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Die Wacholderteufel

Die Wacholderteufel

Titel: Die Wacholderteufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lüpkes
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er recht überlegte, war es Mattis schon immer merkwürdig vorgekommen, dass der Tischler ihn dauernd so eindringlich beobachtet hatte. Aber unter diesen Umständen, nun, wahrscheinlich hatte der Mann ihn auch irgendwie erkannt. Vielleicht war er deswegen ebenso fertig gewesen und hatte deswegen so gestarrt. Könnte ja sein.
    Es war aufregend, darüber nachzudenken. Aber es brachte ihn auch durcheinander.
    Bislang hatte es schließlich immer nur ihn und seine Mutter gegeben. Das war alles, was Mattis an Familie kannte. Demnächst würde noch eine Halbschwester dazukommen. Ein kleines Mädchen, na ja, ein Bruder wäre ihm lieber gewesen. Mattisfreute sich trotzdem darauf. Doch das Kind tat ihm jetzt schon Leid, weil es keinen Vater hatte. Mattis wusste, dass Hartmut es nicht sein konnte. Denn Mutter hatte ihn schon vor Wochen in ihr kleines Geheimnis eingeweiht und ihn bekniet, dem Stiefvater nichts zu sagen. Auf gar keinen Fall. Und sie würde noch vor der Geburt dafür sorgen, dass sie alle ein besseres Zuhause bekämen. Ganz bestimmt. Ein besseres Zuhause für Mama, Mattis und das Baby. Irgendwo anders. Und Hartmut würde sie alle in Ruhe lassen. Dies war auch der Grund, warum Mattis sich so auf das Baby freute. Weil es seiner Mutter die Kraft gab, endlich was zu ändern.
    «Na, aufgeregt, kleiner Mann?», fragte der Wacholderteufel, der sich gerade seine schwarzen Handschuhe anzog, an deren Fingerspitzen lange Krallen angebracht waren. Der Mann spreizte die Hände. «Gruselig, nicht wahr?»
    Mattis zuckte die Schultern. «Ich weiß ja, dass Sie in echt nur der Psychologe aus der Klinik sind. Als ich Sie das erste Mal gesehen habe, hat es mich mehr gegruselt.»
    «Aber heute Vormittag hatte ich noch nicht das Kostüm an.»
    «Das meine ich auch nicht», sagte Mattis. Er setzte sich endlich hin, seine Knie waren vor Lampenfieber ohnehin schon weich wie sonst was, und er gab es jetzt auf, nach Wencke zu suchen. Dann hatte sie ihn wohl vergessen. Oder veräppelt.
    Er traute sich nach einiger Überlegung doch nicht, neben Joy-Michelle unter die Decke zu kriechen. Stattdessen setzte er sich auf einen Wollzipfel und drehte sich zum Wacholderteufel, dessen Gesicht ganz lila geschminkt war. Mit einer Art Knete hatte man seine Nase vergrößert, und die Augenbrauen waren tiefschwarze Bögen. «Ich meine in der Nacht, als Sie unter unserem Balkon standen. Da habe ich mich ziemlich gefürchtet. Aber im Vergleich zu meiner Mutter bin ich noch ganz schöncool geblieben. Die hat sich nämlich vor Schiss fast ins Nachthemd gemacht.»
    Der Wacholderteufel schaute ihn stirnrunzelnd an. «Was meinst du?»
    «In der ersten Nacht hier in Bad Meinberg sind meine Mutter und ich aufgewacht, weil vor unserem Balkon ziemlicher Lärm war. Und da habe ich Sie in Ihrem Kostüm gesehen, daneben waren noch ein paar andere Leute. Und meine Mutter hatte Angst, sie hat gesagt: ‹Das sind die Wacholderteufel, und die wollen was von mir.›»
    Einer der Helfer kam zu ihnen und zupfte am Teufelsgewand. «Ilja, mach dich klar. Das Lied ist gleich zu Ende, und dann kommst du   …»
    Doch der Wacholderteufel reagierte nicht. Nachdenklich schaute er Mattis an. «Ich bin ein Idiot!», sagte er schließlich. Mattis konnte sich keinen Reim darauf machen, doch es schien dem Mann einiges durch den Kopf zu gehen.
    «Ich hätte selbst darauf kommen müssen. Natürlich, in der Nacht waren Konrad Gärtner und die anderen bei mir, um das Teufelskostüm zu bringen. Ich war nicht in der Klinik, sie sollten mir die Verkleidung in den Flur beim Pavillon legen. Sicher haben sie ein bisschen mit meinem Umhang und der Gummimaske herumgealbert. Und das war es, was deine Mutter und du gesehen habt. Und ich dachte wirklich, deine Mutter sei ein wenig   … überspannt. Meine Güte. Holzklötze wie ich sollten nicht Psychologie studieren   …» Dann stand er auf.
    «Dann waren die Teufel gar nicht wegen uns da», verstand Mattis.
    «Es kann schon sein, dass sie deiner Mutter einen üblen Scherz spielen wollten», entgegnete der Wacholderteufel.
    «Aber warum? Wir haben doch niemandem etwas getan!»
    «Das erzähle ich dir später. Jetzt ist erst mal Showtime,okay?» Er schaute auch zu Joy-Michelle und hielt für beide seine Handflächen zum Abklatschen hoch. Mattis fühlte sich plötzlich richtig erwachsen und klatschte erfreut ab, Joy-Michelle tat es ihm gleich.
    Das Lied von den Bergen war zu Ende, und der bärtige Mann bekam einen donnernden Applaus, für den er

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