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Die Voliere (German Edition)

Die Voliere (German Edition)

Titel: Die Voliere (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc-Oliver Bischoff
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nahm seinen Hut ab, legte ihn auf den Tisch und sagte: »Ich will noch mal auf dein Angebot zurückkommen.«
    »Ja?«, gab Henk zurück. Er klang gelassen, aber Kiefer bemerkte, dass sich seine Körperhaltung abrupt änderte. Das war es, was er seinen Kumpanen versprochen hatte, womit er in ihren Augen gescheitert war. Und nun spazierte die Chance zur Tür herein, landete unerwartet in ihrer Mitte.
    »Ich werde sicher kein Statement für dich oder deine Truppe abgeben. Das kann ich mir nicht leisten. Aber ich kann mir vorstellen, euren Wahlkampf mit einer – sagen wir mal – vierstelligen Summe zu unterstützen. Einer vierstelligen Summe im unteren Bereich.«
    Henk und seine Sängerkameraden sahen sich verwundert an. Aber es dauerte nicht lange, bis Wawerzinek Blut geleckt hatte. »Na ja, für einen vernünftigen Wahlkampf reden wir schon eher über einen mittleren bis oberen vierstelligen Betrag, Scheff. Handzettel, Plakate, kleine Geschenke für die älteren Mitbürger – das alles geht ganz schön ins Geld.«
    »Wenn ich nicht sicher wüsste, dass deine Familie in fünfter Generation in Scheelbach lebt, Henk Wawerzinek, dann würde ich denken, deine Vorväter waren Händler auf dem großen Basar in Istanbul.«
    Darauf hatte sein Gehilfe wieder nur ein freches Grinsen als Antwort. Auch wenn, wie Kiefer vermutete, der Vergleich ihn schmerzen musste.
    »Also gut, sagen wir ein mittlerer vierstelliger Betrag. Bar und ohne Quittung. An dich auszuzahlen. Wie ihr das Geld verwendet, ist eure Angelegenheit.«
    »Und dafür lösen wir dein Problem mit der Schreckenmühle. «
    »Ja, aber auf meine Art.«
    »Und wie sieht die aus?«
    »Jedenfalls nicht so, dass ihr am helllichten Tag ins Haus reinmarschiert und die Männer totschlagt.«
    Henk fuhr sich über den kahlen Schädel. »Das wird auch schwierig, Scheff. In die Mühle kommst du im Moment bei all der Bewachung nämlich gar nicht unbemerkt rein.«
    »Das ist das geringste Problem, Henk. Es gibt einen Zugang, von dem weder die Bewohner noch die Polizei etwas wissen.«
    Henks Augen begannen zu leuchten. Ein Blick zu seinen Kumpanen versicherte ihm, dass ihnen die gleichen Gedanken durch den Kopf gingen.
    Kiefer ärgerte sich schon, dass er seinen Trumpf zu früh verspielt hatte. Nun würde sein Mitarbeiter ihm tagelang in den Ohren liegen, wo sich dieser geheime Zugang befand. »Aber so machen wir es nicht«, sagte er mit einem sardonischen Lächeln.
    »Sondern?«
    »Subtiler. Ich will nach wie vor, dass nicht eine kleine Vorhut von Schlägern – Entschuldigung: Realpolitikern – das Problem löst, sondern die gesamte Dorfgemeinschaft. Aber dazu brauche ich eure Hilfe.«
    »Eine Hand wäscht die andere, Scheff.«
    Die Tür ging auf und Adi Buck, der Wirt des Goldenen Kalbs, trat ein.
    Kiefer wusste, dass er das Treiben in seinem Hinterzimmer nicht nur duldete, sondern den sogenannten ›Heimat-Sängerkreis‹ mit Freibier und einem kostenlosen Abendessen unterstützte. Er war es gewesen, der unter der Eröffnung des Dönerladens im Ort vor ein paar Jahren am meisten gelitten hatte. Entsprechend dankbar zeigte er sich den Menschen gegenüber, die ihm dieses Problem unbürokratisch vom Hals geschafft hatten.
    Beim Anblick von Kiefer stutzte er. Das Tablett wurde auf dem Tisch abgestellt, volle Bierkrüge fanden den Weg zu ihren Besitzern, leere Behältnisse landeten auf dem Tablett. Einen Augenblick später ging erneut die Tür auf und Bucks Tochter, eine kräftig gebaute Brünette mit Augenbrauenpiercing, balancierte fünf Teller herein, auf denen sich Steaks, Spiegelei und Bratkartoffeln türmten. Es roch nach Kümmel und Zwiebeln. Kiefer lief das Wasser im Mund zusammen.
    »Soll ich dir auch eine Portion bringen?«, fragte Adi Buck eher rhetorisch. Kiefer aß üblicherweise zu Hause, umso mehr, seit Anna ihn auf Diät gesetzt hatte.
    Der Ortsvorsteher nickte. Nun zog er auch seinen Mantel aus und hängte ihn an die Garderobe.
    »Wartet deine Frau nicht zu Hause auf dich?«, fragte Henk verwundert.
    Anna leide im Moment unter Migräne, erklärte Kiefer. Sie verlasse das Haus nur äußerst ungern, nicht einmal zum Einkaufen. Er habe im Moment alle Freiheiten.
    Adi Buck brachte Kiefer ein Bier und ein zusätzliches Essen.
    Henk Wawerzinek hob sein Glas und brachte einen Trinkspruch aus: auf den großzügigen Sponsor.
    Tobin Kiefer reagierte nicht. Grimmig säbelte er ein Stück von seinem Steak ab und stopfte sich den Mund voll.
    Samstag, 23. November
    Obwohl Tobin

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