Die Waechter der Teufelsbibel - Historischer Roman
ein bestochener Wärter erdrosselte. Vielleicht würde sie sich sogar auf ihn setzen und die Erektion nutzen, die der Erdrosselungstod einem Mann bescherte, was ein erstrebenswerter letzter Moment hätte sein können, gemessen an dem hilflosen Begehren, das er für sie empfand – wenn er nicht zu viel Angst vor dem Tod gehabt hätte und noch mehr davor, in ihrer Gegenwart zu sterben. Dies zu wissen und dennoch bei jedem Gedanken an Diana das Begehren in sich brennen zu fühlen, um ihre Gnadenlosigkeit zu wissen und es dennoch zu genießen, ihr ausgeliefert zu sein, war eine ganz besondere Art von Perversion, die ihm – der er fast alle anderen kannte und verübt hatte – brennende Schauer über den Körper laufen ließ.
Was ihn allerdings irritierte, waren die Gefühle, die sich in Bezug auf Alexandra Khlesl eingestellt hatten. Er fühlte sich im Umgang mit ihr sicher – und gleichzeitig auf völlig fremdem Terrain.
Sicher, weil er in erster Linie Lust bei dem Gedanken empfand, dass der Weg, auf den er sie führte, mit ihrer Unterwerfung enden würde und damit, dass ihr Körper bald dem seinen so ausgeliefert sein würde, wie es ihr Herz zum Teil jetzt schon war, sicher auch, weil es kaum ein Geheimnis gab, das er von Alexandra nicht kannte. Was die Ziehmutter Isoldes gewusst und verraten hatte, wusste nun auch er. Es war leicht, sie stets mit der Erfüllung ihrer kleinen, völlig unschuldigen Wünsche zu überraschen, denn er kannte sie alle. Es warleicht, sie glauben zu lassen, er sei der Engel, den der Herr herabgesandt hatte, um ihr das Glück zu schenken, denn scheinbar lebte er nur dafür, sie fröhlich und glücklich zu stimmen. Wenn er den Sport bei der Eroberung einer Frau in der Schwierigkeit gesehen hätte, ihr Herz zu gewinnen, und nicht in der Aufgabe, sie zu demütigen und um Gnade flehen zu hören, sobald er sie erst besaß, wäre ihm seine Aufgabe vermutlich längst langweilig geworden.
Und dennoch … Dennoch fühlte er sich mit jedem Schritt auf ihrem gemeinsamen Weg zugleich in eine Richtung gehen, die ihm vollkommen unbekannt war. Verblüfft hatte er erkannt, dass es ihm ein warmes Gefühl bereitete, Zeuge ihrer Überraschung zu werden, wenn er ihr eine Freude gemacht hatte. Erstaunt war ihm klar geworden, dass er, obwohl er davon träumte, sie nackt und gefesselt auf einem Bett zu sehen und ihr Schmerzen zu bereiten, von einem wohligen Fieber ergriffen wurde, wenn sich ihre Hände zufällig berührten. Wenn er seinen eigenen Phantasien weit genug folgte, sah er, wie Diana und er zusammen ihre Lust an Alexandra stillten, so wie sie es mit der billigen Hure am ersten Tag ihrer Bekanntschaft getan hatten – nur dass er sich plötzlich eingreifen sah, wenn Diana sich anschickte, ihre Grausamkeit an Alexandra zu erproben.
Es verwirrte ihn. Die Huren in den Frauenhäusern an der Mauer konnten ein Lied davon singen (ein näselndes, zahnloses Lied), wohin die Verwirrung Heinrich von Wallenstein-Dobrowitz trieb; Alexandra bekam davon nichts mit.
Sie trat zu einem Fenster und rieb daran, bis sie hinausblicken konnte. Heinrich wusste, dass der Blick über Prag von dieser Seite der Burg aus atemberaubend war. Das klare Nachmittagslicht, die senkrecht in den blauen Himmel aufsteigenden Rauchsäulen und das Mosaik aus schwarzen Wänden und schneeweißen Dächern würde die Stadt vor ihren Augen flirren lassen. Sie zuckte zurück, als habe etwas sie gebissen, und betrachtete ihre Hand. Heinrich war sofort an ihrer Seite.
»Ein Splitter«, sagte sie und zeigte ihm einen Finger. Es war eine lächerliche Wunde, aber er sah den Blutstropfen und fühlte die Erregung sich in ihn senken wie heißes Blei. Ohne nachzudenken, nahm er ihre Hand und leckte das Blut von ihrem Finger. Er sah auf. Ihre Blicke trafen sich. Er sah, wie sie über und über rot wurde und ihm ihre Hand entzog, aber sie tat es nicht sofort.
»Entschuldigung«, sagte er.
Sie räusperte sich. Er hatte nicht erwartet, dass sie ihn zurechtweisen würde, und war trotzdem froh, als sie es nicht tat.
»Sie müssen den Splitter herausziehen lassen«, sagte er.
»Meine Magd ist geschickt mit Nadel und Pinzette«, sagte sie. Ihre Stimme schwankte.
»Zweifellos.« Sie standen noch immer nahe beisammen am Fenster. Heinrich fühlte die Spannung zu groß werden. Es war noch zu früh, auch wenn alles in ihm danach verlangte, ihre Verwirrung zu nutzen und sie zu küssen. Sie würde unfehlbar die Seine sein, und jeder Augenblick, um den er es
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