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Die volle Wahrheit

Die volle Wahrheit

Titel: Die volle Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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das ein wenig… kalt«, sagte William.
    Gutenhügel richtete einen weiteren nachdenklichen Blick auf ihn.
    »Du meinst, im Vergleich mit den warmen und wundervollen Metho-
    den der Menschen?«, fragte er. »Diese Frage brauchst du nicht zu be-
    antworten. Wie dem auch sei: Boddony und ich möchten gemeinsam
    ein Bergwerk einrichten, und wir sind teure Zwerge. Wir wissen, wie
    man mit Blei umgeht, und deshalb dachten wir, hier in ein oder zwei
    Jahren genug verdienen zu können.«
    »Ihr wollt heiraten?«
    »Das ist unsere Absicht«, bestätigte Gutenhügel.
    »Oh… nun, herzlichen Glückwunsch.« Er hatte sich gut genug unter
    Kontrolle, um nicht darauf hinzuweisen, dass beide Zwerge wie kleine
    barbarische Krieger mit langen Bärten aussahen. Das war bei allen tra-
    ditionel en Zwergen der Fal .*
    Gutenhügel lächelte. »Mach dir keine zu großen Sorgen wegen deines
    Vaters, Junge. Die Leute ändern sich. Meine Großmutter hielt Men-
    schen für haarlose Bären. Inzwischen ist das nicht mehr so.«
    »Was hat ihre Meinung geändert?«
    »Vermutlich ihr Tod.«
    Gutenhügel erhob sich und klopfte William auf die Schulter. »Komm,
    lass uns die Zeitung fertig stellen. Wir beginnen mit dem Druck, wenn
    die anderen aufwachen.«

    Das Frühstück stand auf dem Tisch, als William zurückkehrte, und Frau
    Arkanum wartete auf ihn. In ihrem Gesicht zeigte sich die Entschlos-
    senheit einer Person, die sich auf der Spur von unrespektablem Verhal-
    ten glaubt.
    »Ich verlange eine Erklärung für die Ereignisse der vergangenen
    Nacht«, sagte sie und trat William im Flur gegenüber. »Und ich kündige
    dir hiermit für die nächste Woche.«
    William war zu erschöpft, um zu lügen. »Ich wol te feststel en, wie viel
    siebzigtausend Dollar wiegen«, sagte er.
    Muskeln bewegten sich in verschiedenen Bereichen von Frau Arka-
    nums Gesicht. Sie kannte Williams Hintergrund – sie gehörte zu den
    Frauen, die solche Dinge schnel herausfanden –, und das Zucken ver-
    riet einen inneren Konflikt, der sich um die unbestreitbare Tatsache
    drehte, dass siebzigtausend Dollar eine respektable Summe waren.

    * Von den meisten Zwergen sprach man als »er«, selbst wenn sie heirateten.
    Man ging ganz al gemein von der Annahme aus, dass irgendwo unter all den
    Kettenhemden einer von ihnen weiblichen Geschlechts war und dass beide
    wussten, um wen es sich dabei handelte. Traditionell denkende Zwerge
    sprachen nicht über die Frage des Geschlechts, vielleicht aus Scham, vielleicht auch deshalb, weil sie sich kaum dafür interessierten. Und natürlich, weil sie die Ansicht vertraten: Was zwei Zwerge miteinander anstellten, ging nur sie beide etwas an.
    »Vielleicht hatte ich es ein wenig zu eilig«, erwiderte sie schließlich.
    »Hast du herausgefunden, wie viel das Geld wiegt?«
    »Ja, danke.«
    »Möchtest du die Waage noch einige Tage lang behalten, um noch
    mehr Geld zu wiegen?«
    »Ich glaube, ich bin mit dem Wiegen fertig, Frau Arkanum, trotzdem
    besten Dank.«
    »Das Frühstück hat bereits begonnen, Herr de Worde, aber ich glau-
    be, in diesem besonderen Fal kann ich ein Auge zudrücken.«
    Er bekam ein zweites gekochtes Ei, was ein sehr seltener Gunstbe-
    weis war.
    Am Tisch diskutierten sie über die letzten Nachrichten.
    »Ich bin wirklich erstaunt«, sagte Herr Wagenbauer. »Es ist mir ein
    Rätsel, wie sie solche Dinge herausfinden.«
    »Da fragt man sich, wie viele Dinge uns nicht mitgeteilt werden«,
    meinte Herr Windling.
    William hörte eine Zeit lang zu und konnte sich dann nicht länger ge-
    dulden.
    »Steht was Interessantes in der Zeitung?«, fragte er unschuldig.
    »Eine Frau in der Kickelburstraße behauptet, ihr Mann sei von Elfen
    entführt worden«, sagte Herr Schmitzenmacher und hob den Kurier. Die Überschrift ließ keinen Zweifel:

    ELFEN ENTFÜHRTEN MEINEN MANN!

    »Das ist erfunden!«, sagte William.
    »Unmöglich«, widersprach Herr Schmitzenmacher. »Hier sind Namen
    und Adresse der betreffenden Frau angegeben. Das würde man wohl
    kaum in die Zeitung setzen, wenn’s gelogen wäre.«
    William las Namen und Adresse. »Die Frau kenne ich«, sagte er.
    »Na bitte.«
    »Im vergangenen Monat hat sie gesagt, ihr Mann sei von einer großen
    silbernen Scheibe entführt worden, die vom Himmel kam«, sagte Willi-
    am, der ein gutes Gedächtnis für solche Dinge hatte. Er hätte fast in
    seinem Nachrichtenbrief darüber berichtet, in der Rubrik ›Amüsantes‹,
    hatte es sich dann aber anders überlegt. »Und du, Herr

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