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Die Waechter der Teufelsbibel - Historischer Roman

Titel: Die Waechter der Teufelsbibel - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Duebell
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förmlich vor sich, wie der erste Wächter irritiert den Kopf zu seinem Kameraden umwandte und dann wieder versuchte, die Dunkelheit im Kellergewölbe mit den Augen zu durchdringen.
    »Verdammt noch mal, raus da, hab ich gesagt! – Was geht dich das eigentlich an?«
    »Ich steh auch gern wieder Schmiere«, sagte der zweite Wächter und lachte gemütlich.
    Der erste Wächter machte ein paar Schritte die Treppen hinunter.
    »Also gut«, sagte der zweite Wächter. »Die alte Kogge, der wir unterwegs begegnet sind, hat gesagt, ein Bursche und ein Mädchen hätten sich hier versteckt. Abgesehen davon, dass das Weib wahrscheinlich nur neidisch ist, weil sich keiner zu dieser Jahreszeit in eine verdammte Ruine schleicht, um ihr an die Spalte zu gehen, solltest du mal drüber nachdenken, was passiert, wenn wir tatsächlich jemand finden.«
    Die Schritte auf der Treppe erstarben. Alexandra konnte nicht anders, sie musste den Blick wieder zu Wenzel heben. Auf seinem Gesicht spiegelte sich ihre eigene Überraschung.
    »Weißt du noch, was passiert ist, als Blažej und der alte Lumír letztes Jahr unter der Brücke den Neffen von Graf Martinitz aufstöberten, während er noch im Hintern des Diakons der Thomaskirche steckte? Und sich nicht bestechen ließen, sondern die zwei wegen Sodomie einlochten?«
    Wenzel riss die Augen auf, und sein Mund begann zu zucken. Die Schritte auf der Treppe verharrten weiterhin. Alexandra schwitzte, nicht nur aus Furcht, sondern auch, weil Wenzels Miene ein Gackern in ihr auslöste, das sich kaum unterdrücken ließ.
    »O Mann!«, sagte der Wächter auf der Treppe.
    »Gleich ist unsere Runde zu Ende. Hauen wir ab.«
    Der Mann auf der Treppe bewegte sich nicht. Dann knurrteer plötzlich etwas Undefinierbares, die Schritte stapften die Treppe wieder hinauf, und die Wachen marschierten ab. Alexandra lehnte wie erstarrt an der Mauer.
    »So, so«, sagte Wenzel nach einer langen Weile. »Der Neffe von Graf Martinitz. Wer hätte das gedacht?«
    Alexandra lachte hysterisch los und beruhigte sich erst, als Wenzel sich aus dem Griff ihrer Hand befreite. Sie wischte sich die Tränen aus den Augen und holte tief Luft. Wenzel zerrte die losgelösten Bretter wieder an ihren Platz und stieg wortlos die Treppe hinauf ins Freie, Alexandra neben sich. Irgendwie war das Interesse an der weiteren Erkundung des Kellergewölbes bei beiden erloschen.
    Als sie oben standen, kam die alte Verlegenheit wieder über sie. Wenzel brach schließlich das Schweigen.
    »Hast du etwas gesehen? Ich konnte kaum was erkennen, nur so eine Art Schatten. War da etwas?«
    Alexandra schüttelte den Kopf. Sie war erstaunt, wie ruhig ihre Stimme klang. »Nein. Alles, was ich gesehen habe, war ein Haufen herabgefallener Steine in der Mitte des Gangs. Wahrscheinlich sind irgendwann mal die Wachen darauf aufmerksam geworden, dass der Keller eine Gefahr darstellt, und haben ihn verrammelt.«
    »Tja«, sagte Wenzel und hob die Schultern. »Na dann … bis bald.«
    »Ja, bis bald«, sagte Alexandra. Sie gingen wie auf ein geheimes Zeichen gemeinsam los, jeder in seine Richtung. Alexandra nahm sich vor, sich nicht umzudrehen, aber dann tat sie es doch. Wenzel hatte sich ebenfalls umgedreht. Er winkte ihr zu. Sie senkte den Kopf und stapfte davon, in die Königsgasse hinein, die wenigen Dutzend Schritte zu ihrem Haus. Im Nachhinein schien es unfassbar, wie nahe es war; in der alten Ruine hatte sie sich gefühlt, als wäre sie hundert Meilen weit von zu Hause entfernt.
    Sie fragte sich, warum sie Wenzel nicht die Wahrheit gesagthatte. Lag es daran, dass sie nicht sicher war, was sie eigentlich gesehen hatte?
    Dass sie einen Moment lang überzeugt gewesen war, der kauernde Schatten sei kein Steinhaufen gewesen? Dass dort, mitten im Gang, eine große, schwere Truhe stand, von Ketten gesichert, als sei ein Ungeheuer darin eingesperrt, das nie, nie herausdurfte?
    3
    Andrej hatte sich in Brünn verliebt. Er wusste nicht recht, weshalb. Lag es daran, dass die Stadt selbstbewusst zu dem steilen Burghügel emporstieg und sich weniger ihm zu Füßen zu ducken als sich vielmehr anzuschicken schien, ihn zu erobern? Oder daran, dass die Stadt stets eine willkommene Abwechslung bot, ob man sich nun aus dem Süden von Wien her näherte oder vom Norden her aus Prag? Kam man von Wien, beendeten die Hügelketten nördlich von Brünn die eintönige Ebene, die sich zwischen der Habsburgerstadt und der quirligen mährischen Handelsmetropole erstreckte. Kam man

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