Die Voodoo-Witwe
den Beinen.«
Denise überlegte einen Moment. Dann gab sie eine Antwort, die Suko erschreckte. »Oder tot«, flüsterte sie. »Wenn ich ihn noch einmal sehe, komme ich nicht mehr lebend weg. Das weiß ich, das weiß ich verdammt genau, Suko, da bin ich mir sicher!«
»Wir werden sehen. Zumindest versuche ich, immer in deiner Nähe zu bleiben.«
Sie schaute ihn an. Erst staunend, dann zweifelnd. »Nein, Suko, nein, das kannst du nicht sagen. Das darfst du nicht sagen. Das ist unwahrscheinlich, denn du hast ihn nicht gesehen. Ich will dir nichts, aber er ist dir überlegen. Der Mann kam mir vor wie ein Felsen, so wahnsinnig groß. Wir können nichts gegen ihn tun. Keiner auf dem Schiff würde es schaffen, ihn zu stoppen. Und er hat ein Messer.« In Erinnerung daran verzog sie das Gesicht und schüttelte den Kopf. »Es ist so schrecklich lang, so furchtbar scharf, so schlimm.«
»Das weiß ich, Denise.«
»Nein!« schrie sie, »Du weißt nichts, gar nichts!« Dann fing sie an zu weinen. Sie drückte ihren Kopf vor und legte das Gesicht gegen Sukos Hände. Er spürte das Zucken ihrer Haut, er merkte, wie der Tränenstrom floß und seine Haut befeuchtete. Er ließ sie weinen, er gab ihr die Zeit, obwohl er es eilig hatte und John Sinclair finden mußte. Doch diese Reaktion brauchte Denise einfach, denn sie mußte sich von dem Grauen erholen, das sie mit der Wucht eines Orkans getroffen hatte. Er sprach ihr langsam und beruhigend zu, hoffte, daß es bald vorbei sein würde, denn er wollte auf keinen Fall hier unten noch länger sitzen bleiben.
Irgendwann ebbte das Weinen ab. Suko hatte nicht auf die Uhr geschaut, er tat es, als Denise den Kopf hob und ihn aus tränenumflorten Augen anschaute. »Ich… ich bin eine Heulsuse, nicht? Ich bin ein Schwächling, ich bin…«
»Du bist gut, Kleine«, sagte Suko, ihr ein Taschentuch reichend. »Es hat so kommen müssen. Das Weinen war in diesem Augenblick die beste Medizin für dich.«
»Meinst du?«
»Ja, das ist sogar ehrlich.«
»Und was jetzt?«
Suko stand bereits auf den Beinen. Er half Denise ebenfalls hoch, die aufstöhnte und nach ihrem Rücken faßte. Dann aber biß sie die Zähne zusammen und sagte mehr lachend als weinend: »Meine Großmutter hat mir immer gesagt, daß man manchmal hart sein muß. Härter als das Leben, und nur so kommt man durch.«
»Sie war eine sehr kluge Frau«, lobte Suko.
»Ja, das war sie.«
»Ich nehme nicht an, daß man dir hier eine Kabine oder einen anderen Raum gegeben hat — oder?«
»Stimmt.«
»Du kennst das Schiff bestimmt besser als ich. Wo könntest du denn sicher sein?«
»Sicher?« Denise lachte auf. »Ich bin nirgendwo sicher. Der Unhold wird mich immer finden. Er muß das Schiff kennen wie seine Westentasche. Er ist durch die normale Tür geflohen, er wird mit seinem Messer…«, sie konnte nicht mehr sprechen, senkte den Kopf und schüttelte ihn. Suko nahm sie mit. Es hatte keinen Sinn, noch länger über Dinge zu diskutieren, die sich so nicht durchführen ließen. Der Maschinenraum war kein guter Ort, sie mußten wieder auf das Deck gehen. Dort waren sie sicherer, wenn auch nicht außer Gefahr.
Von allein konnte Denise die Stufen nicht hochgehen. Sie mußte von Suko gestützt und gezogen werden, und sie bewegte ihre Beine nur rein mechanisch, wobei sie mit den Fußspitzen immer wieder gegen die Stufenkante stieß.
An der Tür blieb Suko stehen und zog seine Waffe. Denise sah zum erstenmal, daß Suko eine Pistole mit sich führte. Sie erschrak darüber, enthielt sich jedoch eines Kommentars.
Suko öffnete die Tür. Er war gespannt, der Finger lag am Abzug. Sollte der Häuter in der Nähe lauern, würde er ihn mit Blei vollpumpen. Aber er war nicht da.
Suko schaute in den leeren, schwach erleuchteten Gang, dessen Metallwände das Licht leicht widerspiegelten.
»Komm«, sagte er nur.
»Du trägst eine Pistole, wie ich gesehen habe. Du bist kein normaler Gast, Suko. Gib es zu.«
»Stimmt.«
»Wer dann?«
»Ich bin Polizist und jage zusammen mit meinem Freund den Mann, der dich töten wollte. Deshalb sind wir hier. Wir wollen und wir müssen ihm das Handwerk legen.«
Sie schaute ihn an. Zuerst nicht sehr freundlich, eher mißtrauisch. Dann bekamen ihre Augen einen gewissen Glanz des Vertrauens, und sie fing an zu lachen. »Ist das wirklich wahr, Suko?«
»Ich kann es leider nicht leugnen.«
»Wieso leider?«
»Weil ich annehme, daß du mit Polizisten nicht viel im Sinn hast. Oder irre ich mich?«
Sie
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