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Die Vogelfrau - Roman

Die Vogelfrau - Roman

Titel: Die Vogelfrau - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Blatter
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rascher, er schnarchte nicht mehr, sondern gab jappende Geräusche von sich. Meyer holte ein Schokoladenbonbon aus der Kitteltasche und wickelte es langsam aus. Churchill begann zu schmatzen.
    »Komm schon, alter Junge«, lockte ihn Meyer. Ein leichter Schokoladenduft überlagerte die chemischen Ausdünstungen des Labors. Mit Todesverachtung, ohne Bloch und Cenk auch nur eines Blickes zu würdigen, rollte sich Churchill herum und nahm gnädig das Bonbon aus Meyers Hand entgegen.
    »Toll, Herr Meyer. Sie können wirklich mit Hunden umgehen.« Bloch hoffte, dass es nicht zu ironisch klang.
    Meyer hastete zurück zur Kamera.
    »Ich habe selber einen, Herr Bloch«, antwortete er und kontrollierte die Blende. »Und zwar einen Dackel, der hat auch so einen miesen Charakter. Praktisch nicht erziehbar. Kann man nur bestechen. – Ja, so ist es gut. So muss er einen Moment stehen bleiben.« Churchill wandte sein schokoladenfarbenes Gesicht hochnäsig zur Kamera. Meyer betätigte den Auslöser.
    »Sehr schön. Am besten noch mal.«
    Churchill hielt still. Er hatte das Schokoladenbonbon nicht auf einmal verschlungen, sondern lutschte immer noch daran herum.
    Churchill war ein Genießer.
    Churchill war korrupt.
    Aber das war ja nichts Neues.
    »Sollen wir ihn abwaschen, Chef?« Cenk betrachtete nachdenklich den Hund, der, nachdem die Deckenbeleuchtung wieder eingeschaltet war, seine normale, cremeweiße Färbung angenommen hatte.
    »Ich glaube, das besorgt der selber«, sagte Bloch und wie auf Verabredung fing Churchill an, sich abzulecken.
    »Das Zeug ist übrigens nur schwach giftig«, meinte Meyer, während er damit beschäftigt war, die Bilder auszudrucken.
    »Das ist wirklich wie Zauberei«, bemerkte Cenk und nahm ein Foto aus dem Drucker. »Auch wenn man genau weiß, dass nur ein wenig Chemie dahinter steckt. Der Effekt ist einfach toll.«
    Bloch nahm ihm das Bild aus der Hand und legte es auf den Tisch. »Scheint so, dass die Löble zu guter Letzt doch recht behält«, brummte er.
    Cenk brachte die restlichen Bilder.
    »Wenn der Hund rechts neben Hoffmanns Stuhl gelegen hat, als der Mörder den Raum betrat, dann hat er folgerichtigerweise das meiste Blut links abbekommen.«
    »Wenn er sich nicht bewegt hat, Chef.«
    »Ja, richtig, wenn er sich nicht bewegt hat. Aber wir haben eben selber bemerkt, wie schwierig es ist, dieses Tier in Bewegung zu setzen, oder?«
    »Richtig. Wahrscheinlich hat er den Mord sowieso verschlafen.«
    Churchill hörte einen Moment mit Schlecken und Lutschen auf und schaute aufmerksam von einem zum anderen, ganz so, als könnte er dem Gespräch folgen.
    »Ich darf doch?« Bloch setzte sich an Meyers Computer.
    »Sicher, jederzeit. Sie wollen den Ablauf rekonstruieren?«
    »Genau.«
    Bloch zog eine CD-Rom aus der Jackentasche. Hier waren die Ergebnisse der dreidimensionalen Tatortrekonstruktion gespeichert. Er schob die silberne Scheibe in das Laufwerk und wartete. Der Bildschirm flackerte und forderte dann sein Passwort. Bloch tippte ›EHRLICH01‹ und im Laufwerk begann es, leise zu surren. Das Bild baute sich auf. Es war unverkennbar Hoffmanns Büro. Obwohl digitalisiert und vereinfacht, wirkte es immer noch unaufgeräumt, überladen und chaotisch.
    »Gehen wir mal von der Eingangstür aus«, sagte Kommissar Bloch und bewegte den Mauszeiger. Die Perspektive veränderte sich entsprechend. »Dieser Anblick muss sich in etwa dem Mörder geboten haben, als er den Raum betrat«, erklärte Bloch.
    »Und der Hund?« Cenk schaute ihm gebückt über die Schulter, zog sich dann aber einen Stuhl heran. Bloch rückte zur Seite, sodass sie gemeinsam vor dem Monitor saßen. Meyer beobachtete die beiden aus einiger Distanz. Churchill setzte sich neben Meyer und schaute flehend.
    »Nichts da, alter Freund«, sagte Meyer und zeigte seine leeren Hände. »Ich habe nichts mehr für dich.«
    »Also, der Täter steht hinter Hoffmann und spaltet ihm den Schädel. Hoffmann hat wahrscheinlich keinen Muckser mehr gemacht. – Und jetzt der Hund. Probieren wir mal aus, in welcher Position er sich wohl befunden hat.« Ein paar rasche Mausklicks und die Gestalt eines Hundes erschien auf dem Bildschirm. Es war ein schematisierter Normhund, eckig, aus Kuben und Rhomben aufgebaut und deutlich schlanker als Churchill. Irgendeine Promenadenmischung mittlerer Größe.
    »Die Beine, Chef. Wir müssen die Beine noch kürzen. Moment mal.« Cenk griff über Blochs Arm hinweg und zauberte ein wenig auf dem Bildschirm herum. Der Hund

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