Die Voodoo-Witwe
wer das Opfer gewesen war, aber es stand für ihn fest, daß sich der Häuter in der Nähe befand, wenn nicht sogar auf dem Schiff.
Diese Folgerung verursachte bei Suko eine Gänsehaut, die über den gesamten Körper kroch. Er kam sich vor wie in einem Gefängnis, wie eingekreist. Es fiel ihm sogar schwer, Luft zu holen. Er richtete sich auf, drehte sich und starrte die Luke an. Wenn sich darunter eine Schleuse befand, war es für den Killer der ideale Ein-und Ausstieg.
Suko spielte mit dem Gedanken, die Luke zu öffnen und dort nachzuschauen; das allerdings kam für ihn nicht mehr in Frage. Er hätte zuviel Zeit verloren. John Sinclair mußte unbedingt Bescheid wissen, denn noch war er ahnunglos.
Suko konnte nicht anders, als sich die Zukunft sehr düster auszumalen. Er wollte nicht daran denken, was passierte, wenn dieser verfluchte Killer sein Versteck verließ, über das Deck irrte und dort einen Amoklauf begann. Da waren die Menschen wie Gefangene. Sie befanden sich auf einer Yacht, sie konnten nur ins Wasser springen, doch auch dort besaßen sie keine Sicherheit, denn die Strecke bis zum Land zog sich hin. Das schafften nur gute Schwimmer.
Suko mußte seiner Arbeit nachgehen, deshalb leuchtete er beide Schränke noch einmal aus, ohne allerdings weitere Spuren finden zu können. Diese von innen blutende Haut blieb die einzige. Er schluckte. Der Geschmack von altem Blut lag auch in seinem Mund, und er wollte ihn einfach nicht hinnehmen.
Mit schleifenden Schritten bewegte er sich auf die Tür zu. Das Zittern in seinen Knien blieb, aber es verschwand, als er die Tür weit aufgezogen hatte und in den Maschinenraum hineinlauschte. Er ging noch vor — und hörte die anderen Tritte.
Schnell und fluchtartig.
Das war nicht Denise, das mußten einfach die Schritte von einem Mann gewesen sein.
Die Angst um das Mädchen schoß heiß in ihm hoch. Er war gleichzeitig davon überzeugt, alles falsch gemacht zu haben. Wenn Denise nicht überlebte, lag das auch an ihm.
Er sah sie, er fand sie, und er sah sie liegen. Ja, sie lag auf dem Boden, und sie rührte sich nicht, so daß Sukos Angst sich noch mehr steigerte. Er dachte nicht mehr an den Flüchtling, der für ihn sowieso unsichtbar war, doch er ging mittlerweile davon aus, daß es der Häuter war, der hier unten gelauert hatte.
Denise hob den Kopf.
Das sah Suko in dem Moment, als er in die Knie ging, und er schaute in ein blutverschmiertes Gesicht. Dennoch durchwehte ihn Erleichterung, denn Tote bewegten sich nicht mehr.
Er faßte sie an, er hob sie etwas höher, drehte sie dann auf den Rücken. Sie stöhnte und verkrampfte sich, weil sie dort Druck spürte, wo sie der Koffer getroffen hatte. Suko drehte sie behutsam zur Seite und setzte Denise so hin, daß sie sich an ihm abstützen konnte.
»Kannst du mich hören?«
»Ja.«
»Was ist geschehen?« Mit einer Hand fummelte Suko nach seinem Taschentuch. Er zerrte es hervor, wartete die Antwort der jungen Frau aber noch ab.
»Einer war da. Ein… ein Kerl. Riesig, glaube ich. Den kannte ich nicht, er trug einen Koffer und ein langes Messer. Es war schrecklich. Er war der Tod auf zwei Beinen. Ich… ich hatte fürchterliche Angst. Ich rannte weg, wollte zu dir. Er warf mir was in den Rücken, ich fiel, schlug mir das Gesicht auf. Der Rücken brannte…«
»Aber er tötete dich nicht«, sagte Suko.
»Das stimmt. Er wollte es. Ich hörte seine Schritte, wie sie immer näher kamen. Sie waren so dumpf, so endgültig. Er hatte bestimmt auch schon das Messer gehoben, aber dann hörte ich dich.«
»Und der andere rannte weg, wie?«
»Ja, ja, er flüchtete.«
Suko nickte. »Da hast du mehr als Glück gehabt, Denise. Verdammt großes Glück sogar. Es hätte sehr leicht anders für dich kommen können.« Suko tupfte das Gesicht ab. Es war irgend etwas mit ihrer Nase geschehen, aus ihr strömte das meiste Blut. Suko entdeckte an der linken Wange ebenfalls eine Wunde. Sie sah aus, als wäre die Spitze eines Nagels durch das Fleisch gezogen worden und hätte dort eine tiefe Schramme hinterlassen.
»Aber sonst bist du okay — oder?«
»Ich hoffe es. Nur der Rücken, Suko.« Denise klammerte sich jetzt an ihn, und er ließ es zu, weil er wußte, daß ihr die Berührung guttat und Vertrauen weckte. »Ich habe das Gefühl, als wäre dort etwas gebrochen oder einfach zerrissen.«
»Nein, das ist bestimmt nur der Aufprall gewesen. Du wirst einen Bluterguß bekommen, eine Beule, aber in ein paar Tagen bist du wieder auf
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