Die Wächter Edens
öffnete die Tür und Tom schüttelte lächelnd den Kopf. »Lässt du einen alten Mann einfach so im Schnee stehen.«
»Tut mir wirklich sehr leid.«
Er machte eine wegwerfende Handbewegung. »Halb so wild, ich lebe ja noch.« Er hob eine große Papiertüte vor ihr Gesicht. »Aber die sind jetzt leider nicht mehr warm.«
»Wie viele Brötchen hast du gekauft?«, wunderte sie sich.
Tom zuckte mit den Schultern. »Ich wusste nicht, ob du lieber Mohn, Sesam, Vollkorn oder was Laugiges magst. Da hab ich von allem was gebracht.«
»Ja, aber wir beobachten nur den Minivan und gehen nicht für mehrere Tage wandern«, sagte sie kopfschüttelnd.
»Ich hab’s nur gut gemeint«, lachte Tom. »Also, lass uns ein paar belegen und dann loslegen. Am Ende sind die schon ausgeflogen.«
Sie belegten rasch ein paar der Brötchen mit Käse oder Schinken. Arienne bestrich sich eine Sesamlaugenstange mit Butter und klappte die beiden Hälften wieder aufeinander. Dann wickelten sie die Sachen in Alufolie ein und nahmen noch zwei Flaschen mit Wasser und Orangensaft mit. Tom hatte direkt vor der Haustür geparkt, wofür Arienne mehr als dankbar war. Der Schnee knirschte unterihren Schuhen, und das Profil ihrer Sohlen bildete scharf konturierte Abdrücke. Doch Arienne wusste, dass ein solches Bild nicht von Dauer war. Bald sind so viele Menschen über den Schnee getrampelt, dass er eine braune matschige Suppe wird. Widerlich.
Tom jaulte auf, als er sich in den Wagen setzte. »Die ganze Wärme ist raus.«
Er ließ den Motor an und blies sich mehrmals in die Hände. Arienne fröstelte so sehr, dass sie ihren Oberkörper fest mit beiden Armen umschlang.
Tom drehte die Heizung voll auf und fuhr los. Wenig später strömte warme Luft gegen Ariennes Füße und begann sie allmählich aufzutauen. »Na toll, sogar die Heizung in deiner alten Schrottkiste funktioniert besser als die in meiner Wohnung.«
»Ist die denn schon wieder ausgefallen?«
»Ja, und der Idiot von Hausmeister lässt sich nicht blicken.«
Tom schnaubte verächtlich. »Dann musst du mit Mietkürzung drohen. Ich weiß nicht genau, wie viel man da nehmen kann, aber ohne Heizung im Winter? Das geht nicht.«
»Ja, das sollte ich mal tun.«
Bald erreichten sie die Straße mit der kleinen Kirche. Tom parkte am linken Straßenrand zwischen einem SUV und einem Kleinwagen. Jedoch waren die anderen Autos deutlich neueren Datums, und Toms alter Kombi stach daraus hervor wie der einzige Mensch in hellem Sakko auf einer Beerdigung. Arienne hoffte, dass es ihren Plan nicht gefährden würde und der Hüne am Vorabend neben ihrer Knutscherei nicht zu sehr auf Toms altes Auto geachtet hatte. Zumal der Anblick des Kombis in dem heruntergekommenenWohnviertel nichts Ungewöhnliches war. Immerhin hatten sie so viel Abstand zu dem Van gelassen, dass sie ihn gerade noch sehen konnten und man von der Kirche aus ihr Auto nur schwer entdecken würde.
»Was machen wir jetzt?«, fragte sie. Es war ihre erste Beschattung und sie wusste nicht so recht, womit sie es zu tun hatte.
Tom griff auf den Rücksitz und zog eine Tüte nach vorn. Sie stammte aus einer Apotheke. Dabei fiel ihr auf, dass sie heute vergessen hatte ihre Tablette zu nehmen. »Mist«, entwischte es ihrem zusammengepressten Kiefer.
»Keine Sorge, ich hab an dich gedacht«, deutete Tom ihr Gefluche. Dann zog er den Inhalt aus der Tüte heraus. Es waren wärmende Pflaster und Bandagen, wie man sie nach Sportverletzungen benutzte. »Damit können wir der Kälte vielleicht ein wenig vorbeugen«, sagte er. »Wenn wir den Motor laufen lassen, machen wir uns nur verdächtig.«
Arienne blickte ihn staunend an. »Du denkst auch wirklich an alles.«
Tom lächelte schelmisch. »Einer muss es ja tun.« Er packte die Sachen wieder weg. »Aber die sind für später. Ich hab auch drei Thermoskannen mit Kaffee dabei.«
»Also warten wir hier so lange, bis etwas Spannendes passiert?«
Er lachte. »Ja, so läuft eine Observierung im Allgemeinen ab.« Plötzlich knurrte sein Magen. »Gib mir doch bitte mal ein Schinkenbrötchen.« Die Alufolie raschelte laut, als er das Brötchen auspackte. Krümel regneten auf seinen Mantel hinab. »Stört es dich, wenn ich ein wenig Musik anmache?«
Sie schüttelte den Kopf. Tom lehnte sich zu ihr hinüber und kramte eine Kassette aus dem Handschuhfach, auf der dick und fett Metallica stand. Kurz darauf erkannte Arienneden Song »One«. Tom summte leise mit, während er sein Brötchen
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