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Die volle Wahrheit

Die volle Wahrheit

Titel: Die volle Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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mit der Herstellung einiger Dutzend al gemeiner Briefe
    zu beauftragen, bei denen er nur einige wenige leere Stel en ausfüllen
    musste, um sie zu vervollständigen und individuell wirken zu lassen.
    Überal in den Bergen freuten sich stolze Zwergeneltern über Briefe,
    die etwa so aussahen:

    Liebe/r [Mutter und Fater]
    Nun, ich binne gut angekommen, und meine Adresse lautet: [Unbe-
    sonnenheitsstraße 9, Schatten, Ankh-Morpork] . Alles isset gut. Ich
    habe einen guten Dschob und arbeite für [Herrn T. M. S. I. D. R.
    Schnapper, wagemutiger Geschäftsmann] , und sicher dauert es
    nicht mehr lange, bis ich einen Haufen Gelt verdiene. Ich erinnere mich
    an al e eurige guten Ratschläge und trinke nicht und treibe mich auch
    nicht in Kneipen herum und pflegige keinen Umgang mit Trollen. Nun
    das wär’s auch schon, ich musse jetzt Schluss machen, freue mich sehr
    darauf, dich und [Emilia] baldigst wiederzusehen, euer euch liebender Sohn.
    [Thomas Bruchbraue]

    … der für gewöhnlich schwankte, wenn er diesen Brief diktierte. Es
    waren leicht verdiente zwanzig Ankh-Morpork-Cent. Als zusätzliche
    Dienstleistung passte Wil iam die Schreibweise dem Auftraggeber an
    und ermöglichte es seinen Kunden, selbst über die Interpunktion zu
    entscheiden.
    An diesem besonderen Abend, während draußen Schneeregen in den
    Abflussrohren gluckerte, saß William in seinem kleinen Büro über der
    Gilde der Beschwörer und schrieb sorgfältig. Mit halbem Ohr lauschte
    er dem hoffnungslosen, aber sehr gewissenhaften Katechismus der Gil-
    denschüler, die ein Zimmer weiter unten am Abendunterricht teilnah-
    men.
    »Achtung, aufgepasst. Seid ihr soweit? Na schön. Ei. Glas…«
    »Ei. Glas«, wiederholte die Klasse lustlos.
    »… Glas. Ei…«
    »Glas. Ei…«
    »… Magisches Wort…«
    »Magisches Wort…«
    »Fazamm. Einfach so. Ahahahahaha…«
    »Faz-amm. Einfach so. Aha-ha-ha-ha-ha…«
    William griff nach einem weiteren Blatt Papier, spitzte einen neuen
    Federkiel, blickte einige Sekunden lang an die Wand und schrieb dies:

    »Und schließlich noch ein amüsanter Hinweis. Es heißt, die Zwerge
    könnten Blei in Gold verwandeln, doch kennt niemand den Ur-
    sprung dieses Gerüchts, und Zwergen, die in der Stadt ihren recht-
    mäßigen Angelegenheiten nachgehen, ruft man Bemerkungen zu
    wie: ›Holla, Knirps, zeig uns mal, wie du etwas in Gold verwandelst!‹
    Al erdings lassen sich nur Neuankömmlinge dazu hinreißen, denn in
    dieser Stadt wissen alle, was passiert, wenn man einen Zwerg
    ›Knirps‹ nennt.
    Dein ergebener Diener, William de Worde«.

    Er legte immer Wert darauf, seine Briefe mit einem vergnüglichen
    Hinweis zu beenden.
    William griff nach einem Stück Buchsbaumholz, zündete eine weitere
    Kerze an und legte den Brief mit der Vorderseite nach unten auf das
    Holz. Rasches Reiben mit der Rückseite eines Löffels übertrug die Tin-
    te – dreißig Dol ar und genug Feigen, um es einem richtig schlecht wer-
    den zu lassen, waren bereits so gut wie auf der Bank.
    Noch an diesem Abend wol te er das Buchsbaumholz zu Herrn
    Kratzgut bringen und die Drucke morgen nach einem großzügigen
    Mittagessen abholen. Mit ein wenig Glück hatte er bis zur Mitte der
    Woche alle Briefe abgeschickt.
    William streifte den Mantel über, wickelte das Holzstück vorsichtig in
    Wachspapier und trat in die kalte Nacht hinaus.

    Die Welt besteht aus vier Elementen: Erde, Luft, Feuer und Wasser.
    Das ist allgemein bekannt, und selbst Korporal Nobbs weiß darüber
    Bescheid. Aber es stimmt nicht. Es gibt auch noch ein fünftes Element
    – meistens nennt man es Überraschung.
    Zum Beispiel konnten die Zwerge tatsächlich Blei in Gold verwan-
    deln, allerdings auf die schwierige Weise. Der Unterschied zwischen der
    leichten und schwierigen Methode besteht darin, dass die schwierige
    funktioniert.

    Die Zwerge schoben ihren überladenen, knarrenden Karren über die
    Straße und spähten durch den Nebel. Eis formte sich am Wagen und an
    Bärten.
    Jetzt fehlte nur noch eine zugefrorene Pfütze.
    Der gute alte Zufal . Auf ihn kann man sich verlassen.

    Der Nebel wurde dichter, verwandelte jedes Licht in ein mattes Glühen
    und dämpfte alle Geräusche. Feldwebel Colon und Korporal Nobbs
    zweifelten kaum daran, dass es keine barbarischen Horden gab, deren
    Reisepläne in dieser Nacht die Eroberung von Ankh-Morpork vorsa-
    hen. Die Wächter konnten es ihnen nicht verdenken.
    Sie schlossen das Tor. Das war keineswegs eine bedrohliche oder

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