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Die Waechter der Teufelsbibel - Historischer Roman

Titel: Die Waechter der Teufelsbibel - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Duebell
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unten möchte ich nicht lebendig begraben sein, wenn diese Ruine mal in sich zusammenfällt.«
    Alexandra blieb stumm.
    »Wenn es hier oben jemals irgendetwas Interessantes zu finden gab, ist es schon lange verschwunden«, fuhr Wenzel fort. »Hier kann jeder rein. Da unten jedoch sieht es meines Erachtens anders aus.«
    »Warum?«, fragte sie gegen ihren Willen. Sie erwartete, dass er nun die Chance nützen und etwas wie »Weil du nicht der einzige Schisser bist, der sich nicht in ein dunkles Kellergewölbe hinunterwagt!« sagen würde.
    »Weil«, sagte Wenzel, kletterte ein paar Stufen hinab und hockte sich dann auf die Fersen, so dass er besser in das Gewölbe hineinspähen konnte, »dort unten ein Verschlag ist, der das weitere Vordringen unmöglich macht.«
    Alexandra schämte sich, dass sie bei all den Gelegenheiten, in denen sie hier gewesen war, nicht einmal den Mut aufgebracht hatte, wenigstens so weit in das Gewölbe vorzudringen, dass sie den Verschlag entdeckt hätte. Sie folgte Wenzel, mühsam die Stimme in ihr unterdrückend, die sie zur Flucht auffordern wollte.
    Wenzel schien ihre Furcht zu spüren. Er sagte leichthin: »Ich kann mir nicht vorstellen, dass das Haus gerade heute zusammenstürzt. Es hat so viele Jahre überstanden, da übersteht es den heutigen Tag auch noch.«
    »Der Teufel lacht immer dann am lautesten, wenn er uns überraschen kann«, sagte Alexandra. Sie wusste, dass ihre Stimme sich klein anhörte.
    »Dem Teufel ist es heute viel zu kalt«, entgegnete Wenzel.
    Der Verschlag war so weit vom Treppenende entfernt, dass das Licht nur düster hierher drang. Alexandra drehte sich um. Sie war erstaunt, wie nahe die letzten Treppenstufen in Wirklichkeit waren; es war ihr vorgekommen, als wären sie mindestens hundert Mannslängen weit in das Gewölbe vorgedrungen. Ein sichernder Blick nach oben zeigte die unregelmäßige Oberfläche eines Backsteingewölbes, dem hier und daein Stein fehlte und aus dessen Ritzen Flechten und Moosfäden hingen. Schneeverwehungen lagen wie zartes Gespinst an der einen Wand. Der Boden bestand aus festgestampfter Erde, noch halb gefroren. Sie atmete aus und sah das Wölkchen; es war viel kälter hier unten als oben, obwohl das Gewölbe den Raum eigentlich hätte schützen sollen.
    »Das stammt nicht von den Bauarbeiten«, sagte Wenzel.
    »Woher willst du das wissen?«
    Er nahm ihre Hand und führte sie an den Verschlag heran. Seine Finger waren genauso kalt wie die ihren, aber er schien sich nichts daraus zu machen. Sie fühlte die Versenkungen im Holz, die von tief eingehämmerten Nägeln stammten.
    »Handwerker hätten das meiste Holz und alle Nägel mitgenommen. Das sind Eisennägel, Alexandra, die sind wertvoll.«
    »Wer soll denn den Zugang abgesperrt haben, wenn nicht die Handwerker?«
    »Keine Ahnung. Deine Eltern?«
    »Wozu? Die Bauarbeiten sind schon vor Ewigkeiten eingestellt worden. Wozu hätten mein Vater und meine Mutter den Zugang zum Kellergewölbe absperren sollen? Sie kümmern sich nicht mal um das Ding. Sie scheinen der Ansicht zu sein, dass es Oink junior gehört, wann immer er es haben will.«
    »Wer ist Oink junior?«
    Alexandra fühlte, wie sich ein Kichern in ihrer Kehle löste. »Sebastian Wilfing.«
    Sie sah im schwachen Licht, wie Wenzel den Kopf schüttelte; er lächelte. Als hätte das Kichern eine vollkommen freie Assoziation ausgelöst, hörte sie sich plötzlich sagen: »Ich wusste, dass der Automat nicht dir gehört.«
    Dass sie einen wunden Punkt berührt hatte, wusste sie, als Wenzel nicht fragte: »Welcher Automat?« Er schwieg.
    »Ich glaube auch nicht, dass du ihn zu deinem Vergnügen dort angeschaut hast.« Es war ungeheuer schwer, es auszusprechen, aber die seltsame Situation in diesem kalten, zunehmend unheimlichen Kellerloch half ihr. Dann ging ihr auf, was sie ihm damit verraten hatte, nämlich, dass ihr nicht unbekannt war, was ein junger Mann allein in einem Versteck tun mochte, während er der unanständigen Darbietung einer bizarren kleinen Mechanik folgte. Was war auf einmal los mit ihr? Sie hatte in den vergangenen zwei Jahren nicht so viel mit Wenzel geredet wie in den letzten Minuten, und mit jedem Satz schien sie mehr von sich preiszugeben, als sie wollte. Wenzel ging jedoch nicht darauf ein. Alexandra hatte eine leise Ahnung, dass es für ihn noch peinlicher war als für sie.
    »Mein Vater sagt«, murmelte Wenzel schließlich, »dass Kaiser Rudolf Dutzende von Automaten hatte – je verrückter, desto

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