Die Wächter Edens
jetzt fiel ihr ein, dass sie die letzten Tage ihre Tabletten nicht genommen hatte.
Arienne stieg aus der Dusche, trocknete sich ab und zog einen flauschigen Bademantel an. Dann suchte sie in ihrem Nachttisch nach dem Pillendöschen, als ihr einfiel, dass sie ihr ausgegangen waren und sie ein neues Rezept brauchte. »Scheiße!«, fluchte sie.
Sie konzentrierte sich, versuchte ruhig zu atmen, um sich zu beruhigen. »Eins nach dem anderen«, sagte sie wie ein Mantra vor sich hin. »Heute Nacht bekomme ich keine Pillen mehr.«
Sie nahm ihr Handy und setzte sich an den Computer. »Dann kann ich ebenso gut das Gespräch bearbeiten.« Ihre eigene Stimme zu hören beruhigte sie ein wenig, denn der Klang war ihr vertraut. Er gab ihr Halt in der Realität, die mit einem Mal wieder so brüchig erschien.
Nachdem sie das Handy an den Computer angeschlossen hatte, dauerte es ein paar Minuten, bis die komplette Datei überspielt war und sie mit der Bearbeitung beginnen konnte.
Es war diesmal viel schwieriger, die Stellen zu finden, bei denen wirklich gesprochen wurde, da die Aufnahme gerade zu Beginn unter allerhand Nebengeräuschen litt.
»Nur Rauschen«, fluchte sie. Und je höher sie den Pegel einstellte, desto lauter wurde das Rauschen. Selbst nach der Filterung war kaum etwas zu verstehen.
»Die Menschen verdienen das …«, konnte sie einmal heraushören. Und sie erkannte, dass es sich bei dem Sprecher um eine weitere Person handelte, denn seine Stimme glich weder der des Pfarrers noch der der drei Mörder.
»Das ist dann Nummer fünf«, murmelte sie leise, während sie sich Notizen machte.
Noch eine neue Stimme war auf der Aufnahme zu hören. »Gott machte uns zum Wächter … damit Luzifer ihn niemals finden kann.«
Offenbar stritten die beiden Männer miteinander, denn die erste Stimme hielt ein »Du irrst!« energisch dagegen.
Arienne machte sich nach jedem Satz, den sie zumindest teilweise verstand, neue Notizen. »Nun haben wir also schon sechs Menschen, die in diese Sache verwickelt sind.«
Die nächsten Passagen waren leider nicht zu verstehen. Erst als einer der beiden Männer zu schreien begann, konnte sie wieder etwas heraushören.
»Und du hast sie zurückgelassen?«, schrie Nummer fünf. »Du hast sie sterben lassen? Wofür? Den Keimling?«
Nummer sechs erwiderte etwas, was Arienne wieder nicht verstand.
»Aber er existiert doch überhaupt nur deshalb, weil Gott die Menschen so liebt!«, antwortete Nummer fünf darauf.
»Du hast sie getötet«, sagte Nummer sechs nach einer kurzen Pause. Seine Stimme klang ein wenig brüchig. »Es ist alles deine Schuld.«
Die letzten Sätze waren sehr viel besser zu verstehen, anscheinend hatten sich die Sprecher näher an Tom heranbewegt.
»Nein, Bruder. Wir beide sind schuld daran. Unsere Eitelkeit hat Celine getötet.« Nummer fünf klang traurig.
»Du meinst, dein Verrat!«, spuckte Nummer sechs aus.»Ich weiß, dass du Luzifer dienst, Bruder . Aber heute wirst du endlich büßen.«
Dann konnte sie noch metallisches Klirren hören und wie ein paar Möbel zu Bruch gingen.
Das Letzte, was die Aufnahme ausspuckte, war eine donnernde Stimme, die wie rollende Felsbrocken klang: »Bitte, ihr ruiniert meine Wohnung!«
Dann war die Aufnahme zu Ende.
Arienne sprang noch einmal zum letzten Satz zurück. Nein, ich habe mich nicht getäuscht , wurde ihr klar. Nummer sieben ist zweifellos Franzose.
»Was macht ein Franzose über einem Museum für Kirchengeschichte?«, fragte sie laut in die Einsamkeit ihrer Wohnung.
Sie lehnte sich in ihrem Bürostuhl zurück und starrte auf die Geräuschlinien der geöffneten Datei. Sieben Menschen , dachte sie. Sieben Menschen stecken in dieser Sache mit drin.
Sie hielt inne und hörte sich die Aufnahme noch einmal an. Dann korrigierte sie ihre Schlussfolgerung. Sieben Menschen wissen davon, aber sie sind sich nicht einig.
Sie stand auf und ging im Zimmer auf und ab. »Was, wenn die bisherigen Opfer auch darin verwickelt waren? Wenn es eine Art … Geheimbund ist, der abtrünnige Mitglieder hinrichtet?«
Sie blieb stehen und schüttelte den Kopf. Das klang einfach zu verrückt. Aber sie sprachen von Luzifer , dachte sie unvermittelt. Normal war das jedenfalls nicht.
Sie überlegte, ob sie Tom noch anrufen und ihm davon erzählen sollte, doch sie ließ es bleiben. Er hat sich ein wenig Schlaf verdient , entschied sie beim Gedanken an seinen Husten.
Sie speicherte die Datei ab und sicherte sie mit der alten Aufnahme auf
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