort zusammen." „Dann mögt Ihr mir vielleicht die Titel erklären, die hier gebräuchlich sind? Dra, Draden ... Ellowen?" „Dra bezeichnet einen Draden in Ausbildung. Die Schüler mit Heilergaben heißen erst Novizen. Wenn sie fortgeschritten sind, werden sie Lowen genannt. Ein Lowen hat bereits eine mehrjährige Ausbildung hinter sich und kann schon anfangen, andere zu heilen. Ein voll ausgebildeter Lowen ist ein Meisterheiler." „Und ein Ellowen?"
    Ellowen Mayn zögerte. „Ellowen haben die Ellowenweihe erfahren." „Ellowenweihe?"
    „Die Liebe, die uns alle eint." Da sie schwieg, fuhr er ruhig fort: „Die Ellowenweihe kann nicht verliehen werden, man kann sich aber darauf vorbereiten." „Dann kann sie also nicht jeder erlangen?" „Doch. Aber nicht jeder möchte es."

 
6
    Hester, die Oberdradin der Burg der Heiler, stand in ihrem feinsten Gewand am sauber gefegten Kamin des Ratszimmers und schäumte vor Wut. Torina, die eingeheiratete Königin Bellandras, Tochter des verhassten Eroberers Kareed, hatte offiziell um eine Unterredung mit dem Rat der Burg gebeten. Der Königin konnte ein solcher Wunsch nicht verweigert werden, obgleich Eltern sonst nie Gelegenheit bekamen, mit dem Rat zu sprechen.
    Hester sah finster auf Ellowen Renaiya. Niemals würde sie verstehen, wie diese schwächliche Frau in den Rat aufgenommen werden konnte. Renaiya diente dem Rat erst seit drei Monaten, seit dem Tod der ehrwürdigen Ellowen Tays.
    Renaiya gegenüber stand Ellowen Desak, der berühmte Erste Aviener. Er war nahezu kahl, aber seine Haut war zart wie die eines Jünglings, und sein ewiges Lächeln trieb Hester regelmäßig zur Raserei. Die Ellowen schienen das Anliegen der Königin mit Gelassenheit zu nehmen. Es schien ihnen nichts auszumachen. Warum auch? Sie, die bedeutenden Ellowen, hatten die Burg auch nicht zu verwalten, hatten nicht dafür zu sorgen, dass jeden Tag frische Mahlzeiten auf den Tisch kamen, die Schüler eingekleidet wurden, das Krankenhaus betreut, die Gärten gepflegt und die Gebäude gereinigt wurden. Nein, diese Arbeit oblag den Draden. Die Stunde der Unterredung war gekommen. Die Königin würde sich über die Art ihres Empfangs nicht beschweren können - das Ratszimmer war wie immer makellos sauber und geschmackvoll hergerichtet. Aus der Vorhalle war nun die Stimme des Gastes zu hören, sie sprach mit Dra Jem. Dann kam sie ohne ihn herein und schloss die Tür hinter sich. Erstaunt sah Hester sie an. Die Königin von Bellandra trug eine Bluse und einen Rock von schlichtem Äußeren, dazu ein passendes Kopftuch. Als sie sich dem Rat näherte, streifte sie das Kopftuch ab und entblößte ihr rotes Haar, das wie eine Krone um ihren Kopf geflochten war. Sie trug weder Schmuck noch Seide oder sonst etwas, das ihren Stand oder ihr auffallend hübsches Gesicht betonte. Hester hätte sich nicht gewundert, wenn sie sich verneigt hätte.
    Doch soweit ging die Königin nicht. „Guten Abend", sagte sie, „ich danke, vom Rat empfangen zu werden."
    Hester verneigte sich missmutig. „Verzeiht meinen Aufzug", fuhr die Königin fort. „Wie der König Euch mitteilte, möchte unsere Tochter ihre königliche Herkunft während ihres Aufenthalts hier
    verborgen halten. Nur die drei Mitglieder des Rats wissen, dass Sara in Wirklichkeit

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