Die Wächter Edens
hat, aber es ist seine.«
»Und ich habe sie lange Zeit benutzt«, ertönte die durchdringende Stimme des blonden Mannes plötzlich hinter ihm.
Toni erstarrte vor Schreck. Er wagte fast nicht, sich umzudrehen.
»Ich hoffe, er ist bereit«, sagte Vincent an Shane und Noriko gerichtet.
»Für die Jagd?«, fragte der Hüne leicht überrascht.
Vincent nickte und drehte sich bereits zum Gehen um. »Heute Nacht. Ich kann ihn schon spüren.«
Shane zuckte die Achseln. »Ein Großer?«
Vincent gab keine Antwort mehr.
»Du hast ihn gehört«, lachte Shane. »Heute Nacht wird’s ernst. Ich sagte dir ja schon: Hier gibt es keinen Welpenschutz.«
»Ja, ja«, erwiderte Toni seufzend. »Ich bekomme meine Antworten später, nicht wahr?«
»Anblicke wie der von Vlad werden jetzt eher die Regel denn die Ausnahme, klar?«, fügte Shane hinzu. »Wenn du das nicht abkannst, dann sag Vince Bescheid, und er kümmert sich um dich.«
»So wie du das sagst, klingt das nicht nach etwas, was ich anstreben sollte.«
Noriko schüttelte ernst den Kopf. »Nein, solltest du nicht.«
Shane baute sich vor Toni auf. »Also, ein letztes Mal. Das hier wird mit Sicherheit die verrückteste und schrecklichste Sache in deinem Leben, glaube mir. Aber es wird dir die Augen für so manches Wunder öffnen, das verspreche ich dir. Du musst jetzt endgültig entscheiden, ob du das schaffst.« Er machte eine kurze Pause. »Also, kriegst du das hin?«
Toni dachte kurz über seine äußerst bescheidenen Wahlmöglichkeitennach. Warum auch immer man ihn aus Rom hierhergeschickt hatte, es gab für ihn kein Zurück mehr. »Ich pack das«, versicherte er Shane.
»Hast du die Spielregeln gelesen?«
»Ja, aber das klingt alles so verrückt.«
»Das ist es ja auch«, warf Noriko ein. »Doch manchmal steckt im größten Wahnsinn die einzige Wahrheit.«
»Oh, wie tiefsinnig«, lachte Shane.
Noriko verdrehte stumm die Augen.
»Hast ja recht«, lenkte der Hüne ein und wandte sich dann wieder Toni zu. »Wir werden schon bald aufbrechen, also hau dich lieber noch mal ’ne Stunde hin. Es wird ’ne lange Nacht. Noriko und ich bereiten die Ausrüstung für heute Abend vor.«
Toni wandte sich schon zum Gehen, als er bei der Tür noch einmal innehielt. »Alfred hat eine seltsame Art zu predigen, findet ihr nicht?«
Shane schmetterte ihm sein übliches Lachen entgegen. »Das ist wohl unsere … Schuld. Alfred hat einfach zu viel von der Wahrheit gesehen.«
»Ist er schon lange der Pfarrer dieser Kirche?«
Noriko nickte. »Seit fast dreißig Jahren, glaube ich.«
»Das ist wirklich eine ungewöhnlich lange Zeit«, sagte Toni langsam.
»Na ja, ich denke, das hängt mit der Jobbeschreibung zusammen«, lachte Shane. »Auf die Stelle hier herrscht kein Andrang.«
»Falls ihr mich sucht, ich bin auf meinem Zimmer«, sagte Toni und ließ die beiden Paladine in der Waffenkammer zurück.
Er stieg gedankenverloren die Treppe zum Mittelschiff der Kirche empor. Kurz vor der geöffneten Tür hielt er inne,weil eine Unterhaltung seine Aufmerksamkeit erregte. Den Stimmen nach zu urteilen unterhielt sich Pfarrer Alfred mit Vincent. Toni wollte sich bereits bemerkbar machen, doch seine Neugier hielt ihn zurück. Stattdessen trat er einen weiteren Schritt zurück und lauschte.
»… dass es schade ist, wenn ausgerechnet Ihr beim Gottesdienst fehlt«, beendete Alfred gerade seinen Satz.
Vincent schien davon unbeeindruckt, jedenfalls konnte Toni an dessen Stimmlage nicht erkennen, ob er die Sorge des Pfarrers teilte oder sich über ihn amüsierte. Vincents Stimme war erstaunlich emotionslos, stellte Toni fest. »Und was sollte mir eine Teilnahme am Gottesdienst bringen?«, fragte Vincent.
Alfred druckste ein wenig herum. »Nun, wenn nicht einmal Ihr zum Gebet erscheint, dann herrschen wahrlich finstere Zeiten.«
Nun lachte Vincent, doch es war kein fröhliches Lachen, so wie Shane es andauernd herausschmetterte. Es war ein trockener Laut, ebenso gefühllos wie seine Stimme. »Also geht es dir nur darum? Ich soll mit meiner Anwesenheit dein Gewissen beruhigen? Zeitverschwendung.«
Alfred atmete tief durch. Anscheinend sammelte er all seinen Mut für den nächsten Satz. »Nein, es geht um Euer Gewissen«, sagte er. »Und der Gottesdienst ist niemals Zeitverschwendung. Gerade Ihr solltet das wissen.«
»Und gerade du solltest wissen, dass niemand einen größeren Dienst an unserem Herrn leistet als ich.«
Alfred seufzte tief. »Und dennoch habe ich Euch seit
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