Die Vollstrecker
gegen einen gekämpft.«
»Ja, ich weiß. Es waren mal sie und mal andere. Damit meine ich unsere Mörder.«
Purdy schüttelte sich. »Himmel, wenn ich darüber nachdenke, muß ich sagen, daß ich nicht einmal dazu kam, mich gegen den Angreifer zu wehren. Das ist damals anders gewesen. Da habe ich meine Fäuste einsetzen können. Aber jetzt…?«
Er winkte ab. »Wir werden uns möglicherweise wieder daran gewöhnen müssen. Und es werden auch andere Zeiten kommen, denke ich.«
»Wie meinst du das?«
»Nun ja. Hier haben sie uns gefunden, und ich rechne auch damit, daß sie uns bei dir finden. Aber da sind wir zu viert, und wir haben auch mehr Platz.«
»Ja, mein Haus ist groß.«
»Okay, Purdy, hier hält mich nichts mehr. Laß uns Zusehen, daß wir verschwinden.«
Sie war einverstanden. Die Wohnung im sechsten Stock kam ihr wie eine Falle vor. Noch einmal blickte sie zum Fenster. Dahinter lag der trübe Tag wie eine geballte Masse. Tiefe Wolken, Grau in Grau, kaum Wind, der mit den Wolken spielte.
Ein Tag, um das Menschsein einmal zu vergessen. Um den ganzen Arger, den Horror des Lebens zurückzustellen. Das hätte sie gern getan, doch sie wußte auch, daß es nicht möglich war, denn dieser verdammte Tag hatte eben erst begonnen…
***
Purdy Prentiss wohnte nicht in einem noblen oder einem Prominentenviertel. Zwar stand ihr Haus in einer wenig bewohnten Gegend, aber mit dem alten Londoner Geldadel oder mit der Schickeria kam sie nicht in Kontakt. Die Häuser, die wir gesehen hatten, unterschieden sich sehr voneinander. Verschiedene Bauweisen aus den unterschiedlichsten Jahrzehnten. Mal Bungalows, zusammengepackt in einer Siedlung, dann große Gartenstücke oder struppige Felder, bevor es wieder einige Häuser gab, die allesamt bei diesem trüben Wetter traurig aussahen.
Wir fuhren an einem Fußballplatz vorbei. Die Farbe der Tore erinnerte mich an die bleichen Knochen, die schon lange in einem Grab gelegen hatten.
Ein kleines Universum für sich im Nordosten der Stadt, weit weg von der Hektik der City, die vollgestopft mit Menschen und auch Fahrzeugen war.
Wir waren ziemlich schweigsam während der Fahrt gewesen. Nur einmal hatte ich Suko genau erklärt, was passiert war, und er hatte meinen Bericht kommentarlos hingenommen.
»Glaubst du mir oder…«
»Kein oder, John. Auch ich denke, daß Atlantis mal wieder in die Gegenwart hineingegriffen hat. Aber mir geht das Monster nicht aus dem Kopf. Du hast es doch gesehen. Du hast es mir beschrieben. Ein Riesending. Ich frage mich die ganze Zeit über, woher es kommt, wer es ist und was dahintersteckt.«
»Das wissen andere.«
»Ja, Myxin und Kara.«
»Zum Beispiel.«
»Nur können wir nicht auf ihre Hilfe zählen.«
Ich war anderer Meinung. »Das kann man nie wissen, Suko. Du weißt selbst, daß sie immer für Überraschungen gut sind. Deshalb sollten wir die Flinte nicht ins Korn werfen.«
»Wenn dich das aufrecht hält, ist es okay.«
Ich wollte erst mal das Haus der Staatsanwältin finden. In der Gegend hielten wir uns bereits auf. Es gab hier mehr Häuser und weniger Grün, dennoch waren die Grundstücke recht groß. Hätten sie in der Londoner City gelegen, wären sie wohl kaum bezahlbar gewesen.
Nicht alle Häuser auf der rechten Seite hatten Hausnummern. So mußten wir uns auf das genaue Abzählen verlassen und hatten auch Glück.
Am Ende der Straße hörte der Asphalt auf. Ein normaler mit Gras bewachsener Weg führte nach einer Rechtskurve weiter. Genau dort stand ein Haus mit hohem Dach auf einem Grundstück, das mehr an eine Wildnis erinnerte.
»Wir sind da«, sagte ich.
Es gab kein Tor mehr, es war kein Zaun vorhanden und auch nur so etwas wie ein Weg. Man konnte ihn mehr als Pfad bezeichnen, dessen Spuren von Autoreifen in den Boden hineingedrückt worden waren. Auch ich lenkte den Rover in diese Mulden hinein, und so näherten wir uns der Vorderseite des Gebäudes.
Es war recht hoch, aber weniger breit. Uber der ersten Etage begann das Dach, das sich in einem nach innen gekehrten Schwung in die Höhe zog. Der dunkle Schornstein schaute wie ein Stummel hervor, aber kein Rauch kräuselte sich nach außen.
Auf einem Stück wilder Wiese hielt ich eien Rover an. Wir stiegen aus und ließen unsere Blicke schweifen. Hinter den Fenstern hingen Gardinen, die bestimmt nicht schmutzig waren, doch bei diesem trüben Wetter sah eigentlich alles schmutzig aus. Es nieselte nicht, aber die Wolken lagen recht tief. Der Wind brachte Feuchtigkeit
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