Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die volle Wahrheit

Die volle Wahrheit

Titel: Die volle Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
gewisser Weise.«

    William zog sich in eine Nische abseits der allgemeinen Aufregung zu-
    rück und ließ dort vorsichtig einen Tropfen Blut aus dem Stück Fleisch
    auf den grauen Haufen fallen.
    Der Staub wuchs nach oben, wurde erst zu einer Ansammlung bunter
    Flecken und dann zu Otto Chriek.
    »Was ist denn los?«, entfuhr es ihm. »Oh…«
    »Ich schätze, du hast verstanden, was geschehen ist«, sagte William.
    »Äh, deine Jacke…«
    Ein Teil des Ärmels hatte nun die Farbe und Struktur des Teppichs,
    der die Treppenstufen im großen Saal bedeckte. Ein verblasstes Muster
    aus Rot und Blau.
    »Ich schätze, es ist etwas Teppichstaub hineingerraten«, sagte Otto.
    »Keine Sorrge. So was passierrt immerr wiederr.« Er schnupperte am
    Ärmel. »Ausgewähltes Steak? Danke!«
    »Es war Hundefutter«, sagte William der Wahrheitstreue.
    »Hundefutterr?«
    »Ja. Nimm deine Sachen und komm mit.«
    »Hundefutterr?«
    »Lord Vetinari behandelt seinen Hund gut. Hör mal, beschwer dich
    nicht bei mir. Wenn so etwas häufiger passiert, sol test du ein Fläsch-chen mit Blut für den Notfal dabei haben! Andernfal s sind die Leute
    gezwungen zu improvisieren!«
    »Nun, ja, trrotzdem besten Dank«, murmelte der Vampir und folgte
    William. »Hundefutterr, Hundefutterr, meine Güte… Wohin gehen
    wirr jetzt?«
    »Zum rechteckigen Büro, um uns den Tatort anzusehen«, sagte Willi-
    am. »Ich hoffe nur, dass wir dort nicht einen der intelligenteren Wäch-
    ter antreffen.«
    »Bestimmt gerraten wirr in grroße Schwierrigkeiten.«
    »Warum?«, fragte Wil iam. Ihm gingen ähnliche Gedanken durch den
    Kopf, aber: warum? Der Palast gehörte der Stadt, mehr oder weniger.
    Es würde der Wache vermutlich nicht gefallen, dass er das Rechteckige Büro aufsuchte, doch William spürte in den Knochen, dass man eine
    Stadt nicht auf Grund von Vorlieben der Wache regieren konnte. Wenn
    es nach der Wache gegangen wäre, säßen die Leute vermutlich die gan-
    ze Zeit über zu Hause, mit den Händen auf dem Tisch, wo man sie ganz deutlich sehen konnte.
    Die Tür des Rechteckigen Büros stand offen. Bewacht wurde es von
    Korporal Nobbs, wenn man in diesem Zusammenhang von einer Be-
    wachung reden konnte: Er lehnte an der einen Wand, starrte zur ande-
    ren und rauchte eine heimliche Zigarette.
    »Ah, genau der Mann, nach dem ich gesucht habe!«, sagte Wil iam.
    Das stimmte – Nobby war mehr, als er sich erhofft hatte.
    Die Zigarette verschwand wie durch Magie.
    »Bin ich das?«, schnaufte Nobbs. Rauch kräuselte aus seinen Ohren.
    »Ja. Ich habe mit Kommandeur Mumm gesprochen, und jetzt möchte
    ich den Raum sehen, in dem das Verbrechen verübt wurde.« William
    setzte große Hoffnung in diesen Satz. Er schien die Worte »und er hat mir die Erlaubnis gegeben« zu enthalten, obwohl sie in Wirklichkeit
    fehlten.
    Korporal Nobbs wirkte unsicher, bemerkte dann aber das Notizbuch.
    Und Otto. Die Zigarette erschien wieder zwischen seinen Lippen.
    »Äh, bist du von der Zeitung?«
    »Ja«, bestätigte William. »Die Leute sind bestimmt daran interessiert
    zu erfahren, wie unsere tapfere Wache in einer solchen Situation vor-
    geht.«
    Korporal Nobbs’ schmale Brust schwoll sichtlich an.
    »Korporal Nobby Nobbs, wahrscheinlich vierunddreißig, trage eine
    Uniform, seit ich etwa zehn gewesen bin, als Junge und Mann.«
    William schrieb al es mit besonders großer Sorgfalt auf. » Wahrscheinlich vierunddreißig?«
    »Mit Zahlen war unsere Mama nie besonders gut. Solchen Details hat
    sie nie große Aufmerksamkeit geschenkt.«
    »Und…« William sah sich den Korporal genauer an. Man musste da-
    von ausgehen, dass er ein Mensch war, denn er hatte ungefähr die rich-
    tige Gestalt, konnte sprechen und trug keinen Pelz. »Junge, Mann
    und…?«, hörte er sich fragen.
    »Nur Junge und Mann«, sagte Korporal Nobbs vorwurfsvol . »Nur
    Junge und Mann.«
    »Und du hast den Tatort als Erster erreicht, Korporal?«
    »Als Letzter.«
    »Und was ist deine wichtige Aufgabe?«
    »Ich soll verhindern, dass jemand durch diese Tür geht«, sagte Korpo-
    ral Nobbs und versuchte, Williams Notizen verkehrt herum zu lesen.
    »Man schreibt ›Nobbs‹ ohne ›K‹. Es ist erstaunlich, wie vielen Leuten
    dieser Fehler unterläuft. Was macht er da mit dem Kasten?«
    »Er möchte einen der besten Repräsentanten der Wache von Ankh-
    Morpork ikonographieren«, sagte Wil iam und schob sich in Richtung
    Tür. Das war natürlich eine Lüge, allerdings eine so offensichtliche, dass sie

Weitere Kostenlose Bücher