Die volle Wahrheit
davon
steckten Tüten mit Koboldnahrung, Farbtuben, geheimnisvolle Werk-
zeuge und andere wichtige Instrumente der Ikonographenkunst.
Aus Respekt vor der Tradition hatte Otto schwarzen Stoff gewählt,
mit Futter aus roter Seide und Schößen.
Durch vorsichtiges Nachfragen bei einer Familie, die traurig beobach-
tete, wie sich der Rauch des Feuers in Dampf verwandelte, fand Willi-
am heraus: Der Brand war auf geheimnisvolle Weise durch ein geheim-
nisvolles spontanes Feuer in einer geheimnisvollen Pfanne mit sieden-
dem Öl verursacht worden.
Als Wil iam ging, begann die Familie in den verkohlten Überresten ih-
res Heims herumzusuchen.
»Und es ist nur eine Geschichte«, sagte er und steckte das Notizbuch
ein. »Ich komme mir dabei fast vor wie ein Vampir… Oh, entschuldige
bitte.«
»Schon gut«, sagte Otto. »Ich verrstehe. Und ich möchte dirr dafürr
danken, dass du mirr diese Arrbeit gegeben hast. Sie bedeutet viel fürr
mich, auch deshalb, weil ich sehe, wie nerrvös du bist. Was natürrlich
verrständlich ist.«
»Ich bin nicht nervös!«, erwiderte William sofort. »Ich fühle mich
durchaus wohl in der Gesellschaft anderer Spezies!«
Ottos Gesicht blieb freundlich, aber sein Blick war so durchdringend,
wie es nur der Blick eines Vampirs sein konnte.
»Ja, ich habe bemerrkt, wie nett du zu den Zwerrgen und auch zu
mirr bist. Du gibst dirr wirrklich Mühe, und das ist sehrr anerrken-
nenswerrt…«
William öffnete den Mund, um zu protestieren, gab es dann aber auf.
»Na schön. Weißt du, es liegt an meiner Erziehung. Mein Vater stand
sehr auf Seiten der… Menschheit, äh, womit ich nicht unbedingt die
Menschheit in dem Sinne meine, eher… Ich meine, er war vor allem
gegen…«
»Ja, ja, ich verrstehe.«
»Und das ist es auch schon. Wir al e können selbst entscheiden, wer
wir sein wollen!«
»Ja, natürrlich. Und wenn du einen Rrat in Bezug auf Frrauen
brrauchst, so kannst du dich jederrzeit an mich wenden.«
»Warum sol te ich in dieser Beziehung einen Rat brauchen?«
»Oh, bestimmt bbrauchst du keinen«, erwiderte Otto unschuldig.
»Nicht einen einzigen.«
»Außerdem bist du ein Vampir. Welchen Rat in Bezug auf Frauen
könnte mir ein Vampir geben?«
»Meine Güte, wach auf und rrieche Knoblauch! Oh, die Geschichten,
die ich dirr errzählen könnte.« Otto zögerte. »Aberr ich errzähle sie
nicht, weil ich mich nicht mehrr mit solchen Dingen befasse, seit ich
das helle Licht des Tages gesehen habe.« Er stieß William an, dessen
Wangen vor Verlegenheit rot glühten. »Ich möchte nur sagen, dass sie
nicht immerr schrreien.«
»Das ist ein bisschen geschmacklos, findest du nicht?«
»Oh, das warr damals, in derr alten Zeit«, erwiderte Otto rasch. »Heu-
te mag ich nichts lieberr als eine Tasse Kakao und ein hübsches Lied
am Harrmonium, das versicherre ich dirr. Ja, das stimmt.«
Es erwies sich als Problem, ins Büro zu gelangen, um die Geschichte
zu schreiben. Es war bereits schwierig genug, die Schimmerstraße zu
erreichen.
Otto trat etwas näher an William heran, als er stehen blieb und die
Augen aufriss.
»Nun, ich schätze, wirr wol ten es so!«, rief er. »Fünfundzwanzig Dol-
larr sind viel Geld!«
»Was?«, erwiderte William.
»ICH SAGTE, FÜNFUNDZWANZIG DOLLARR SIND VIEL
GELD, WILLIAM!«
»WAS?«
Mehrere Personen eilten an ihnen vorbei. Sie trugen Hunde. Jeder in der Schimmerstraße trug einen Hund, oder führte einen an der Leine
oder wurde von einem fortgezerrt oder vom Hund eines anderen Hun-
dehalters angegriffen. Das Bel en ging bereits über reine Lautstärke
hinaus und wurde zu einer spürbaren Kraft. Mit der Wucht eines Or-
kans aus Schrott traf sie auf die Trommelfel e.
William zog den Vampir in einen Hauseingang, wo der Lärm nur un-
erträglich war.
»Kannst du etwas dagegen unternehmen?«, fragte er. »Sonst kommen
wir da nie durch!«
»Zum Beispiel?«
»Nun, du weißt schon. Die Sache mit den Kindern der Nacht und so…«
»Ach, das«, erwiderte Otto. Er wirkte bedrückt. »Das ist wirrklich
sehrr klischeehaft. Warrum bittest du mich nicht, zu einerr Flederrmaus
zu werrden, da wirr schon einmal dabei sind? Ich habe dirr doch gesagt,
dass ich mit diesen Dingen nichts mehrr zu tun habe!«
»Hast du eine bessere Idee?«
Einige Meter entfernt versuchte ein Rottweiler, einen Spaniel zu fres-
sen.
»Oh, na schön. « Otto winkte kurz.
Sofort hörte das Bel en auf. Alle Hunde setzten sich auf die
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