Die Waechter der Teufelsbibel - Historischer Roman
besser.«
»Und was hat er damit gemacht?«
»Wenn er guter Laune war, hat er sie den ausländischen Diplomaten vorgeführt.«
»Alle!?«
»Der, den du meinst«, sagte Wenzel, und unvermittelt hatte sie das Gefühl, ein Lächeln in seiner Stimme zu hören, »war für Gesandte aus dem Vatikan vorbehalten.«
Alexandra kicherte. Wenzel kicherte mit.
»Was haben die Prälaten gemacht? Empört den Raum verlassen?«
»Nein, nach der Adresse des Erbauers gefragt.«
Alexandra platzte heraus. Das Lachen hörte sich seltsam an hier unten, dumpf und scheppernd, als wäre es völlig fehl am Platz. Sie verstummte, aber es hatte gereicht, um die Düsternis ein wenig zu erhellen. Sie hörte, wie Wenzel an dem Verschlag herumzerrte und etwas quietschte. Schlagartig kehrte die Besorgnis zurück.
»Was tust du da?«
»Ich glaube, ich kann hier zwei Bretter lösen.« Wenzel ächzte. »Dann können wir durchschlüpfen …«
»Hör sofort auf damit! Du bringst alles zum Einsturz!«
»Nein, tue ich nicht.«
»Hör trotzdem auf. Ich …«
Das Quietschen wurde zu einem kurzen hölzernen Aufschrei, und Wenzel sagte: »Geschafft.«
Sie starrte die dunkle Lücke in der nicht wesentlich helleren Fläche des Verschlags an. Zwei Bretter, aus der Verankerung an ihrer Basis gedrückt, schwangen lose herum. Wenzel hielt sie beiseite wie einen Vorhang und steckte den Kopf hindurch. Obwohl sie es nicht wollte, trat sie doch näher heran. Vage konnte sie erkennen, dass der Gang sich dahinter fortsetzte, mit den üblichen gähnenden Türlöchern von weiteren Lagerräumen, die in einem bewohnten Haus die Wein- und Fleischvorräte beherbergt hätten. Der Geruch, der ihr entgegenschlug, war trocken und muffig und klammerte sich um ihre Kehle. Er erinnerte sie an den Geruch in den klösterlichen Beinhäusern, in denen die Knochen der Verstorbenen ringsum in Regalen lagen. Eine Gänsehaut lief ihr über den Rücken.
Mitten im Gang kauerte ein klobiger Schatten. Alexandras Hand klammerte sich an etwas; es war ihr nicht bewusst, dass es Wenzels Schulter war.
»He!«, brüllte eine Stimme von draußen. Alexandra verkrallte sich im Stoff von Wenzels Jacke und gab einen gedämpften Laut von sich. »Raus da, aber plötzlich!«
Alexandras Blick heftete sich auf Wenzels Gesicht. Soweit sie es erkennen konnte, war er ebenso erschrocken wie sie.
»Habt ihr nicht gehört? Verdammtes Pack!«
Lautlos formten Alexandras Lippen den panikerfüllten Satz: »Wer ist das?«
Wenzel zuckte mit den Schultern.
»Verdammt, was soll’s«, sagte eine zweite Stimme. »Unsere Runde ist gleich zu Ende. Ist doch völlig egal, wer sich hier rumtreibt.«
»Wachen«, formte Wenzel.
»Wahrscheinlich stecken die da unten im Keller«, sagte die erste Stimme. Alexandra zuckte zusammen.
Sie hörten, wie sich dem Kellerabgang Schritte näherten. Alexandra spürte, wie die Panik sie zu überwältigen drohte. Die Frage, was das Schlimmste wäre, wenn man sie hier unten entdeckte (eine Auseinandersetzung mit ihrer Mutter), kam ihr nicht in den Sinn; die ganz eigene Atmosphäre des Kellers gab ihr das Gefühl, dass sie auf keinen Fall den Wachen in die Hände fallen durften.
Wenzel packte ihre Hand und zog sie mit sich. Sie leistete keinen Widerstand. Er drängte sie mit dem Rücken gegen die Mauer und presste sich daneben. Ihre Hand hatte er nicht losgelassen, und sie machte keinerlei Anstalten, sie ihm zu entziehen. Die Schatten waren dicht genug, dass jemand, der von draußen hereinsah, sie hier nicht ausmachen konnte. Sie starrte Wenzel an, und er starrte sie an. Die Kälte der Mauer in ihrem Rücken drang ihr ins Fleisch.
»Hör doch auf«, sagte die zweite Stimme. »Wenn die nach da unten müssen, um rumzufummeln, sind sie gestraft genug.«
»Kommt raus!«, rief die erste Stimme. »Verdammt noch mal, wenn ich euch holen muss, dann gnade euch Gott!«
»Was ist denn heute mit dir los? Hab ich nicht ein Dutzend Mal Schmiere gestanden, wenn du deine Süße in irgend’ner Ecke gevögelt hast? Einmal sogar unterm Dienst, wenn ich mich recht erinnere. Lass die doch auch ihr Vergnügen haben.«
Alexandra sah, wie Wenzel die Augenbrauen hob. Sie wandte den Blick von ihm ab. Die Verwicklungen waren ihr in der beklemmenden Lage, in der sie steckten, schlichtweg zu viel.
»Meine Süße ist jetzt meine Alte, also red nicht so.«
»Warte, bis es wieder wärmer wird, und dann bring sie hierher. Dann wird sie vielleicht wieder deine Süße.«
»Was …«
Alexandra sah
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