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Die Vogelkoenigin

Titel: Die Vogelkoenigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Schwartz
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hatte eine Fackel gebastelt und entzündet, sodass sie ein wenig Licht hatten.
    Zoe kletterte zu Laycham hinauf, der seinen Posten nicht verlassen hatte. Durch den schmalen Spalt war ein Blick auf das Lager der Löwenkrieger möglich, die ebenfalls mehrere Feuer entzündet hatten und sich als dunkle Schatten zwischen den flackernden Lichtscheinen bewegten.
    »Ich habe Angst«, gestand sie.
    »Dazu haben wir alle Grund genug.« Laycham deutete nach oben. »Ich habe keine Ahnung, wo Fokke sich befindet, es ist einfach zu dunkel. Das Schiff ist zwar noch dunkler als der Himmel, doch anscheinend hat es sich ein gutes Stück entfernt. Wahrscheinlich unternimmt der Kapitän morgen einen erneuten Anlauf, um uns den Garaus zu machen, und zwar endgültig.«
    Zoe tastete die Felsen ab und stellte fest, dass diese Nische hier groß genug und so gut war wie der Boden unten. »Willst du die ganze Nacht Wache halten?«
    »Ich kann bestimmt nicht schlafen. Ich schlafe sowieso nie sehr viel.«
    »Vor allem nachts, wenn du durch dein Schloss geisterst und heimlich nackte Frauen betrachtest.«
    »Ja, das stimmt.«
    Zoe gab es auf. Er würde weder schlagfertig werden noch den richtigen sense of humor erlernen. Laycham war naiv und unbedarft, unberechenbar und launisch zugleich. Er besaß bei seinen Leuten unangefochtene Autorität und gab Befehle, ohne lange zu überlegen, war ihr gegenüber aber oft verunsichert.
    »Darf ich hier bei dir bleiben?«
    Er wandte sich ihr zu, das Silber seiner Maske blitzte kurz im Widerschein der Fackel unten auf. Mindestens eine Minute lang sagten sie beide nichts. Dann beugte er sich nach unten. »Birüc, haben wir noch Decken?«
    »Gewiss, Herr.«
    »Bring mir zwei ... nein, drei.«
    »Sofort.«
    Die Fackel verschwand, und es wurde stockfinster. Zoe war es erstaunlicherweise nicht unheimlich oder unangenehm. Sie konnte Laychams Nähe spüren, seinen männlichen Geruch wahmehmen und fühlte sich geborgen - gerade deswegen, weil sie ihn nicht sehen konnte und er sie nicht. Jetzt waren sie einfach nur sie selbst, geschützt in der alles umhüllenden Maske der Dunkelheit.
    »Weißt du, was ich am meisten vermisse?«, flüsterte sie.
    »Nein. Sag es mir«, bat er.
    »Den Mond und die Sterne.«
    Er schwieg.
    »Du hast das noch nie gesehen, nicht wahr?«
    »Das gibt es hier nicht. Ich verstehe die Wörter nicht einmal richtig, weil ich mir nichts darunter vorstellen kann.«
    »Dann stell dir vor, dort oben am Himmel gibt es Myriaden glitzernder Punkte, die fern oder nah funkeln, schwach oder hell, als ob ein sehr helles Licht durch ein löchriges Tuch scheint, das unterschiedlich dick ist. Das sind die Sterne. Und dann stell dir vor, wie diese Sterne vom Himmel fallen und als Glühwürmchen durch die Wälder und Auen tanzen in einem prächtigen Reigen, zur Musik einer lauen Sommernacht. Und am Himmel oben leuchtet ein riesiger silberner Ball, überstrahlt alles mit kaltem Schein und zeichnet lange Schatten auf den Boden. Es ist dunkel und doch hell wie der Widerschein deiner Maske, in ein geheimnisvolles Licht getaucht, das ein Abbild der Sonne ist.«
    Verlegen hielt sie inne. Was hatte sie da gerade gesagt? War das wirklich sie gewesen, Zoe, die Hochnäsige, wie man sie gern genannt hatte, das oberflächliche Model, das sonst eher die moussierenden Perlen eines wirklich guten Champagners pries, als sich solcher Romantik hinzugeben? Sie presste die bebenden Lippen aufeinander. Dieses Land macht mich irgendwann verrückt. Am Ende schreibe ich Gedichte!
    Sie hörte ein ersticktes Geräusch von dort, wo Laycham kauerte. Er hatte nicht gelacht.
    »Ich ... Tut mir leid, habe ich etwas Falsches gesagt?«
    »Nein, nein.«
    Sie tastete durch die Finsternis nach seinem Arm, fühlte sein Hemd, die Muskeln darunter. Stellte sich die seidenweiche Haut vor, die sich darüber spannte. »Ich wollte nicht ...« Hilflos verstummte sie, wusste nicht weiter. Das kam normalerweise selten genug vor, nur bei Laycham irgendwie dauernd. Sie musste sich über sich wundern, wie viel Rücksicht sie auf ihn nahm und wie sehr sie ihre bissigen Kommentare zurückhielt. Er verwirrte sie und machte jemanden aus ihr, der sie überhaupt nicht war. Oder zumindest glaubte, nicht zu sein. Vor allem fing sie an, melodramatischen Unsinn zu reden. Wie gut, dass es dunkel war, denn es war wie eine Blöße.
    »Es ... muss sehr schön sein«, sagte er schließlich mit belegter Stimme, nachdem er sich mehrmals geräuspert hatte.
    »Ein wunderschöner

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