Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Voliere (German Edition)

Die Voliere (German Edition)

Titel: Die Voliere (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc-Oliver Bischoff
Vom Netzwerk:
ein exotisches Kuscheltier.
    »Das besprechen wir gleich«, sagt Adam.
    Sie sitzen alle an dem schweren Esstisch aus Eiche. Jeder hat einen dampfenden Pott Kaffee vor sich stehen. Tibursky rührt seinen nicht an. Seine Hände stecken trotzig in den Hosentaschen. Er sieht aus wie jemand, der etwas ausgefressen hat und befürchtet, dass die anderen ihm auf die Schliche gekommen sind.
    »Wir haben Sie gesucht, aber nirgendwo auf dem Hof gefunden.«
    »Bin isch eusch in irgendeiner Weise Reschenschaft schuldisch, wann isch wohin gehe?«
    » Wann und wohin interessiert uns nicht. Wohl aber wie «, sagt Adam.
    »Keine Ahnung, wovon Sie babbeln.«
    Lefeber trinkt einen Schluck von seinem Kaffee. »Soll ich die vier Herren da draußen fragen, ob die wissen, wo Sie sich in den letzten drei Stunden aufgehalten haben? Weil Sie nämlich definitiv nicht hier im Haus oder irgendwo anders auf dem Grundstück waren.«
    Tibursky rutscht unruhig auf seinem Stuhl hin und her. »Kameradenschweine seid ihr«, presst er hervor.
    »Das Kameradenschwein sind Sie , Tibursky. Was meinen Sie wohl, was passiert, wenn die Polizei oder Neumann herausfinden, dass einer ihrer Schützlinge sich den Überwachungsmaßnahmen entzieht?«
    Tibursky zuckt mit den Schultern.
    »Ich sage es Ihnen.« Adam beugt sich über den Tisch. Er spricht leise, so leise, dass Rosen unheimlich zumute wird. »Dann ist Schluss mit diesem Experiment. Dann sperren die uns alle wieder ein. Das war’s mit Ausflügen ins Dorf. Oder in den Wald. Oder irgendwohin .«
    »Wenn einem so ein Bulle ständisch im Nacke sitzt, macht der Wald eh kein Spaß.«
    Zum zweiten Mal an diesem Tag lässt Lefeber völlig überraschend die flache Hand auf den Tisch sausen. Rosen fährt zusammen. Tiburskys Tasse hüpft hoch und fällt beinahe um, der heiße Kaffee schwappt auf die Tischplatte.
    Tibursky springt fluchend auf und kann gerade noch der heißen Flüssigkeit ausweichen, die nun an der Tischkante herabläuft.
    »Sind Sie völlisch verrückt worn?«
    Adam packt Tibursky am Kragen und drückt ihn gegen die Wand. » Sie sind derjenige, der verrückt geworden ist!«
    Rosen ist aufgestanden und legt Adam die Hand auf die Schulter. Er muss etwas tun, sonst begeht Adam eine Dummheit, und obwohl Rosen die ganze Situation sehr verwirrend findet, weiß er instinktiv, dass sich alle beruhigen und die Sache im Gespräch klären müssen.
    Adam lässt Tibursky los. Er fährt sich durchs Haar, das ihm wirr in die Stirn hängt, dann dreht er sich zu Rosen um. Der Blick aus seinen grünen Augen ist verschleiert, aber auch irgendwie dankbar.
    Er wendet sich wieder an Tibursky. »Ich lasse nicht zu, dass Sie mich oder Heinz mit ihren Unüberlegtheiten wieder ins Gefängnis zurückbringen. Mir liegt etwas an meiner Freiheit.«
    »Mir aach«, keucht Tibursky.
    Ich hätte nichts dagegen, wieder zurück nach Schwalmstadt zu gehen, denkt Rosen, aber das sagt er jetzt lieber nicht. Er weiß, dass es das Letzte ist, was Adam hören will.
    »Dann benehmen Sie sich auch so, Mann!« Adam holt Eimer und Lappen aus der Küche, um den Kaffee aufzuwischen.
    Als er fertig ist, sagt er: »Und jetzt zeigen Sie uns, wie Sie unbeobachtet hier rausgekommen sind.«
    Tibursky sieht ihn mit großen Augen an. Dann schüttelt er trotzig den Kopf.
    »Entweder das, oder ich geh raus und verrate Sie«, erpresst ihn Lefeber.
    Endlich setzt Tibursky sich in Bewegung. Das Innere des Mühlengebäudes wirkt baufällig. In den Ecken hängen Spinnweben voller Staub, eine Schicht über der anderen. Holzbalken mit Traversen voller Wurmlöcher stützen das Dach, in eine der Stützen ist ein Nagel eingeschlagen, an dem ein eingerollter orangefarbener Spanngurt hängt; sonst gibt es hier kein Werkzeug oder Material. Auf einem Sockel in der Mitte steht eine seltsame Konstruktion aus neun parallel verlaufenden Holzstelen, umfasst von einem Rahmen. Direkt daneben, ebenfalls auf einem Sockel, ein steinernes Becken, dessen kurze Wand teilweise herausgebrochen ist. Im Becken liegt eine zerdrückte Bierdose.
    Tibursky führt sie die steile Holztreppe hinunter in den Kühlkeller und zeigt auf die gegenüberliegende unverputzte Mauer: Es gibt einen unterirdischen Tunnel, dessen Einstieg sich hinter der Holztür in der Wand befindet. Der Gang ist etwa einen Meter siebzig hoch und zweihundertfünfzig Meter lang, er führt vom Mühlengebäude in den Wald hinaus, sagt Tibursky. Er habe ihn bereits mehrmals benutzt, immer nur für kurze Ausflüge, heute ist

Weitere Kostenlose Bücher