Die Voodoo-Witwe
gerade Platz für zwei Personen bot.
Dort hängte sie sich dem Inspektor an den Hals, bedeckte sein Gesicht mit Küssen. Er roch ihren leicht alkoholisierten Atem und versuchte vergeblich, sie von sich wegzuschieben.
Mit Suko hatte sich die Kleine den Richtigen ausgesucht. Nicht daß er ein Klotz gewesen wäre, aber er mochte nun mal keine Frauen, die angetrunken waren und unbedingt für die Nacht so etwas Ähnliches wie einen Beschützer brauchten.
»Hör mal, Kleine, ich möchte gern etwas trinken.«
Sie küßte weiter und murmelte. »Gleich, gleich kannst du es. Ich bin nicht deine Kleine, ich heiße Denise.«
»Also gut, Denise«, sagte er und hielt ihre Handgelenke fest. »Kannst du denn nicht verstehen, wenn man Durst hat?«
Sie schmollte. »Ja, schon…«
»Na bitte.« Suko wollte sich aus der Nische drehen, aber sie stützte beide Hände gegen seine Brust. »Nein, jetzt nicht!«
»Ich kann doch nicht…«
Sie schaute ihn an. Denise hatte ein süßes Gesicht, rund, schmollmündig und blauäugig. Ihr Make-up war etwas verlaufen, aber das machte nichts. In das hochgesteckte blonde Haar hatte sie sich als kleinen Gag Konfetti gestreut. Sie trug knallbunte enge Leggins, glitzernde Goldschuhe und als Oberteil ein Seidentop, das oben herum zwar wenig Stoff besaß, an seinem Ende aber bis über die Hüften reichte.
Wenn die dünnen Träger mal verrutschten, dann konnte es passieren, daß ihre knackigen Brüste hervorhüpften, was ihr aber nichts ausmachte.
Denise war das, was man in Californien Beach Girl nannte. Sie stammte aus der Normandie, dorthin ging sie in der kälteren Jahreszeit auch wieder, aber im Sommer machte sie die Cöte unsicher. Da war sie heiß, hungrig nach dem Leben, da wollte sie etwas erleben und bekam nicht mit, daß die Männer sie nur ausnutzten und oft schon nach einer Nacht zur Seite legten wie ein Handtuch.
Suko hatte versucht, mit ihr darüber zu reden, war aber nur ausgelacht worden. Denise wollte, solange sie jung war, das Leben kennenlernen. Und das sah an diesem Abend so aus, daß der Mann, der sie mitgenommen hatte, sich längst um eine andere kümmerte und Denise bei Suko hatte Trost suchen wollen.
»Ich will auch was trinken«, sagte sie plötzlich, trat zurück und schaute Suko völlig normal und sehr nüchtern an. »Und danach zeige ich dir etwas.«
»Wie schön. Was denn?«
»Etwas Schlimmes.« Sie bekam eine Gänsehaut. »Etwas Fürchterliches, glaub mir.«
Suko machte ein Gesicht, als würde er sie nicht ernst nehmen.
»Ehrlich?« fragte er.
»Ja.«
»Sag schon.«
Sie schüttelte den Kopf und lief weg.
Suko blieb noch einen Moment stehen. Die Band spielte nicht mehr, dafür drang die Musik jetzt aus dem Lautsprecher. Keine karibischen Rhythmen mehr, sondern normale Partymusik im Big-Band-Sound. Er dachte über die Worte der Blonden nach, während zahlreiche Gäste das Deck verließen und zu den Kabinen gingen.
Hatte Denise nur gescherzt, oder wollte sie ihm tatsächlich etwas Schreckliches zeigen?
Suko dachte zudem daran, daß er und John nicht zum Vergnügen nach Monaco gekommen waren. Sie jagten einen fürchterlichen Killer, und da war jeder Hinweis wichtig. Es konnte durchaus sein, daß Denise etwas entdeckt hatte, das nur für gewisse Augen bestimmt war, aber nicht für die eines Partygastes.
Er würde jedenfalls bei ihr weiterfragen, hörte dann ihre Schritte, und sie erschien mit zwei gefüllten Longdrink-Gläsern. »Was ist das denn?« fragte Suko und deutete auf die leicht trübe Flüssigkeit.
»Das heißt Tropical Dream.«
»Aha — und?«
»Nichts und. Er soll angeblich so richtig scharf machen. Da sitzt was hinter.« Sie trank zwei große Schlucke und holte dann tief Luft. »Da, nimm auch einen Schluck.«
Suko wollte kein Spielverderber sein, außerdem mußte er die Kleine bei Laune halten. Das Zeug war ihm zu süß. Es schmeckte nach Ananas und Banane. »Sag mal, Denise, du hast mir vorhin etwas erzählt, über das ich nachgedacht habe.«
»Was meinst du denn?«
»Dieses ach so Schlimme.«
Denise erwiderte zunächst nichts. Sie starrte nur aus glasigen Augen auf ihren Drink und hob die Schultern.
»War doch nur ein Scherz — wie?«
»Nein!« rief sie fast schon zu laut.
»Nein, das war es nicht.«
»Sondern?«
Sie trat dicht an Suko heran und bewegte sich dabei so heftig, daß sie etwas von ihrem Drink verschüttete. »Ich habe die Wahrheit gesagt, die reine Wahrheit. Hier ist nicht alles Gold, was glänzt. Hier geht etwas
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