Die Vogelkoenigin
Labyrinth, und Laura hörte zwischen den kurzen Pausen das schrille Wiehern der Pferde. Selbst für Elfentiere war das zu viel.
Da ihre Deckung ohnehin hinüber war, schlüpfte Laura geduckt auf den Hauptweg zurück, um mitzubekommen, was vor sich ging. Sie sah, wie sich die Soldaten weiter zwischen den Felsen verstreuten; einer war sicher auf dem Weg zu den Pferden, um sie zu beruhigen. Sie konnten es sich nicht leisten, sie zu verlieren.
Falls nicht alles Makulatur wird, dachte Laura. Sie spähte durch Felsenlücken nach oben. Was genau macht er da eigentlich? Er kann es nicht riskieren, tiefer gehende Treffer zu erzielen, weil ich dann möglicherweise dabei draufgehe. Also will er uns raustreiben - aber das wird ihm nicht gelingen!
Eine Pause trat ein; offenbar war Fokke die Munition ausgegangen. Was immer er da abgefeuert hatte, es hatte einen gewaltigen Durchschlag. Die letzten Echos verklangen, und Laura hörte die Schreie der Pferde wie durch Watte; sie war halb taub von dem Getöse und schüttelte leicht den Kopf.
Sie sah, wie Nidi zu Zoe lief und mit seinen Händchen auf ihre Arme patschte, bis sie endlich den Kopf hob. Er sagte wohl etwas, aber Laura konnte außer einem weit entfernten Piepsen nichts verstehen.
Auf einmal spürte sie Arme um sich und empfing Milts männlichen Geruch. »Laura, ist alles in Ordnung?«
Sie bewegte nickend den Kopf; ihr war schwindlig, und ihre Beine waren wie Pudding. Sie fror innerlich und fühlte, wie sich die schwarzen Flecken weiter ausbreiteten und sie ... einengten.
Nichts anmerken lassen. »Bin nur halb taub von den Einschlägen«, antwortete sie, immer noch wie durch Watte, aber ein bisschen besser als vorher.
Milt zog sie zu den anderen, die sich gerade unter einer dicken Felsendecke versammelten. Finn war leichenblass, so hatte Laura ihn nie zuvor erlebt.
»Wie ... wie ein Fliegerangriff«, stammelte er stockend. Er zitterte am ganzen Körper. »Und dann ... als ob ich das Pfeifen schon hören kann ...«
Prinz Laycham, nur um weniges größer als er, packte seine Schultern. »Das ist die Menschenwelt!«, sagte er eindringlich. »Komm zu dir, Mann! Hier geht’s um Magie. Wir brauchen jeden bei klarem Verstand.«
Der Nordire blinzelte, der Blick seiner verschleierten Augen klärte sich. »Hast ja recht, Prinz«, murmelte er. »Entschuldigung.«
Zoe kam als Letzte angetaumelt, dann waren sie vollzählig. Nidi sprang auf Finns Schulter. Laura fragte sich, ob er sie wohl mied. Sie rieb sich den schwarz befleckten Arm. Etwa deswegen? Ich bin nicht ansteckend.
Nein, das vielleicht nicht. Doch es war etwas in ihr, was von ihr Besitz ergreifen oder sie zerstören wollte. Wahrscheinlich störte Nidi sich daran oder es einfach nur zu spüren, war ihm unangenehm genug.
Prinz Laycham überzeugte sich davon, dass Zoe wohlauf war, dann öffnete er den Mund.
Und in dem Augenblick setzte der Beschuss wieder ein. Nur zwanzig Meter von ihnen wurde ein Fels gesprengt, der sich ein paar Meter in die Luft erhob, bevor er donnernd in Trümmern in das Loch zurückfiel.
Sie quetschten sich dicht an die Felswand; die Decke über ihnen hielt. Dröhnend brachen weitere Felsformationen zusammen, Staub wirbelte auf, Mensch und Elf hielten sich gleichermaßen die Ohren zu. Der Angriff war nur von kurzer Dauer. Der Staub rieselte in die folgende Stille herab, und die Versteckten richteten sich langsam auf.
»Was ist das, verdammt noch mal?«, stieß Milt hervor. Er rieb sich das rechte Ohr und schüttelte den Kopf. »Dynamit? Molotow? C4?«
Einer der Soldaten, der nach draußen gespäht hatte, kehrte mit etwas zurück, was er den anderen zeigte. In seiner Hand sah Laura eine glasartige Kugel, die an einer Stelle zerbrochen war; Schlieren zogen sich über das Material, aus dem Inneren quoll schwarzer Rauch. »Alles klar.«
Laycham nickte und erklärte den Menschen: »Er benutzt die zermahlenen Knochen zum Tode Verurteilter, vermischt sie mit auskristallisierter Drachenpisse und lädt die Mischung mit gefangenen Blitzen aus Magierduellen auf. Aufwendig, aber effektiv. Das Ganze in diese Kugeln verpackt, die beim Aufschlag zerplatzen und dabei die Wirkung freisetzen.«
»Eine magische chemische Reaktion.« Milt konnte sich nicht zurückhalten, er musste lachen. »Ich glaub’s ja nicht.«
»Wir haben daraus zwei Dinge gelernt«, fuhr der Prinz fort. »Aber zuerst: Nidi, was tut sich da oben gerade?«
Der Schrazel war mit einem Satz von Finns Schulter und wieselte die Felsen
Weitere Kostenlose Bücher