Die Vogelkoenigin
jungen Jahren verwöhnt gewesen, man hatte ihrer Schönheit gehuldigt, sie konnte sich Schmuck und teure Kleidung leisten und war viel gereist. Laycham war prinzipiell reich, wenn sein Vater nicht alles horten würde, aber gesehen hatte er trotz der Ausflüge wegen einer neuen Gesandten kaum etwas von Innistìr, und seiner Schönheit huldigte garantiert niemand.
Allerdings ... dieser General da draußen ... Es hatte Achtung in seiner Stimme geklungen, als sie sich vorhin unterhielten. Wobei das nicht viel half. Leonidas würde ihn vielleicht mit Bedauern umbringen - das Ergebnis jedoch bliebe das gleiche.
Im Grunde blieb nur eine einzige Möglichkeit. Sie schlichen sich in der Nacht hinaus wie geplant - und griffen Leonidas’ Lager an. Vielleicht gelang es ihnen, so viele Soldaten zu töten, dass die anderen sich zurückzogen, und sie konnten ungehindert mit den Menschen gehen.
Oder sie würden einen heldenhaften Tod sterben und so viele Gegner wie möglich mitnehmen. Die Menschen konnten derweil in der anderen Richtung fliehen.
Nur, was war, wenn der Schutz, der Leonidas und seine Männer umgab, so weitreichend war, dass sie ihn überhaupt nicht durchdringen konnten? Galt der denn nur gegen Barend Fokke oder auch gegen jeden anderen? Einige seiner Männer waren verletzt worden im Kampf gegen den Seelenfänger und mussten sich erholen. Wirkte sich dieser Schutz nur bei Heimtücke aus? Dann hätten sie den Kampf schon verloren, noch bevor sie ihn begonnen hätten.
Es gibt keinen Ausweg, dachte Laycham und konnte Birüc verstehen. Sein Hauptmann zweifelte nicht an ihm, aber er sah keinen Ausweg.
Ich muss endlich etwas tun!, rief er sich zur Ordnung. Zoe erwartet es von mir und meine Männer ebenfalls. Bin ich ein Prinz oder nicht? Es ist meine Pflicht, einen Ausweg zu finden!
Zoe ließ sich hinplumpsen, wo sie gerade gegangen war. »Ich kann nicht mehr, Finn«, beklagte sie sich. »Wir haben jeden Stein umgedreht. Ich brauche eine Pause.«
»Willst du aufgeben?«, fragte der Nordire und kehrte zu ihr zurück.
Ihre blauen Augen funkelten ihn durch die Schlitze der Maske hindurch an. »Ich sagte, ich brauche eine Pause«, wiederholte sie streng. »Ich werde danach weiter nach Laura suchen, weil ich sicher bin, dass sie hier irgendwo ist. Richtig, Nidi?«
»Richtig«, bestätigte der Schrazel. »Es kann sein, dass sowohl Milt als auch Laura durch einen Zauber verborgen sind, der sich hierher verirrt hat. Ausgelöst durch Fokkes Beschuss, gefangen durch die Neuordnung des Labyrinths.«
Finn starrte ihn an.
»Was ist? Hast du vergessen, wo du dich befindest? So selten kommt das gar nicht vor. Die Anwesenheit des Fliegenden Holländers bewirkt einiges - und nichts Gutes. Ich halte es für möglich, dass die zwei in einer Spirale oder so gefangen sind und deshalb nicht zu uns finden beziehungsweise wir nicht zu ihnen.«
»Gibt es dann überhaupt Hoffnung?«, fragte Zoe erschrocken.
Nidi nickte. »Ja, denn so ein verirrter oder gefangener Zauber hält nicht lange vor. Es kann nur noch Stunden, höchstens einen Tag dauern.«
»Und wenn sie schwer verletzt sind? In Lebensgefahr?«, rief Finn. »Deine Ruhe möchte ich haben, Nidi!«
»Es wird schon gut gehen«, versicherte der Schrazel. »Vertrau einfach darauf. Ich kann es dir nicht erklären, aber ich habe ein gutes Gefühl in Bezug auf die beiden. Insofern, als sie den Umständen entsprechend wohlauf sind. Zwerge haben ein untrügliches Gespür für so was, und ich bin Laura sehr verbunden.« Er musterte Finn von unten herauf. »Du glaubst mir nicht, was?«
»Ich glaube dir«, sagte Zoe. »Weil ich es muss.« Sie stand auf. »Es wird dunkel, wir sehen sowieso bald nichts mehr. Ich gehe jetzt zu Laycham zurück und werde schlafen, karg und darbend.«
Finn legte den Arm um ihre Schultern und drückte sie an sich. »Sei nicht traurig, Zoe. Wir werden Laura finden.« Er stutzte, dann bemerkte er grinsend: »Irgendwie habe ich jetzt ein Déjà-vu, bloß mit vertauschten Namen.«
»Es ist zu bescheuert«, murmelte Zoe und schniefte.
»Ich bin sicher, Milt hat sie schon gefunden und passt auf sie auf. Es dauert eben manchmal nur ein wenig länger, bis man wieder zurückfindet.«
»Wem sagst du das?«
Die Dunkelheit kam jetzt schnell, und sie beeilten sich, zu den anderen zurückzukehren. Birüc hatte etwas zu essen und zu trinken für sie bereit, was sie dankbar annahmen. Gleichzeitig klärte er sie über die aktuellen Entwicklungen auf.
Einer der Soldaten
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