Die Voodoo-Witwe
War das die Lösung des Rätsels? Kam ich durch das Fest dem geheimnisvollen Häuter auf die Spur?
Ich wußte es nicht. Ich konnte es nur hoffen, denn er durfte mir auf keinen Fall entwischen. Für mich war er kein Mensch mehr, ich sah ihn als eine Bestie an. Eine widerliche, mordlüsterne, furchtbare Bestie, der alles Menschliche fremd war, obwohl sich der Killer auf zwei Beinen bewegte.
Die Voodoo-Schau um Mitternacht schien neu zu sein. Es konnte ein Spaß werden, es konnte aber auch in blutigen Ernst ausarten, und davor hatte ich Angst.
Gern hätte ich Suko Bescheid gegeben, damit er ebenfalls die Augen offenhielt, aber mein Partner ›amüsierte‹ sich bestimmt woanders oder suchte bereits nach mir.
Ich hatte mich vom Bett entfernt und ging an der schwarzlackierten Wand entlang.
Sie bestand zwar aus sehr breiten, glatten Flächen, aber die waren nicht aus einem Stück gefertigt. Bei genauerem Hinsehen konnte ich erkennen, wo sie aneinander lagen.
Und da sah ich noch etwas.
Eigentlich etwas völlig Normales, denn aus der Wand schaute ein winziger Griff hervor. Er war gerade so breit, daß ich ihn mit zwei Fingern umfassen konnte.
Ich zog daran. Eine Klappe sank mir entgegen. Dahinter, in die Wand eingebaut, befand sich ein Fach. Auch etwas völlig Normales. Bis auf den Inhalt. Es war der Kopf aus dem Hotel!
***
Er lag sogar noch auf dem Tablett, und ich entdeckte die Blutreste, die sich auf dem Silber verteilt hatten.
Ich sah den Kopf nicht nur, ich roch ihn auch, denn er verweste bereits. Verwesungsgeruch hatte ich leider schon zu oft wahrgenommen. Auf alten Friedhöfen, in modrigen Grüften, und ich dachte daran, daß sich die Frau tatsächlich ein außergewöhnliches Liebesnest ausgesucht hatte.
Ich glaubte natürlich nicht daran, daß sie nichts von dem Kopf gewußt hatte. Wer so etwas verbarg, mußte einen bestimmten Plan verfolgen, der vor allen Dingen mit dem Voodoo-Zauber um Mitternacht zusammenhing. Ich fragte mich, was der Kopf mit dieser alten Magie zu tun hatte. Wie konnte man da eine Verbindung herstellen? Bisher war mir das unbekannt gewesen.
Sie hielt sich noch im Bad auf. Ich hörte das leise Geräusch des laufenden Wassers durch die geschlossene Tür, hatte also Zeit, mich näher mit dem Kopf zu beschäftigen.
Ich schaute direkt in sein Gesicht, wo die Augen einen fürchterlichen Ausdruck zeigten. Eigentlich überhaupt keinen. Sie wirkten wie Kugeln aus Glas, und selbst die Pupillen, die einmal dort gewesen waren, konnte ich nicht mehr sehen.
Unheimlich sah der Schädel aus. Sein Mund stand offen. Er war ein Farbiger, keiner aus Afrika, das war gut zu erkennen, sondern jemand, der einmal in der Karibik gelebt hatte.
Er sah schlimm aus. Die Haut besaß Flecken, das Haar erinnerte mich an eine schmutziggraue Masse. Auf dem Schädel war ein Teil der Kopfhaut aufgeplatzt und hatte dort schorfige Wunden hinterlassen. Auch aus den breiten Nasenlöchern war eine Flüssigkeit gedrungen, die mich an einen farblosen Schleim erinnerte.
Um den Geruch nicht voll mitzubekommen, atmete ich nur durch den Mund. Am liebsten hätte ich mir ein Taschentuch vor den Mund gepreßt, das alles kam nicht in Frage, denn meine Gedanken hatten sich längst mit einem anderen Plan beschäftigt.
Ich wollte auf keinen Fall, daß la Surenuse etwas von meiner Entdeckung merkte. Ich würde ihr nichts sagen. Wenn sie zurückkehrte, würde sie die Klappe wieder geschlossen finden. Mich allerdings mit ihr zusammen auf der Lustwiese auszutoben, danach stand mir beim besten Willen nicht der Sinn. Meine Fragen würden sie schon sehr genau treffen, und dann war ich auf die entsprechenden Antworten gespannt.
Mir fiel etwas auf.
Nicht einmal sehr bewußt, mehr im Unterbewußtsein. Irgendwas stimmte nicht mehr, hatte sich verändert.
Was denn?
Plötzlich fiel es mir ein.
Das Wasser rauschte nicht mehr.
Blitzschnell schloß ich die Klappe, drehte mich um — da stand sie und lächelte. Sie hatte die Spange aus dem Haar genommen und es mit den Fingern wild hochgekämmt. Sie trug einen flauschigen, weißen und sehr weich wirkenden Bademantel, deren Gürtel die beiden Hälften nur locker hielten, so daß sie mir einen Teil ihrer prallen Brüste präsentierte.
Aber sie trug noch mehr.
Es war ein Revolver, und auf dessen Lauf hatte sie einen Schalldämpfer geschraubt…
***
Fast wäre Suko gefallen, so heftig hatte ihn die Kleine vom Rand der Tanzfläche gezerrt und in eine Ecke gedrängt, die ziemlich dunkel war und
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