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Die Voliere (German Edition)

Die Voliere (German Edition)

Titel: Die Voliere (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc-Oliver Bischoff
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sie aufs Band legte.
    Während sich der Inhalt seines Wagens Richtung Kassiererin bewegte, spähte Tibursky unablässig zu der Frau hinüber, der Nachbarin, die ihm Geld gewechselt hatte und nun in der benachbarten Schlange anstand. Ihre zarte Statur und Stimme weckten seinen Beschützerinstinkt. Er ertappte sich bei dem Gedanken, mit ihr in einer Konditorei zu sitzen und Bienenstich zu essen. Oder einen Waldspaziergang zu machen. Er würde ihr, natürlich um sie zu beeindrucken, alle Pflanzen erklären, jeden Baum, Farn oder Pilz benennen. Sein Vater war zwar nur ein einfacher Waldarbeiter gewesen, doch hatte er den kleinen Wolfgang jedes Wochenende an seinen Arbeitsplatz mitgenommen und ihm Fauna und Flora nahegebracht. Seitdem saß er lieber auf einer moosbedeckten Baumwurzel als auf einem Stuhl und stand lieber auf einem Teppich aus welken Blättern als auf einem weichen Wollläufer. Während seines Gefängnisaufenthalts hatte ihm das Bild eines Waldes im Fernsehen oder in einer Zeitschrift jedes Mal die Tränen in die Augen getrieben.
    »Spessart-Card?« Die Worte der Verkäuferin rissen ihn aus seinen Gedanken. Tibursky sah sie verständnislos an.
    »Haben Sie eine Spessart-Card?«, wiederholte sie ihre Frage und verzog dabei unwillig das Gesicht.
    Tibursky drehte sich zu seinen Begleitern um, die direkt hinter ihm standen und argwöhnische Blicke ernteten. Einer der beiden schüttelte den Kopf.
    »Leider nein«, sagte Tibursky.
    »Ihre Postleitzahl?«
    Wieder wandte sich Tibursky an seine Begleiter. Schulterzucken. Wozu zum Kuckuck wollten die seine Postleitzahl wissen? »Wir sind gerade erst hergezoche.«
    »Und wo ist ›her‹?«, fragte die Dame an der Kasse und seufzte.
    »Schreckenmühle«, antwortete Tibursky.
    Die Kassiererin seufzte noch tiefer.
    »Tippe sie doch eifach irgendeine Zahl«, schlug Tibursky vor.
    »Ohne gültige Postleitzahl kann ich nicht kassieren.«
    »Scheelbach«, ertönte es in Tiburskys Rücken.
    »63 639!« Mit erleichterter Miene tippte die Frau die Postleitzahl ein.
    Kurz darauf standen Tibursky und die Zivilbeamten mit fünf Plastiktüten vor dem Laden, die jeden Moment zu platzen drohten.
    »Und wie wollen Sie die jetzt nach Hause bekommen?«, fragte einer der Beamten.
    »Na, jeder von Ihne nimmt zwei Tüde und isch nehm die annere«, hielt Tibursky fröhlich entgegen.
    *
    Fünfzehn. Vier.
    Seit einer Viertelstunde schimpft Adam über Tibursky, der zwar eingekauft, die Tüten dann aber einfach in die Küche gestellt hat und verschwunden ist. Wenigstens hätte er das Zeug in die Vorratskammer räumen können, sagt Adam und haut mit der flachen Hand auf die Arbeitsplatte, dass es klatscht.
    Rosen zuckt zusammen – so unbeherrscht kennt er Adam gar nicht.
    Nachdem Adam sich entschuldigt hat, schickt er Rosen auf die Suche nach Tibursky. Im Haus ist er nicht, auch nicht in der Scheune oder im Stall. Und obwohl ihm davor graut, weil Tibursky vor ein paar Tagen erklärt hat, dort habe man früher einmal Menschenknochen aufbewahrt, sieht er sogar im Mühlengebäude nach. Fehlanzeige – weit und breit kein Tibursky. Rosen kehrt mit der schlechten Nachricht zu Lefeber zurück.
    Es sei nicht gut, dass sich Tibursky einfach in Luft auflöst, überhaupt nicht gut, meint Adam.
    Da hat Rosen einen Einfall. Er will zu den Polizisten gehen, vielleicht wissen die, wo Tibursky steckt. Sie müssten ja etwas bemerkt haben, auf ihrem Beobachtungsposten.
    Das werde er schön bleiben lassen, sagt Lefeber. Rosen solle vielmehr einen Ausflug für morgen früh ins Dorf anmelden und dabei zählen, wie viele Polizisten noch im Auto säßen.
    Rosen führte den Auftrag aus: vier Uniformierte. Zwei im vorderen Auto, zwei im hinteren. Und jetzt versteht er auch: Wenn kein Überwacher, sondern ein Überwachter fehlt, stimmt etwas nicht.
    Adam nimmt die Nachricht mit düsterer Miene auf. Und weil er lange Zeit schweigt, bekommt Rosen es mit der Angst zu tun.
    »Wir werden einfach warten«, beschließt Adam. »Wenn er zurückkommt, stellen wir ihn zur Rede.«
    Sie sitzen eine Stunde im Wohnzimmer und trinken Kaffee, bis sie Tiburskys Schritte auf der Treppe hören. Er ist im Begriff, ein Objekt mit hellen und dunklen Streifen und sonderbaren Ausbuchtungen in sein Zimmer zu schaffen.
    »Ein Wespennest«, erklärt Tibursky ungefragt.
    »Schaffen Sie das raus und dann kommen Sie ins Wohnzimmer«, befiehlt Lefeber.
    »Was iss eusch denn über die Lebber gelaufe?«, fragt Tibursky und liebkost das Wespennest wie

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