Die Vogelkoenigin
Sie sich an etwas erinnert, was Sie vielleicht so sehr erschreckt hat?«
»Ich weiß es nicht mehr. Es ist ... alles weg, wie weiß gestrichen. Am besten schlafe ich weiter, vielleicht ist dann morgen früh alles wieder da.«
»Ich komme Sie wecken und messe noch einmal Ihre Temperatur, aber ich denke, Sie sind übern Berg. Schlafen Sie gut.«
Das Licht wurde gelöscht, die Tür geschlossen. Nach einer Weile schälten sich Konturen aus dem Dunkel heraus, durch das Fenster fiel das matte Licht einer Laterne herein.
Laura saß eine Weile in der Dunkelheit mit klopfendem Herzen. Sie hatte nicht geträumt, dessen war sie sicher. Sie hatte auch gesehen, dass ihre Male immer noch da waren, und sie konnte spüren, wie es sich unter ihrer Haut bewegte. Sie nannte nicht seinen Namen, sie weigerte sich. Wenn es einen Namen bekam, musste sie akzeptieren, dass es Besitz von ihr ergriffen hatte, und das würde sie nicht, niemals.
Ich jage dich raus aus mir, dachte sie, von plötzlicher Wut erfüllt. Egal, was du in mich hineinpflanzt und mich damit vergiftest. Du kriegst mich nicht!
12
Grond oder nicht Grond,
das ist hier die Frage
Z u-gleich! Zu-gleich!«
Der rhythmische Klang drang von außen herein, darauf folgten dann ein Stöhnen und Keuchen, das Stampfen von Stiefeln, und wieder rückte der Stein um ein winziges Stückchen nach innen. Bald würden die Angreifer einen Spalt finden, von dem aus sie dann Hebel ansetzen konnten.
»Dass sie so viel Kraft auf wenden können ...«, murmelte Birüc beunruhigt.
Sie hatten bereits überlegt, mehr Steine zum Verbarrikadieren zu benutzen, aber genau genommen sperrte das nicht nur die anderen aus, sondern sie auch ein. Bei einem neuerlichen Angriff des Seelenfängers könnten sie dann nicht mehr fliehen. Einen Stein konnten sie relativ schnell beiseiteschaffen, mehrere aber nicht mehr. Gewiss erwartete sie der Feind auf der anderen Seite, wenn sie das täten, aber lieber in der Schlacht sterben als von Trümmern erschlagen werden.
»Diese Männer da draußen könnten wir gut gebrauchen, um Dar Anuin zurückzuerobern«, stellte der Prinz fest. »Ich wünschte, ich könnte mit Leonidas verhandeln, aber ich fürchte, er würde mir den Kopf abschlagen und mir erst danach zuhören.«
»Der General ist von Alberich abhängig«, brummte Birüc. »Wenn er ihm gegenüber nicht loyal wäre, aus welchen Gründen auch immer, hätte er uns längst Fokke überlassen und wäre abgezogen. Er weiß genau, dass er hier nichts gewinnen kann, wenn es ihm nicht gelingt, uns innerhalb von höchstens zwei Tagen auszuheben. Also gibt es wohl keinen Weg zu einer Einigung, Herr.«
»Ich könnte ihm Reichtümer bieten.«
»Ich glaube, das ist ihm egal.«
»Ich könnte ihm ... Ach, vergessen wir es.« Prinz Laycham winkte ab. »Anscheinend gibt es keine richtige Seite in unserem Kampf, hm, Birüc?«
»Außer unserer. Rund fünfundzwanzig Mann sind nicht schlecht, mein Prinz.«
»Ja, für Zeremonien.« Laycham legte versöhnlich die Hand auf Birücs Schulter. »Ich weiß, dass ihr die besten Männer seid und jeder von euch kämpft für drei. Aber die da draußen kämpfen für fünf, mindestens, und sie sind zudem doppelt so viele wie wir.«
»Und sie kommen gleich rein.« Der Hauptmann rannte nach hinten. Gleich darauf kehrte er mit drei Männern zurück, die kräftigsten, die er gefunden hatte. Er hätte lieber mehr mitgebracht, aber so viel Freiraum hatten sie nicht.
»Mein Prinz, du behältst die da draußen im Auge.« Er gab den Schützen leise Befehl, darauf zu achten, falls sich der Feind entfernte. Dann sollten sie sofort schießen - und treffen! Allzu viele Pfeile und Speere hatten sie nicht mehr, die sie verschleudern konnten.
Birüc stellte sich zusammen mit den drei Männern an den Felsbrocken. Gemeinsam warteten sie das Kommando des Generals ab, das dumpf hereinschallte, um sich gewaltig gegen den Druck von außen zu stemmen. Ihre Muskeln spannten sich mächtig an, und sie schwitzten und stöhnten nicht weniger als die Männer draußen.
Leonidas brach sofort ab, als er bemerkte, dass es nicht mehr weiterging. »Hört auf«, sagte er zu seinen Männern. »Sie sind endlich auf die Idee gekommen, uns Gegendruck zu geben.«
»Was heißt endlich?«, kam es von etwas weiter oben zurück. »Wir haben euch erst mal ordentlich schwitzen lassen, nun sind wir schön ausgeruht, wohingegen ihr allmählich aus der Puste seid.«
Leonidas trat zurück und sah blinzelnd nach oben. Das
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