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Die volle Wahrheit

Die volle Wahrheit

Titel: Die volle Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Polizistendenken eilte Detritus erneut zu Hilfe. »Das du
    nicht darfst«, sagte er.
    »Darf ich aufschreiben, warum ich nichts aufschreiben darf?«, fragte
    William und lächelte strahlend.
    Detritus griff nach oben und legte einen kleinen Hebel an der Seite
    seines Helms um. Ein leises, kaum hörbares Summen wurde etwas lau-
    ter. Der Helm des Trolls war mit einem aufziehbaren Ventilator ausges-
    tattet, um das Siliziumgehirn zu kühlen, wenn Überhitzung seine Leis-
    tungsfähigkeit beeinträchtigte. Offenbar brauchte Detritus derzeit einen
    kühleren Kopf.
    »Ah«, sagte er. »Dies so etwas wie Politik ist, nicht wahr?«
    »Äh, vielleicht. Tut mir Leid.«
    Otto war inzwischen aufgestanden und hantierte wieder am Iko-
    nographen.
    Detritus traf eine Entscheidung und nickte einem Obergefreiten zu.
    »Du diese… zwei zu Herrn Mumm bringen, Fiddyment. Sie unter-
    wegs nicht von irgendwelchen Treppenstufen fal en sol en oder was in
    der Art.«
    Herr Mumm, dachte William, als sie dem Obergefreiten folgten. So nannten ihn al e Wächter. Früher ein Ritter, jetzt Herzog und Kommandeur – aber die Wächter nannten ihn »Herr«. Es war nicht einfach
    ein Wort, das man vor einen Namen setzte. Es war vielmehr jene Art
    von »Herr«, die Respekt zum Ausdruck brachte und darauf hinwies,
    dass die betreffende Person nicht nur Achtung verdiente, sondern auch
    Befehle erteilen konnte, die sofort ausgeführt werden mussten.
    William war nicht dazu erzogen worden, die Wache zu respektieren.
    Die Wächter »sind keine Leute wie wir«, hatte er immer wieder gehört.
    Zugegeben, sie waren nützlich, so wie Hütehunde; immerhin musste es
    jemanden geben, der für Ordnung sorgte, aber nur ein Narr wäre auf
    die Idee gekommen, Hütehunde im Salon schlafen zu lassen. Anders
    ausgedrückt: Die Wache bildete eine leider notwendige Teilmenge der
    kriminellen Klassen und gehörte damit zu jenem Teil der Bevölkerung,
    dem Lord de Worde al e Personen mit einem Einkommen von weniger
    als tausend Dollar pro Jahr zuordnete.
    Williams Familie sowie alle ihre Freunde und Bekannten verfügten
    über eine mentale Karte der Stadt, aufgeteilt in Bereiche für rechtschaf-
    fene Bürger und andere, die den Kriminel en vorbehalten blieben. Es
    war ein Schock gewesen, als die de Wordes herausfanden… Nein, ver-
    besserte sich William in Gedanken, sie hatten es als einen Affront empfunden zu erfahren, dass Mumm auf der Grundlage einer anderen Kar-
    te agierte. Offenbar hatte er seine Leute angewiesen, stets den Vorderein-gang zu benutzen, selbst am helllichten Tag, obwohl der gesunde Men-
    schenverstand verlangte, dass sie den Hintereingang nahmen, wie alle
    anderen Bediensteten.* Diesem Mann fehlte jedes Gefühl für Anstand.
    Dass Vetinari ihn zum Herzog ernannt hatte, war nur ein weiterer
    Beweis dafür, wie wenig der Patrizier die Situation unter Kontrolle hat-
    te.
    William neigte dazu, Mumm zu mögen, wenn auch nur wegen der
    Feinde, die sich der Kommandeur zulegte. Alle anderen Aspekte des
    Mannes ließen erheblich zu wünschen übrig. Er hatte einen schlechten
    Ruf und eine mangelhafte Bildung. Außerdem sagte man ihm nach,
    dass er früher zu viel getrunken hatte.
    Fiddyment blieb im großen Saal des Palastes stehen.
    »Bleibt hier und wartet, ohne irgendetwas zu tun«, sagte er. »Ich gehe
    und hole…«
    Aber Mumm kam bereits die breite Treppe herunter, begleitet von ei-
    nem hünenhaften Mann, den William kannte: Hauptmann Karotte.
    Mumm war auch schlecht gekleidet. Was nicht etwa daran lag, dass er
    Kleidung von geringer Qualität trug. Er schien vielmehr eine Art Ver-
    gammelungsfeld zu erzeugen, das selbst einen Helm zerknittert ausse-
    hen ließ.
    Fiddyment trat ihm auf halbem Weg entgegen. Bei dem folgenden lei-
    sen Gespräch formulierte Mumms Stimme die unmissverständlichen

    * Williams Klasse vertrat die Ansicht, dass es sich mit Gerechtigkeit ähnlich verhielt wie mit Kohlen oder Kartoffeln. Man bestellte sie, wenn man sie
    brauchte.
    Worte »Er hat was ?«. Er bedachte William mit einem finsteren Blick, und sein Gesichtsausdruck vermittelte folgende Botschaft: Bisher ist es
    ein mieser Tag gewesen, und jetzt kommst du.
    Mumm brachte den Rest der Treppe hinter sich und musterte Wil iam
    von Kopf bis Fuß.
    »Was willst du?«, fragte er.
    »Ich möchte wissen, was hier passiert ist, bitte«, erwiderte William.
    »Warum?«
    »Weil die Leute darüber Bescheid wissen wollen.«
    »Ha! Sie werden bald erfahren, was sich hier zugetragen

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