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Die volle Wahrheit

Die volle Wahrheit

Titel: Die volle Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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zunächst lauter – und verstummte abrupt, als Sacha-
    rissa »Entschuldigung?« in die Dunkelheit sagte.
    »Hal o!«, ertönte es nach einer kurzen Pause. »Wie geht es dir? Mir
    geht es gut!«
    »Äh, ich bin es nur! William meinte, es sei alles in Ordnung?« Sie
    sprach die Worte wie eine Frage aus, im Tonfal einer Person, die sich
    beim Einbrecher dafür entschuldigt, dass sie ihn entdeckt hat.
    »Herr Mottenkugel Nase? Huch!«, erwiderte die Stimme aus den
    Schatten am Ende der Treppe.
    »Äh… fühlst du dich nicht gut?«
    »Kann nicht… wegen… hahaha… wegen der Ketten… hahaha…«
    »Bist du… krank?«
    »Nein, bin nicht krank, es geht mir gut, ich hatte nur zu viel…«
    »Zu viel was?«, fragte Sacharissa auf der Grundlage einer behüteten
    Kindheit.
    »… Dingsbums… Dinge, in denen man Trinkbares unterbringt…
    Fässer?«
    »Du bist betrunken ?«
    »Ja, genau! Das ist das richtige Wort! Ich bin so vol wie… Dings-
    bums… Dingsda… ahahaha…«
    Glas klirrte.
    Im matten Schein der Laterne war etwas zu erkennen, das ein Wein-
    kel er zu sein schien. Ein Mann saß dort auf einer Bank an der Wand,
    und von seinem Bein reichte eine Kette zu einem Ring im Boden.
    »Du bist… gefangen ?«, fragte Sacharissa.
    »Ahahaha…«
    »Wie lange bist du schon hier unten?« Sie schritt die Treppe hinab.
    »Jahre…«
    »Seit Jahren?«
    »Hier gibt’s jede Menge Jahre…« Der Mann griff nach einer Flasche
    und sah auf das Etikett. »Jahr des Ergänzenden Kamels… einver-
    dammtguter Jahrgang… Und dieser hier… Jahr der Übersetzten Rat-
    te… noch einverdammtguter Jahrgang… Sind al es verdammtgute
    Jahrgänge. Allerdings könnte ich einen Keks gebrauchen.«
    Sacharissas Weinkenntnisse beschränkten sich auf das Wissen, dass
    Chateau Maison ein sehr beliebter Wein war. Aber man musste nicht
    angekettet sein, um Wein zu trinken, nicht einmal bei dem Zeug aus
    Ephebe, das die Gläser am Tisch fest kleben ließ.
    Sie schob sich ein wenig näher, und das Licht fiel auf das Gesicht des
    Mannes. Es zeigte das Lächeln ernsthafter Trunkenheit und wirkte
    gleichzeitig sehr vertraut. Sacharissa sah es jeden Tag auf Münzen.
    »Äh… Rocky«, sagte sie. »Würdest du bitte hierher kommen?«
    Die Tür sprang auf, und der Troll kam ziemlich schnell die Treppe
    herunter. Al erdings verdankte er seine hohe Geschwindigkeit der Tat-
    sache, dass er rol te.
    Herr Tulpe erschien am oberen Ende der Treppe und rieb sich die
    Faust.
    »Hal o, Herr Nieser!«, rief Charlie und hob die Flasche. »Jetzt sind al e
    da! Juchhe!«
    Rocky stand auf und schwankte ein wenig. Herr Tulpe schlenderte die
    Treppe herunter und riss wie beiläufig den Türpfosten aus der Einfas-
    sung. Der Troll hob die Fäuste und nahm die klassische Haltung eines
    Boxers ein. Doch Herr Tulpe hielt sich nicht mit irgendwelchen Fein-
    heiten auf und schlug mit dem langen Holzstück zu. Rocky stürzte wie
    ein gefäl ter Baum.
    Erst dann versuchte der riesenhafte Mann, den Blick der sich drehen-
    den Augen auf Sacharissa zu richten.
    »Wer bist du denn …t?«
    »Wag es nicht, in meiner Anwesenheit zu fluchen!«, erwiderte Sacha-
    rissa. »Wie kannst du es wagen, in Gegenwart einer Dame zu fluchen?«
    Das verblüffte Herrn Tulpe. »Es kam doch gar kein …ter Fluch über
    meine Lippen!«
    »He, ich habe dich schon einmal gesehen, du bist… Ich wusste, dass du keine richtige Jungfrau bist!«, sagte Sacharissa triumphierend.
    Eine Armbrust klickte. Manche leisen Geräusche sind noch weit ent-
    fernt zu hören und können trotz ihrer geringen Lautstärke eine erstaun-
    lich große Wirkung entfalten.
    »Manche Gedanken sind zu schrecklich, um sie weiter zu verfolgen«,
    sagte der dürre Mann, der ganz oben auf der Treppe stand und mit ei-
    ner Pistolen-Armbrust auf Sacharissa zielte. »Was machst du hier, Ver-ehrteste?«
    »Und du bist Bruder Nadel! Ihr habt kein Recht, euch an diesem Ort
    aufzuhalten! Ich habe den Schlüssel!« Diejenigen Bereiche von Sacharissas Bewusstsein, die sich mit Tod und Grauen befassten, winkten nun
    und versuchten, sich Gehör zu verschaffen. Aber da sie nun einmal Teil
    von ihr waren, gingen sie dabei sehr damenhaft vor, deshalb schenkte
    der Rest diesen Stimmen keine Beachtung.
    »Du hast einen Schlüssel?«, fragte Bruder Nadel und kam die Treppe
    herab. Die kleine Armbrust blieb weiterhin auf Sacharissa gerichtet.
    Selbst in seinem gegenwärtigen Zustand verstand es Herr Nadel, gut zu
    zielen. »Wer hat ihn dir

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