Die Vogelkoenigin
aufgeführt hätte. Er hätte uns verhöhnt und mit Lauras Seele vor unseren Augen herumgewedelt.«
»Da ist was dran«, mischte sich der Prinz ein. »Und ich glaube, er würde in dem Fall umgehend die Geschützluken öffnen und alles auf uns runterwerfen, was er hat.«
»Um uns plattzumachen. Ganz genau.«
Zoe drehte den Kopf zwischen Nidi und Laycham hin und her. »Ihr meint, es ... es besteht wirklich noch ... Hoffnung?«
»Das ist Innistìr, Mädel«, sagte der Schrazel. »Hier stirbt niemand so leicht, der nicht schon ein paar Wochen gegen alle Prüfungen und Widerstände durchgestanden hat. Schau dich an.«
Zoe legte die Hände an ihr Gesicht - vielmehr an die Maske, und sie fluchte leise. Doch sie fasste sich schnell. »Wenn das wahr ist ...«, wisperte sie mit neu aufkeimender Hoffnung in der Stimme, »dann ... dann will ich ...«
»Achtung!«, warnte Laycham. »Verkünde nichts, was du bereuen könntest. Dies hier ist die Anderswelt, da haben gesprochene Worte eine Bedeutung, und zwar immer. Hier sagt man nichts einfach so dahin.«
»Dann werde ich dankbar sein, wenn Laura und Milt wieder bei uns sind, und darauf hoffen, dass wir das restliche Abenteuer ebenfalls überleben«, äußerte Zoe in einem Wortschwall und nickte heftig. »Wie war das?«, fragte sie, an den Prinzen gewandt.
»Das war gut.« Er klang amüsiert.
»Da draußen tut sich was!«, zischte einer der Bogenschützen von oben herunter.
Finn, Zoe, der Prinz und Birüc näherten sich dem Ausgang, soweit sie es wagen konnten. Von hier aus hatten sie einigermaßen Sicht nach draußen.
Leonidas hatte seine Schar angehalten, die so weit auf Abstand blieb, dass sie keine Pfeile mehr erreichen konnten. Er selbst, durch den Federbusch auf seinem Helm klar auszumachen, stieg ab und kam auf sie zu. Auch von hier war zu erkennen, dass er größer und muskulöser war als seine Untergebenen, ein aufrecht gehender Löwe mit goldenem Fell unter der Lederrüstung. Er nahm den Helm ab, und ein raubkatzenhaftes Gesicht, umrahmt von einer kräftigen Mähne, wurde sichtbar. Es hatte aber auch etwas Menschliches an sich.
»He, ihr da drin!«, rief er mit weithin hallender raukehliger Stimme. »Ich bin Leonidas, Hauptgeneral von Morgenröte, des Herrschers Alberich, des Herrn von Innistìr. Ich bin hier in seinem Auftrag. Ergebt euch, und euch wird nichts geschehen.«
Prinz Laycham legte den Finger an den Mundschlitz seiner Maske. Niemand rührte sich, keiner gab Antwort.
Der Löwenköpfige scharrte mit dem Stiefel im Sand. »Ihr seid sehr unvernünftig, wenn ihr nicht nachgebt. Wir werden euch rausholen, einen nach dem anderen, und euch wird kein erfreuliches Schicksal erwarten. Dabei wäre es sehr einfach. Ich bin nur an den Reinblütigen interessiert, an Laura, Finn und Miltonkiien.«
»Die ist ja inzwischen begehrter als ich«, meinte Zoe in verzweifeltem Galgenhumor. »Langsam werde ich eifersüchtig.«
»Er weiß meinen Namen«, stellte Finn stolz fest.
Leonidas fuhr unterdessen fort: »Diese drei will ich in jedem Fall lebend, denn sie sollen nach Morgenröte gebracht werden, zu einer Unterredung mit dem Gebieter Alberich. Die anderen können gehen, an ihnen bin ich nicht interessiert.«
»Er mag Alberich nicht«, bemerkte Nidi. »Er zieht ein Gesicht, als wolle er jeden Moment einen Haarball auswürgen.«
»Klingt ganz nett«, sagte Zoe. »Ich und die Prinzengarde können abhauen, und Finn muss halt für alle geradestehen.«
Prinz Laycham, der es noch nicht gelernt hatte, ihren Humor zu erkennen, sagte warnend: »Keinesfalls darf er herauskriegen, dass Laura und Milt nicht mehr bei uns sind. Das würde alles nur verschlimmern, denn er könnte in seinem Zorn, versagt zu haben, ein Massaker veranstalten.«
»Vor allem in Hinblick darauf, was Alberich mit ihm macht, wenn er mit leeren Händen zurückkommt.« Finn fuhr sich durch die blonden Haare.
»Wir wollen aber nicht so naiv sein und annehmen, dass Leonidas uns einfach gehen lässt, sobald Finn sich ihm ausliefert«, sagte Birüc mit einem Blick auf Zoe.
»Ich wünschte, du könntest sehen, wie ich gerade meine Augen verdrehe«, unterbrach Zoe. » Natürlich lässt er uns nicht gehen! Ich bin zwar naturblond, aber nicht bescheuert. Wir haben ihm einen Haufen Mühe bereitet, da will er einen gerechten Ausgleich. Außerdem kann er es nicht riskieren, dass der Widerstand gegen Alberich wächst - und wir ihnen unter Umständen nachfolgen, um Laura, Milt und Finn rauszuhauen.«
»Kluges
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