Die Vogelfrau - Roman
...« Meyer wand sich. »Piefke. Sie müssen nämlich wissen ...« Bloch und Cenk prusteten gleichzeitig los. Meyer war richtig beleidigt. »Ach, was solls. Tut auch nichts zur Sache. Also, der Hund schüttelt sich und was weiter?«
Er würdigte den Bildschirm keines Blickes, ging in die Knie und zupfte Churchill am Ohr. »Schau mal, was ich hier habe«, flüsterte er verschwörerisch und fummelte ein Schokoladenbonbon aus der Hosentasche.
Offenbar hatte Meyer einen guten Draht zu Hunden mit schlechtem Charakter. Wenn der weiter so mit Schokolade um sich wirft, dachte Bloch, dann wird Churchill mich sitzen lassen. Er verspürte einen deutlichen Stich von Eifersucht.
»Ich habe eine Idee, Chef. Wir müssen lediglich die Körperhaltung der Löble ändern.« Wieder griff Cenk über Blochs Arm hinweg nach der Maus. Und wieder ärgerte sich Bloch darüber – und sagte nichts.
»Genau so.« Cenk hatte die Figur der Löble in eine kniende Position gebracht. »So dürfte es stimmen.«
Meyer war von hinten an sie herangetreten.
»Ja«, meinte er bedächtig und wiegte den Kopf hin und her. »So könnte es tatsächlich gewesen sein. Der Hund steht halbseitlich vor ihr und schüttelt sich genau in dem Moment, in dem sich die Löble zu ihm hinabbeugt. Dann bekommt sie die volle Ladung auf den Pullover. Das erklärt auch zwanglos das feintropfige Verteilungsmuster. – Ja, in der Tat, so könnte es gewesen sein.« Meyer zog die Stirn in Falten.
Bloch sah auf die Uhr. In zwei Stunden war die Pressekonferenz angesetzt. Die Zeit lief ihnen davon.
»Dann ist die Löble also aus dem Schneider?« Cenk blickte in die Runde. »Haben wir etwa die Falsche verhaftet?«
Wieder wiegte Meyer den Kopf hin und her.
»Man muss natürlich vorsichtig sein«, meinte er. »Aber ...« Er zögerte schon wieder.
»Was ist denn sonst noch?« Blochs Stimme hatte einen gereizten Unterton. Er hatte nicht den Schimmer einer Ahnung, was er auf der Pressekonferenz sagen sollte. Dezernatsleiter Graf würde toben.
»Wie lange bleibt Blut flüssig, Herr Kommissar?«
»Keine Ahnung«, brummte Bloch. »Dafür sind Sie doch wohl der Fachmann, oder?«
»Nun ja, die Fibrinausscheidung und die Thrombozytenaggregation beginnen schon wenige Minuten nach Beginn der Blutung. Dieser Vorgang läuft teilweise auch außerhalb des Körpers ab – außer bei Menstruationsblut.«
»Das scheidet hier ja wohl ganz eindeutig aus«, murrte Bloch. »Herr Meyer, bleiben Sie doch bitte bei der Sache.«
»Fünf Minuten«, sagte Meyer. »Maximal zehn Minuten waren seit dem Mord vergangen, als die Löble mit Blut bespritzt wurde. Das ist zumindest meine erste, vorsichtige Einschätzung. Ich müsste in der Fachliteratur nachschlagen und in entsprechenden Gutachten. Vielleicht gibt es vergleichbare Fälle. Es ist, wie gesagt, eine erste Annahme.«
»Das bedeutet also«, bemerkte Cenk trocken. »Die Löble ist noch lange nicht aus dem Schneider.«
»Ja, so kann man es ausdrücken. Tut mir leid.« Meyer zuckte die Schultern.
»Aber das heißt selbstverständlich auch«, sagte Bloch, der die ganze Zeit nachdenklich auf den tief schlafenden Churchill gestarrt hatte, »dass die Löble unter Umständen sogar dem Mörder begegnet ist, als sie das Museumsgebäude betreten hat. Das muss ja unmittelbar nach dem Mord gewesen sein. Es gibt eigentlich nur diese beiden Möglichkeiten: Entweder war sie es selber oder sie hat noch etwas mitbekommen.«
»Der Türke«, meinte Cenk nachdenklich. »Ich meine, der Mann vom Reinigungsdienst. Der heißt Özdemir, ist aber ein waschechter Deutscher«, wandte er sich erklärend an Meyer.
»Ein deutscher Putzmann, der Özdemir heißt«, wunderte sich Meyer.
»Man bekommt einen deutschen Pass, wenn man nur lange genug hier ist«, brummte Bloch und klickte auf dem Bildschirm herum.
Cenk schwieg.
»Hat er denn ein Motiv – dein deutscher Türke, meine ich. Cenk, ich spreche mit dir. Gibt es irgendwelche Verdachtsmomente?«
Cenk schüttelte den Kopf. »Er ist zwar ein schräger Vogel, aber auf den ersten Blick kommt er eher nicht in Frage. Aber man weiß nie.« Wieder zuckte er die Schultern. »Er sagte lediglich, dass er das Büro der Löble an diesem Tag ganz besonders gründlich putzen wollte und deshalb länger geblieben ist.« Cenks Gesicht hellte sich auf: »Jetzt fällt es mir wieder ein. Er sagte, Professor Hoffmann habe sich in seinem Büro eingeschlossen und wollte nicht gestört werden.«
»Das wird ja immer undurchsichtiger.« Bloch
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