Die volle Wahrheit
Disorganizers.
»Wiedelwiedel Wahrheit ihre Stiefel angezogen hat.«
»Du kommst mit deinem Vater nicht besonders gut zurecht, od…«,
begann Sacharissa.
»Was soll ich nur machen ?«, fragte William. »Es ist sein Lieblings-spruch. Er meint, es sei ein Beweis dafür, wie leichtgläubig die Leute
sind. Unser Haus stand diesen Männern zur Verfügung. Er steckt bis
zum Hals mit drin!«
»Ja, aber vielleicht wollte er nur jemandem einen Gefallen erwei-
sen…«
»Wenn mein Vater sich auf irgendetwas einlässt, so kommt für ihn
nur die Rolle des Anführers in Frage«, sagte William kategorisch.
»Wenn du daran zweifelst, kennst du die de Wordes nicht. Wir schlie-
ßen uns nur dann einer Mannschaft an, wenn wir der Mannschaftskapi-
tän sein können.«
»Aber es wäre doch dumm, den Assassinen das eigene Haus zur Ver-
fügung zu stel en…«
»Nein, das ist nur sehr, sehr arrogant«, sagte William. »Wir waren im-
mer privilegiert. Privileg bedeutet schlicht ›privates Gesetz‹. Genau dar-
auf läuft es hinaus. Mein Vater glaubt, das gewöhnliche Gesetz hätte
keine Gültigkeit für ihn. Er glaubt nicht, dass die Wache ihm etwas
anhaben kann, und wenn sie es doch versuchen sol te, schreit er einfach
laut genug, bis sie wieder verschwindet. Das ist die Tradition der de
Wordes, und wir verstehen uns prächtig darauf. Schrei die Leute an,
setz dich durch, schenk den Regeln keine Beachtung. Das ist die Natur
der de Wordes. Ich bin die einzige Ausnahme.«
Sacharissa achtete darauf, dass ihr Gesichtsausdruck unverändert
blieb.
»Damit habe ich nicht gerechnet«, murmelte William. Er drehte den
Disorganizer hin und her.
»Du hast gesagt, du wol test die Wahrheit herausfinden.«
»Ja, aber nicht diese! Bestimmt habe ich irgendetwas… falsch ver-
standen. Ja, ganz bestimmt. Selbst mein Vater kann nicht so… dumm sein.
Ich muss feststellen, was wirklich passiert ist.«
»Du willst doch nicht zu ihm, oder?«, fragte Sacharissa.
»Doch. Inzwischen dürfte er wissen, dass alles vorbei ist.«
»Du solltest jemanden mitnehmen!«
»Nein!«, erwiderte Wil iam scharf. »Du weißt nicht, wie die Freunde
meines Vaters sind. Für die ist es selbstverständlich, Befehle zu erteilen.
Sie wissen, dass sie auf der richtigen Seite stehen, denn wenn sie dort
stehen, muss es per definitionem die richtige Seite sein. Wenn sie sich
bedroht fühlen, kämpfen sie mit bloßen Fäusten, und zwar ohne ihre
Handschuhe abzustreifen. Sie sind skrupel ose, brutale Schufte. Es gibt
keine schlimmeren brutalen Schufte, denn sie sind nicht feige: Wenn man versucht, Widerstand zu leisten, schlagen sie nur noch fester zu.
Die Welt, in der sie auf gewachsen sind… Dort können sie Leute, die
ihnen Ärger machen, einfach verschwinden lassen. Du hältst die Schatten für einen gefährlichen Ort? Dann weißt du nicht, was im Parkweg passiert! Und mein Vater ist der Schlimmste von allen. Aber ich gehöre zur
Familie. Und die Familie… liegt uns am Herzen. Deshalb brauche ich
nichts zu befürchten. Du bleibst hier und hilfst den anderen, die Zei-
tung herauszubringen. Die halbe Wahrheit ist besser als gar nichts«,
fügte er bitter hinzu.
»Was ist denn mit ihm los?«, fragte Otto, als William den Raum ver-
ließ.
»Oh, er… will seinem Vater einen Besuch abstatten«, antwortete Sa-
charissa noch immer betroffen. »Er scheint kein sehr netter Mann zu
sein. Als William von ihm sprach, klang er ziemlich… erregt.«
»Entschuldigung«, sagte eine Stimme. Die junge Frau sah sich um,
doch es stand niemand hinter ihr.
Die Stimme seufzte. »Nein, hier unten«, sagte sie.
Sacharissa senkte den Kopf, und ihr Blick fiel auf den sonderbaren
rosaroten Pudel.
»Lasst uns die Dinge nicht durcheinander bringen, in Ordnung?«,
meinte er. »Ja, ja, Hunde können nicht sprechen. Völlig klar. Vielleicht
hört ihr mich, weil ihr über besondere geistige Fähigkeiten verfügt oder
so. Gut, ich bin froh, dass wir diesen Punkt geklärt haben. Zufäl iger-
weise hab ich al es mitbekommen, was natürlich daran liegt, dass ich
gelauscht habe. Der Junge ist in Schwierigkeiten. Ich kann Schwierigkei-
ten riechen …«
»Bist du eine Arrt Werrwolf?«, fragte Otto.
»Ja, genau, bei jedem Vollmond werde ich sehr haarig«, sagte der
Hund beiläufig. »Stellt euch nur vor, wie schädlich sich das auf mein
gesel schaftliches Leben auswirkt. Nun, ich möchte darauf hinwei-
sen…«
»Aber Hunde sprechen doch nicht…«,
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