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Die Waechter der Teufelsbibel - Historischer Roman

Titel: Die Waechter der Teufelsbibel - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Duebell
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könnte dem Geist des alten Kaisers etwas anhaben?«
    Sie lachte erneut. Heinrich war erstaunt, wie leicht es war mitzulachen.
    »Gibt es sonst noch etwas hier in der Burg, das Sie sehen wollen und das ich Ihnen eigentlich nicht zeigen darf?«
    »Mein Onkel hat mir von der Kunstsammlung Kaiser Rudolfs erzählt …«
    Einen Moment lang blitzte das dunkle Gewölbe vor Heinrichs innerem Auge auf, der Geruch nach Alkohol, verwesenden Menschenkonserven, Mumien, das Gemetzel unter den Zwergen, der Einfall, der ihm in letzter Sekunde gekommen war, die Leichen von zweien der Missgeburten in die Truhe zu packen anstelle der Steine, wie er es ursprünglich beabsichtigt hatte. Plötzlich wusste er, dass dies der Ort war, an dem er den letzten Schritt tun und die Macht über Alexandra gewinnen würde. Die Kuriositätenkammer war fast das ganze Jahr über verschlossen. Kaiser Matthias verachtete sie, war sich aber des Werts der übrig gelassenen Werke bewusst und betrachtete sie als eine Art Reserve-Schatzkammer, aus der er sich beizeiten bedienen würde. König Ferdinand hatte einen Teil der Sammlung bereits seinem jüngeren Bruder Leopold versprochen, der nach dem Tod Matthias’ die kaiserliche Statthalterschaft über Tirol antreten sollte und die von Erzherzog Ferdinand II. (der durch seine Ehe mit einer Kaufmannstochter aus Augsburg berüchtigt geworden war) geerbte Kunstsammlung auf Schloss Ambras zu erweitern gedachte. Beide ließen die Überreste der Wunderkammer daher eifersüchtig hüten, was zur Folge hatte, dass niemand die Gewölbe mehr betrat. Auch Heinrich hatte sie seither nicht mehr betreten – aber er besaß noch immer den Schlüssel.
    Alexandra legte eine Hand auf seinen Arm. »Verzeihen Sie«, sagte sie. »Jetzt habe ich Sie in Verlegenheit gebracht.«
    Heinrich legte seine Hand darüber und hielt sie fest.
    »Nichts bringt den Geist von Kaiser Rudolf in Verlegenheit!«, deklamierte er. Alexandra lachte, doch nach ein paar Herzschlägen versiegte ihr Lachen, und sie sah seine Hand nachdenklich an. Er hob sie zögernd, und ebenso zögernd nahm sie die ihre von seinem Arm. Sie räusperte sich erneut.
    »Ich wusste nicht, dass Sie Slavata kennen«, sagte er nach einer langen Pause, in der er versucht hatte, sich von ihren forschenden Blicken nicht durchschauen zu lassen und gleichzeitig den schweigenden Blickkontakt zu genießen.
    »Ich kenne ihn nicht.«
    »Sie haben so ausgesehen.«
    »Ihnen bleibt nichts verborgen, oder?«
    Er lächelte.
    »Es war niemand«, sagte sie. »Ich dachte, ich kenne einen von seinen Begleitern, aber …« Sie winkte ab. »Es waren nur seine Schreiber.«
    3
    » Du bist neu hier , Kleiner, also lass es dir erklären.«
    Wenzel nickte. Er hatte Schwierigkeiten, sich auf Philipp Fabricius, den Ersten Schreiber von Graf Martinitz, zu konzentrieren. Konnte es wirklich sein, dass es Alexandra gewesen war, die er gestern im Wladislawsaal gesehen hatte – die lachend mit einem jungen Mann an der Seite davongerannt war, als sei es nicht mehr als ein lustiger Streich, unerlaubt in den alten Königspalast einzudringen? Nein, das war unmöglich. Aber die lange, lockige Mähne, der Schwung ihrer Wange, die Art, wie sie sich bewegte … Er hatte sie nur gegen das Fenster gesehen und dann von hinten, bekleidet mit einem langen Kapuzenmantel. Es hätte Gott weiß welche junge Frau sein können, die zufällig langes, lockiges Haar besaß und es offen trug. Dennoch wusste er genau, dass sie es gewesen war.Er hätte sie unter Tausenden erkannt, bei Nebel und Dunkelheit. Fast die ganze Nacht hatte er schlaflos damit zugebracht, darüber nachzugrübeln, was seine Entdeckung zu bedeuten hatte. Sie hatte ihn auch erkannt, ohne Zweifel, aber so getan, als sei er ihr fremd. Was das zu bedeuten hatte, bedurfte nicht gar so viel Nachdenkens, eher einer größeren Anstrengung, die Erkenntnis zu verdrängen.
    »Wo warst du zuerst, Kleiner?«
    Wenzel schaute auf. »Hm?«
    »Ich habe gefragt, wo du zuerst gearbeitet hast.« Zwischen Philipp Fabricius’ Brauen bildete sich eine steile Falte.
    »Ich heiße Wenzel«, sagte Wenzel, der den Ersten Schreiber um mindestens einen Kopf überragte. »Ich war bei ÝKhlesl & LangenfelsÜ. Mein Vater ist einer der Partner.«
    »Haben sie dich auf die Straße gesetzt, weil du den ganzen Tag vor dich hin geträumt hast?«
    »Entschuldigung«, sagte Wenzel.
    »Warum haben sie dich auf die Straße gesetzt, Kleiner?«
    »Sie haben mich nicht auf die Straße gesetzt!«

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