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Die volle Wahrheit

Die volle Wahrheit

Titel: Die volle Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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»Sollte ein Vampir…«
    Klick.
    Der Salamander leuchtete auf. Das Zimmer verwandelte sich in ein
    Muster aus grellem weißen Licht und schwarzen Schatten.
    Otto schrie, fiel zu Boden und griff sich mit beiden Händen an die
    Kehle. Er sprang wieder auf, verdrehte die Augen, keuchte, taumelte
    mit gummiweichen Beinen durch den Raum, kam torkelnd zurück und
    sank hinter einen Schreibtisch. Eine heftig zitternde Hand verstreute
    Zettel und Blätter.
    »Aarrghaarrghaarrgh…«
    Es folgte schockierte Stille.
    Otto erhob sich, rückte seine Krawatte zurecht und klopfte Staub von
    seinem Anzug. Dann sah er auf und bemerkte die erschrockenen Ge-
    sichter.
    »Nun?«, sagte er streng. »Was starrt ihrr so? Es ist eine norrmale
    Rreaktion, weiterr nichts. Ich arrbeite darran. Licht in al en Forrmen ist meine Leidenschaft. Licht ist meine Leinwand, und Schatten sind mein
    Pinsel.«
    »Aber intensives Licht bereitet dir Schmerzen!«, erwiderte Sacharissa.
    »Es verletzt Vampire!«
    »Ja, da hast du leiderr Rrecht. Eine ziemlich ärrgerrliche Angelegen-
    heit.«
    »Und, äh, das passiert jedes Mal, wenn du ein Bild aufnimmst?«, fragte
    William.
    »Nein, manchmal ist es viel schlimmerr.«
    »Schlimmer?«
    »Es kommt vorr, dass ich zu Staub zerrfalle. Aberr was uns nicht
    umbrringt, macht uns starrk.«
    »Starrk?«
    »Ja!«
    William bemerkte Sacharissas Blick. Ihre stumme Botschaft lautete:
    Wir haben ihn eingestel t. Bringen wir es jetzt übers Herz, ihn zu entlas-
    sen? Und mach dich nur dann über seinen Akzent lustig, wenn dein
    Überwaldisch wirklich gut ist, verstanden?
    Otto bereitete den Ikonographen vor und schob ein neues Blatt hin-
    ein.
    »Verrsuchen wirr es noch einmal«, sagte er fröhlich. »Und diesmal –
    alle lächeln!«

    Post traf ein. An eine gewisse Menge war Wil iam gewöhnt, meistens
    von den Lesern seiner Nachrichtenbriefe, die darüber klagten, dass er
    nichts über die doppelköpfigen Riesen, Seuchen und Regen aus
    Haustieren verlauten ließ – Phänomene, von denen sie gehört hatten
    und die in Ankh-Morpork an der Tagesordnung zu sein schienen. In
    einem Punkt hatte sein Vater Recht: Lügen konnten tatsächlich über die
    ganze Welt laufen, bevor die Wahrheit ihre Stiefel angezogen hatte.
    Und es war erstaunlich, wie sehr die Leute an so etwas glauben wollten.
    Diese Post hingegen… Nun, William kam sich vor, als hätte er einen
    Baum geschüttelt, woraufhin al e Nüsse herabfielen. Einige Briefe wie-
    sen darauf hin, dass es viel kältere Winter als diesen gegeben hatte, aber bezüglich der Frage des Wann gingen die Meinungen weit auseinander.
    In einem anderen Brief hieß es, heute sei das Gemüse nicht mehr annä-
    hernd so lustig wie früher, was vor allem für Porree galt. Ein weiterer
    Briefautor fragte, was die Diebesgilde in Hinsicht auf nicht lizensierten
    Diebstahl in der Stadt zu unternehmen gedachte. Noch jemand anders
    behauptete, al die Raubüberfälle gingen auf Zwerge zurück, die man
    nicht in der Stadt dulden sollte, weil sie den ehrlichen Leuten die Arbeit wegnähmen.
    »Richte eine Rubrik namens ›Leserpost‹ ein und bring die Briefe dort«,
    sagte Wil iam. »Bis auf den über die Zwerge. Er klingt nach Herrn
    Windling. Und auch nach meinem Vater. Aber der weiß wenigstens, wie
    man ›unerwünscht‹ schreibt, und außerdem verwendet er keine Bunt-
    stifte.«
    »Warum nicht den Brief über die Zwerge?«
    »Weil er beleidigend ist.«
    »Manche Leute halten das für wahr«, sagte Sacharissa. »Es hat eine
    Menge Ärger gegeben.«
    »Ja, aber wir sollten so etwas nicht drucken.«
    William zeigte den Brief Gutenhügel. Der Zwerg las.
    »Bringt ihn ruhig«, sagte er. »Er fül t einige Zentimeter.«
    »Aber die Leute werden protestieren«, wandte William ein.
    »Gut. Bringt auch ihre Briefe.«
    Sacharissa seufzte. »Wahrscheinlich brauchen wir sie. William, mein
    Großvater meint, niemand in der Gilde sei bereit, die Ikonographien
    für uns zu gravieren.«
    »Warum denn nicht? Wir können sie bezahlen.«
    »Wir sind keine Gildenmitglieder. Es ist alles sehr unangenehm.
    Sprichst du mit Otto?«
    William seufzte und ging zur Leiter.
    Die Zwerge nutzten den Kel er als Schlafzimmer, denn sie hatten
    gern einen Boden über dem Kopf. Sie waren bereit gewesen, Otto eine
    feuchte Ecke zur Verfügung zu stel en. Ein altes Laken, aufgehängt an
    einem Seil, sorgte dort für ein wenig Privatsphäre.
    »Oh, hal o, Herrr William«, sagte Otto und schüttete eine scharf rie-
    chende

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